„Systematische Tierquälerei“
Landshuter Landrat untersagt Tiertransporte auch weiterhin

17.09.2019 | Stand 13.09.2023, 2:01 Uhr
Alexander Schmid
−Foto: Foto: gerardkoudenburg/123RF (

Der Landshuter Landrat Peter Dreier hat seine Behörde angewiesen, auch weiterhin keine Vorzeugnisse für Tiertransporte in Länder außerhalb der EU auszustellen, in denen das Tierwohl in seinen Augen gefährdet ist. Aktuell will er den Transport von neun Kälbern von Niederbayern nach Usbekistan verhindern. Noch im Mai hatte das Verwaltungsgericht in München nach einer Klage des Fleckviehzuchtverbandes Altötting eigentlich entschieden, dass Veterinärämter vom Grundsatz her verpflichtet sind, diese Dokumente auf Antrag auszustellen. Doch jetzt stellt sich raus, dass die Bedingungen auf den Transportrouten nicht den Angaben entsprechen.

LANDSHUT .Dreier hatte im Januar dieses Jahres eine bundesweite Debatte angestoßen, als er Tiertransporte in Länder verhinderte, in denen in Sachen Tierschutz nicht die europäischen Standards gelten. Anlass war damals der geplante Transport einer trächtigen Kuh nach Usbekistan.

Das Bayerische Umweltministerium hatte daraufhin eine Schwarze Liste mit Ländern herausgegeben, in denen diese Standards nicht gelten und keine Vorzeugnisse ausgestellt werden sollen. Im Mai folgte dann die Eilentscheidung des Verwaltungsgerichts in München. Demnach sind Veterinärämter vom Grundsatz her verpflichtet, diese Dokumente auf Antrag auszustellen. Bedenken bezüglich des Tierwohls im Zielland seien keine ausreichende Begründung für eine Verweigerung der notwendigen Vorzeugnisse, so das Gericht München nach dem Eilantrag des Fleckviehzuchtverbandes Altötting.

Entsprechende Dokumente hat der Landkreis Landshut seither aber trotzdem nicht mehr ausgestellt mit der Begründung, dass im Sommer die Temperaturen für Tiertransporte zu hoch seien. Die klimatischen Bedingungen würden jetzt eigentlich solche Transporte wieder zulassen, Vorzeugnisse soll es aber auch weiterhin vom Veterinäramt im Landratsamt Landshut nicht geben, bestätigte Dreier auf Anfrage des Wochenblattes. Der Grund: „Es liegen Berichte von Amtstierärzten und Landestierschutzbeauftragten aus verschiedenen Bundesländern vor, dass entlang der Haupttransportrouten durch Russland keine Entlade- und Versorgungsstellen zur Verfügung stehen, um einen rechtskonformen Transport zu gewährleisten“, erklärt er. Bei der offiziellen Besichtigungsreise im August haben die Veterinäre die Route mit den in den Transportberichten angegebenen Entlade- und Versorgungsstationen in Russland angefahren und geprüft. Das Ergebnis: Alle der angegebenen Stationen in den Regionen Smolensk und Samara – hier verlaufen der Großteil der Hauptrouten von Drittlandexporten aus Europa – existieren entweder nicht oder sind nicht dafür geeignet, um den Tieren nach den strapaziösen Stunden im Transporter die nach EU-Recht vorgeschriebene Rast und Versorgung zu gewähren. So handelte es sich bei den „Versorgungsstationen“, sofern überhaupt existent, zum Teil um halbverfallene Scheunen oder offene Heulager – bei einer der angegebenen Adressen in der Moskauer Innenstadt handelte es sich um die Hauptverwaltung der Veterinärfachbehörde. Eine der Versorgungsstationen, die nach Ansicht der deutschen Veterinäre ihren Zweck erfüllen würde, befand sich noch im Umbau und war noch nicht durch die russischen Behörden zugelassen.

„In der EU gilt die Vorschrift, dass Tiere nach 29 Stunden für einen Tag entladen und auf einer Weide gefüttert und getränkt werden müssen.“ Jetzt sei nachgewiesen, dass das in der Praxis nicht passiere bzw. gar nicht möglich sei, weil es besagte Stationen gar nicht gebe. Die Länder Schleswig-Holstein und Niedersachsen hätten deshalb bereits Tiertransporte untersagt, so Dreier. Auch er werde diese „systematische Tierquälerei“ nicht unterstützen. Bis der Freistaat Bayern reagiert, will Dreier nicht warten. Auch das Landratsamt Landshut wird keine Vorzeugnisse mehr ausstellen. Der Landrat: „Jetzt ist Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Glöckner gefragt.“ Sie müsse in dieser Sache endlich tätig werden und eine bundeseinheitliche Lösung präsentieren.

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