Viehtransport in Drittstaaten
Laufen die Exporte jetzt über Polen?

10.04.2019 | Stand 13.09.2023, 0:09 Uhr
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Kurz vor der Agrarminister-Konferenz von Bund und Ländern am Mittwoch in Landau/Pfalz berichtet der Landshuter Landrat Peter Dreier (Freie Wähler), wie das bayerische Verbot von Viehtransporten in bestimmte Drittstaaten ganz leicht umgangen werden kann. Offensichtlich passiert das bereits. Dreier fordert deshalb eine einheitliche Regelung auf Bundes- und EU-Ebene.

LANDSHUT Der Landshuter Landrat hatte den Stein Anfang des Jahres ins Rollen gebracht, als er den Transport einer trächtigen Kuh nach Usbekistan untersagte und ankündigte, Viehtransporte in Drittländer, in denen der Tierschutz nicht gewährleistet sei, nicht mehr zuzulassen. Weitere Landkreise waren daraufhin seinem Beispiel gefolgt. Kurz darauf hat der Freistaat ein Exportverbot in Länder erlassen, die in Verdacht stehen, dass die europäischen Tierschutzbestimmungen nicht eingehalten werden. Kurz vor der Agrarministerkonferenz in Landau hat man jetzt einen schlimmen Verdacht im Landshuter Landratsamt.

Die Verbote werden durch einen einfachen Trick umgangen. „Wir verzeichnen verstärkt Transporte nach Osteuropa, die wir früher nicht hatten“, sagt der Landshuter Landrat dem Wochenblatt am Montag. Er befürchtet, dass in Bayern untersagte Exporte jetzt von dort aus rollen – oder von Bundesländern aus, die dem bayerischen Beispiel noch nicht gefolgt sind.

Wenige Tage vor der Konferenz der Agrarminister unterstreicht der Landshuter Landrat deshalb noch einmal die Notwendigkeit einer einheitlichen bundesweiten und europäischen Richtlinie für Tiertransporte. Von einer flächendeckenden Regelung ist man aber noch weit entfernt. Nur Bayern, Schleswig-Holstein und Hessen haben bislang einen Export in Drittländer durch eine offizielle Regelung untersagt.

Das macht es möglich, das Verbot in Bayern durch einen kleinen Umweg auszuhebeln. Statt direkt vom Landkreis Landshut aus, rollen Tiertransporte zum Beispiel in ein anderes Bundes- oder EU-Land, wo es keine solche Regelung gibt, und dann von dort in die umstrittenen Drittstaaten. Laut dem Landrat gebe es eindeutige Anzeichen dafür, dass das tatsächlich passiert. „Allein in der letzten Woche haben wir drei solcher Transporte verzeichnet“, sagt Dreier. „Es ist erstaunlich, wie schnell hier Ausweichrouten gefunden werden.“ Angesteuert würde hauptsächlich Polen, aber auch die Slowakei. Man habe sich mit Veterinären in einem anderen niederbayerischen Landkreis kurzgeschlossen, auch dort beobachte man eine ähnliche Entwicklung, sagte Dreier am Montag. Dabei soll es sich um den Landkreis Deggendorf handeln. Dort beobachtet man verstärkt Exporte nach Kroatien.

Das Landshuter Landratsamt hatte vor einigen Wochen mit seiner Entscheidung in Bezug auf die Tiertransporte bundesweit für Aufsehen gesorgt. Die Befürchtung der Behörde: Amtstierärzte könnten sich strafbar machen, wenn sie Exporte in Länder genehmigen, in denen die europäischen Tierschutzstandards nicht garantiert sind. Im Fall einer Anzeige, etwa durch eine Tierschutzorganisation, müssten die Kreisveterinäre damit rechnen, zur Verantwortung gezogen zu werden. Eine entsprechende europäische Rechtsprechung gäbe es. Berichte über Verstöße gegen den Tierschutz bei Transporten oder in Zielländern gibt es zudem immer wieder. In den meisten Bundesländern gibt es aber noch keine Verbotsliste. Das Gleiche gilt für andere EU-Staaten. Tiertransporte in Länder wie beispielsweise Usbekistan, auch mit Kühen aus dem Freistaat, rollen deshalb weiterhin.

Das Thema dürfte für Zündstoff auf der Konferenz der Agrarminister sorgen, die am Mittwoch beginnt. Kein Wunder, denn die Zuchtverbände halten von solchen restriktiven Regelungen, wie sie der Landshuter Landrat und der Freistaat Bayern wollen, erst einmal gar nichts. Das Bayerische Landwirtschaftsministerium bestätigte, dass das Thema auf der Agenda stehe, auch wenn formell eigentlich das Bayerische Umweltministerium zuständig wäre.

„Wir befürworten grundsätzlich eine einheitliche Regelung“, so der Sprecher von Landwirtschaftsministerin Michaela Kaniber (CSU), Martin Hecht. Die Ministerin hatte sich bereits zu Beginn der Debatte öffentlich klar positioniert: „Es ist unerträglich und moralisch nicht hinnehmbar, wie die Tiere leiden müssen, weil bei manchen grenzüberschreitenden Transporten die Tierschutzvorschriften nicht eingehalten werden.“, sagte sie. „Ich fordere von ihr, auf keinen Fall einzuknicken“, so Dreier. In seinen Augen sei ein Verbot von Transporten in Drittländer alternativlos. Und das nicht nur, weil sich Veterinäre strafbar machen könnten, sondern weil es hier auch um das Tierwohl gehe.

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