Kommentar der Woche
Herr Pöschl, fahren S’ doch einfach durch – wie jeder in Landshut

27.09.2018 | Stand 13.09.2023, 0:55 Uhr
Alexander Schmid
−Foto: Foto: Schmid

Die Stadt will die Regelung im Balsgässchen für einen bekannten Landshuter nicht aufweichen. Muss Sie auch gar nicht. Es hält sich eh keiner dran. Ein Kommentar zu Landshuts beliebtesten Schleichweg.

LANDSHUT Warum sollte man für Dr. Ernst Pöschl eine Ausnahme machen? Warum sollte der Prominente eine Durchfahrtsgenehmigung für Landshuts beliebtesten Schleichweg, dem Balsgässchen, bekommen, die praktisch jedem Landshuter verwehrt bleibt? Nur weil der Fördererchef eine Immobilie dort mustergültig saniert hat, zu der aber noch nicht einmal ein Stellplatz gehört? Nur weil er den direkten Draht zum Oberbürgermeister hat? Nein, es war schon ganz richtig, dass der Verkehrssenat ihm die Sondergenehmigung verweigert hat – auch wenn das ein ganz und gar sinnfreier Beschluss war.

Denn das mit dem Durchfahrtsverbot im Balsgässchen ist schlicht und ergreifend eine Lachnummer. Den Anwohnern ist das Lachen allerdings schon vor Jahren gründlich vergangen. Es hält sich schlicht keiner daran. Weder Landshuter noch Auswärtige, weder Taxi-Fahrer noch Lieferfahrzeuge. Da fährt einfach jeder durch, der von der Neustadt in Richtung Dreifaltigkeitsplatz will.

Der Beschluss in der letzten Woche war nichts weiter als ein symbolischer Akt. Er soll bedeuten: Seht her, es ist uns ernst mit dem Balsgässchen, damit, dass wir dort die Lärm- und Schadstoffbelastung für die Anwohner senken wollen, nicht einmal für prominente Landshuter wird eine Ausnahme gemacht. Das hätten sich die Herrschaften im Rathaus allerdings sparen können. Denn hinter der Symbolik verbirgt sich kein echter Wille und natürlich weiß das jeder in Landshut, der ein motorisiertes Vehikel besitzt.

Nach ausufernden Diskussionen in der Vergangenheit, nach einer medienwirksamen Polizeikontrolle in der Neustadt, hat man das unbequeme Thema Balsgässchen – ein Symbol hilfloser Stadtpolitik – schlicht und ergreifend einschlafen lassen. Man könnte auch sagen: Das Rathaus hat hier resigniert, bzw. ist es nicht so entschlossen, wie es im Fall Pöschl den Anschein hat.

Denn natürlich wäre es ein Leichtes, das Durchfahrtsverbot durchzusetzen – freilich nur, wenn man das auch wirklich will, dass keine Autos mehr durchfahren.

Doch das will die Stadtpolitik gar nicht. Sie will ihren Bürgern und all den auswärtigen Fahrern mit schlauen Navigationsgeräten eigentlich nicht zumuten, den über vier Kilometer langen Umweg über den Hofberg-Tunnel zu nehmen, selbst wenn der eigentlich genau dafür und für viele Millionen Euro gebaut worden ist.

Den Durchgangsverkehr durch das Balsgässchen zu verhindern, wäre sogar ziemlich einfach. Da braucht es nicht einmal regelmäßige Polizeikontrollen, die aufgrund der Personalsituation der Landshuter Ordnungshüter natürlich gar nicht leistbar sind. Da braucht es nur Poller, die sich in der Erde versenken lassen, wenn einer der wenigen berechtigten Anwohner aufs Fernbedienungsknöpfchen drückt oder eben eine Schrankenanlage. Klar, das kostet Geld, aber eine Stadt, die einen Tunnel durch den Hofberg bohrt, um die Innenstadt zu entlasten, sollte dafür schon noch das nötige Kleingeld haben.

Für mich ist es absolut nicht nach vollziehbar, dass Dr. Ernst Pöschl überhaupt nach einer Genehmigung gefragt hat. Es ehrt ihn natürlich, dass er nicht „illegal“ das Balsgässchen befahren will. Es gibt aber doch auch so etwas wie ein Gewohnheitsrecht. Hinz und Kunz sind es gewohnt, durchs Balsgässchen zu rattern. Gehören Sie doch auch dazu, Herr Pöschl. Fahren S‘ einfach durch – so wie ich auch.

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