Tauziehen um Baugebiet
„Es geht hier um Verhinderung“

04.05.2018 | Stand 13.09.2023, 6:53 Uhr
Alexander Schmid
−Foto: n/a

Eine schwarz-grüne Koalition im Landshuter Stadtrat, das gibt es tatsächlich. Schuld an der fast schon kuriosen Konstellation ist die Ochsenau und ein dort geplantes Baugebiet. Seit Monaten gibt es deshalb ein politisches Tauziehen. Auch am Freitag im gemeinsamen Bau- und Umweltsenat ging mal wieder nichts vorwärts. Da platzte dem OB der Kragen.

LANDSHUT 280 Hektar stehe im Landshuter Osten unter Naturschutz. 20 Hektar sollen als Bauland ausgewiesen werden. Mit dem Bund Naturschutz war das vor über 20 Jahren so abgesprochen. Wird mit der Erstellung eines Bebauungsplans für die Ochsenau begonnen, dann muss im Rahmen des Verfahrens die Situation vor Ort aus naturschutzrechtlicher Sicht noch einmal genau geprüft werden. Trotzdem konnten sich Bau- und Umweltsenat in einer gemeinsamen Sitzung am Wochenende nicht zu einem Beschluss durchringen, der den Beginn eines solchen Verfahrens zur Folge gehabt hätte. Stattdessen muss sich jetzt der gesamte Stadtrat mit dem Thema befassen. Das Thema wird weiter auf die lange Bank geschoben.

„Es geht hier nicht nur um zeitliche Verzögerung, es geht um Verhinderung“, platzte OB Alexander Putz am Freitag der Kragen. Landshut braucht das Bauland aus seiner Sicht dringend, die Stadt das Geld aus den Grundstücksverkäufen. Und trotzdem gibt es eine seltsame Allianz aus CSU und Grünen, die sich dem Projekt, einstmals von Oberbürgermeister Josef Deimer in weiser Voraussicht eingefädelt, in den Weg stellt.

Möglich machen diese für den Landshuter Stadtrat eher ungewöhnliche Allianz verschiedene Interessen. Die Grünen und die ödp wollen das, was Umweltschützer nun einmal wollen: sprichwörtlich jeden seltenen Grashüpfer um jeden Preis schützen.

Die CSU um Fraktionsvorsitzenden Rudi Schnur aus Auloh und sein Stadtratskollege Ludwig Graf (Freie Wähler), ebenfalls aus Auloh, treibt etwas anderes um: die Angst vor einer Verkehrslawine, sollte das Baugebiet Realität werden, bevor es die versprochenen entlastenden Straßen, sprich: die B15neu bzw. Ostumfahrung von Landshut, gibt. Dass der Naturwissenschaftliche Verein Landshut jetzt in einer Untersuchung seltene Pilze und rar gewordenes Krabbeltier gefunden hat, kommt deshalb gerade recht.

Während Stadtrat Gerd Steinberger in der Sache nur die Wahl zwischen „Schwarz“ oder „Weiß“ sieht und sich klar für eine Bebauung ausspricht, drückte es 2. Bürgermeister Dr. Thomas Keyßner (Grüne) so aus: „Heute ist für mich der Tag von Grau“. Soll heißen: Früher hat er den Deimerschen Deal gut gefunden, jetzt wieder nicht so sehr.

Deshalb kam der interfraktionelle Antrag von Hedwig Borgmann (Grüne), Ludwig Graf (FW), Elke März-Granda (ödp) und Rudolf Schnur zunächst zur Abstimmung. Der sieht vor, dass das Areal vom Naturwissenschaftlichen Verein in Zusammenarbeit mit der TU München und der bayerischen Zoologischen Staatssammlung zwei Jahre lang untersucht wird, bevor man sich überlegt, ob man einen Bebauungsplan aufstellen will. Hört sich zunächst toll an, ist aber eigentlich überflüssig. Denn diese Untersuchung ersetzt nicht die naturschutzrechtliche Prüfung „nach strengen Richtlinien“ (Zitat OB) in einem Bebauungsplanverfahren. Das muss es trotzdem geben.

Weil aber Umwelt- um Bausenat nicht einheitlich in diesem Punkt abstimmten, muss jetzt das Plenum ran – und die nervenaufreibenden Diskussionen beginnen von vorne.

Dabei handelt es sich bei der Ochsenau gar nicht um eine Naturlandschaft. Die heutige hohe naturschutzfachliche Wertigkeit resultiert aus der militärischen Nutzung. Weil es die nicht mehr gibt, hat „der naturschutzfachliche Wert zwischenzeitlich eher leicht verschlechtert als verbessert“. Das sagt jedenfalls Hans Ritthaler vom Fachbereich Naturschutz des Rathauses. Doch das interessierte von den Bebauungsplan-Gegnern im Stadtrat freilich niemand. Zumindest was die CSU angeht, geht es ja auch gar nicht so sehr um die Natur.

Landshut