Thema trifft Nerv der Zeit
Brücken bauen zwischen Landwirtschaft und Gesellschaft

05.08.2019 | Stand 04.08.2023, 7:50 Uhr
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Großer Andrang herrschte bei der Informationsveranstaltung der CSU Painten, der Arbeitsgemeinschaft Landwirtschaft der CSU (AG ELF) sowie Landtagsabgeordneter Petra Högl in Painten.

KELHEIM/MÜNCHEN Die Veranstalter hatten mit dem Thema „Brückenbauen zwischen Landwirtschaft und Gesellschaft“ den Nerv der Zeit getroffen, welche sich rund 100 Gäste aus dem ganzen Landkreis, darunter auch Paintens erster Bürgermeister Michael Raßhofer und Kreisbäuerin Rita Schultes, nicht entgehen lassen wollten. Mit Georg Mayerhofer aus Parschalling im Landkreis Passau, Betriebsleiter eines landwirtschaftlichen Familienunternehmens mit den Standbeinen Ackerbau, Schweinemast sowie die Erzeugung von Strom und Wärme durch eine Biogasanlage konnten die Gastgeber den Landwirt des Jahres 2017 als Referenten gewinnen. Dieser sei nach den Worten von Paintens CSU-Vorsitzenden Bernhard Gabler Brückenbauer und Kommunikator zugleich, der „die Landwirtschaft wieder in die Mitte der Gesellschaft bringen möchte“.

In seinen einführenden Worten betonte Gabler, dass die Landwirtschaft in diesen Wochen für jedermann präsent sei. „Aktuell werden die Lebensmittel und Futtermittel eingefahren, die wir das ganze nächste Jahr brauchen werden. Die Vorratsspeicher werden aufgefüllt und die Grundlagen für die Ernte nächstes Jahr werden gelegt“, führte Gabler aus. Es seien die Landwirte, die größtes Interesse an einer nachhaltigen Fruchtbarkeit der Böden sowie einer intakten und funktionierenden Natur haben. „Schließlich ist die Qualität der Felder, der Wiesen und Wälder die Existenzgrundlage für den Fortbestand der Betriebe“, betonte Gabler. Doch dennoch würde die Landwirtschaft in der Kritik stehen und von vielen Teilen der Medien und der Öffentlichkeit als Teil eines Problems und nicht Teil einer Lösung betrachtet. Trotz höchster Lebensmittelqualität gebe es immer mehr Zweifel und Kritik an der Landwirtschaft. „Überall ist zu lesen, die Landwirtschaft müsse sich wandeln. Jeder Nichtlandwirt hat die Lösung für die Landwirte, doch es wird nicht miteinander, sondern übereinander gesprochen“. AG ELF-Kreisvorsitzender Franz Högl ergänzte in seiner Begrüßung, dass es wichtig sei miteinander, statt übereinander zu reden. Nicht zuletzt auch deshalb, da jeder siebte Arbeitsplatz in Bayern direkt oder indirekt von der Landwirtschaft abhänge und diese nach der Automobilindustrie der zweitgrößte Wirtschaftsbereich in Bayern sei.

In seinem gut einstündigen Vortrag nahm Mayerhofer die Gäste mit auf eine Reise durch die aktuellen Herausforderungen in der Landwirtschaft, der angespannten Situation zwischen Landwirtschaft und Gesellschaft, und was die Landwirtschaft selbst tun kann, um dies zum Positiven zu verändern. Mayerhofer betonte, es brauche heute „Influencer“ und Multiplikatoren in der Landwirtschaft, da in den Medien oftmals mit der Landwirtschaft Stimmungen erzeugt werden. Er machte dies nicht nur an oberflächlichen Berichterstattungen fest, sondern auch NGOs würden mit plakativen Kampagnen versuchen, als Beispiel nannte Mayerhofer hier das Bündnis „Gemeinsam aktiv gegen Ackergifte“, die Landwirtschaft in ein schlechtes Licht zu rücken. Diesem Schubladendenken entgegnete Mayerhofer energisch. „Die Landwirtschaft hat heute viel zu viele Facetten, als dass diese in eine Schublade passen würden“. Die Landwirtschaft stehe mehr denn ja im Wettbewerb mit der ganzen Welt. Nationale Alleingänge bei Umweltschutzvorgaben, oder die Einführung von Quoten, wie die geforderten Ökoquoten aus dem Volksbegehren Artenschutz, stellen diese daher vor große Herausforderungen im Wettbewerb mit dem EU-Markt und dem Weltmarkt. „Die Landwirtschaft befindet sich im Spannungsfeld zwischen gesellschaftlichen Ansprüchen und nationalen Vorgaben einerseits, und den globalen Märkten mit bilateralen Handelsabkommen andererseits“. In diesem Zusammenhang verwies Mayerhofer auch auf den Selbstversorgungsgrad eines Landes mit Lebensmittel und den Strukturwandel in der Landwirtschaft, in der es immer weniger Betriebe gibt. „Ich will eine Landwirtschaft, die geprägt ist durch Familienbetriebe und keine Agrarholdings mit 5.000 Hektar wie in anderen Ländern. Hier müssen wir aufpassen, dass wir für die Landwirtschaft Chancen kreieren, um mit dem Einkommen auch die Familie versorgen zu können“. Mayerhofer stellte hier die Frage in den Raum, was die Gesellschaft wolle. „Nahrungsmittel aus dem Ausland oder regionale Produkte und Arbeitsplätze vor Ort“. Er appellierte an die Landwirte, die aktuelle Krise als Chance zu sehen, in der die Gesellschaft den Fokus wieder auf die Landwirtschaft hat. Seiner Ansicht nach müsse sich die Landwirtschaft fachlich weiterentwickeln und in der Kommunikation mit der Gesellschaft vorangehen. Als Lösungsansätze hierfür nannte er neue fachliche Herangehensweisen, wie etwa die regenerative Landwirtschaft, in der nach alternativen Lösungen gesucht wird. Auch eine Hybridlandwirtschaft, der Kombination aus ökologischem und konventionellem Anbau, führte Mayerhofer an. Um ein positives Bild in der Gesellschaft abzugeben sei es notwendig, die Authentizität zu steigern. „Die Landwirtschaft muss sich mehr öffnen und transparent sein. Nur so bekommen wir die Glaubwürdigkeit zurück“. Aktive Kommunikation mit der Gesellschaft sollte betrieben werden. Sowohl digital als auch analog. Hier nannte Mayerhofer beispielsweise die in seinem Betrieb durchgeführten Flurbegehungen mit Nichtlandwirten. „Für komplexe Probleme braucht es komplexe Antworten. So einfach wie Landwirtschaft manchmal dargestellt ist, ist diese halt nicht. Dies bekommt man gut hin, indem man die Leute an der Hand nimmt und mit ihnen ins Zuckerrübenfeld geht und mal zeigt, was das Problem ist“. Für die Landwirte von heute sei es notwendig, Vorbild zu sein, den Dialog zu suchen und auch die Welt aus dem Blickwinkel anderer zu betrachten. Seine Kernbotschaften formulierte Mayerhofer zum Abschluss seines Vortrages: Den Mut haben, Veränderungen zuzulassen für mehr Artenschutz, für mehr Tierwohl, für eine gesellschaftsnähere Landwirtschaft. Den Mut haben, die Zukunft in der Landwirtschaft aktiv mitgestalten. Eine maximale Transparenz bei den Arbeitsabläufen gegenüber der Gesellschaft und die Unterstützung für regionale und nachhaltige Wirtschaftsweisen bei der Politik und Gesellschaft einfordern.

Die Landtagsabgeordnete dankte Georg Mayerhofer für seinen engagierten Vortrag und dessen wichtigen Einsatz für die Landwirtschaft. Högl bekräftigte, dass auch die Politik ihren Teil leisten müsse, um die Spannungen zwischen der Landwirtschaft und der Gesellschaft abzubauen. Auch sei es ihrer Ansicht nach wichtig, die Grundlagen der Ernährung und Nahrungsmittelversorgung besser zu vermitteln, um wieder mehr Wertschätzung für regionale Produkte bei den Verbrauchern zu gewinnen. Daher habe die Staatsregierung beispielsweise den Vorschlag aufgegriffen ein Schulfach „Alltagskompetenz und Lebensökonomie“ einzuführen. „Es soll Wertschätzung und Wissen über die heimische Natur und Landwirtschaft, Klimaschutz und gesundes Essen vermitteln“, führte Högl aus.

Kelheim