Forderung des Gemeindetags
Kommende Bundesregierung soll sich zur Herstellung gleichwertiger Lebensverhältnisse bekennen

14.11.2017 | Stand 31.07.2023, 12:12 Uhr
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Städte und Gemeinden erwarten von der Bundespolitik in der kommenden Legislaturperiode ein klares Bekenntnis zu ländlichen Regionen, zur Nutzung der Chancen der Digitalisierung und zur Fortsetzung der Unterstützung bei den Integrationsaufgaben.

ABENSBERG/BAYERN „Städte und Gemeinden besitzen auch abseits der Ballungsräume immense Potenziale. Wir erwarten daher, dass sich die kommende Bundesregierung ganz klar zur Herstellung gleichwertiger Lebensverhältnisse in ganz Deutschland bekennt“, betonte der Präsident des Bayerischen Gemeindetags und designierte Präsident des Deutschen Städte- und Gemeindebunds, Abensbergs Bürgermeister Dr. Uwe Brandl, am Dienstag 14. November, in München. Gerade die Digitalisierung biete die Chance, diese Regionen und den Standort Deutschland insgesamt zu stärken. Gleichzeitig warnte er die Bundespolitik davor, den Staat mit immer neuen Versprechen gegenüber der Bevölkerung zu überfordern. „Es gilt, zwischen dem Wünschenswerten und dem Machbaren zu unterscheiden, anstatt ein Rundum-Sorglos-Paket für Bürgerinnen und Bürgern zu schnüren“, so Brandl.

Für Städte und Gemeinden bleibt in den kommenden Jahren die Integration der Flüchtlinge mit Bleiberecht eine der wichtigsten Aufgaben. „Das ist eine Herkulesaufgabe, die uns noch lange Zeit in Anspruch nehmen wird. Spracherwerb, Unterbringung, Ausbildung und Eingliederung in den Arbeitsmarkt lauten die drängendsten Aufgaben. Dabei sind vor allem die Kommunen gefordert, denn Integration findet vor Ort statt. Klar ist aber auch, dass Städte und Gemeinden bei dieser Aufgabe die Unterstützung von Bund und Ländern brauchen“, stellte Brandl klar. „Wir erwarten daher, dass die Integrationspauschale in Höhe von zwei Milliarden Euro auch über das Jahr 2018 hinaus zur Verfügung steht und die Kommunen auch weiterhin von den Kosten der Unterkunft entlastet werden.“

Gleichzeitig warnte er davor, die Kommunen durch immer neue Versprechen gegenüber der Bevölkerung zu überfordern: „So ist es beispielsweise keine Lösung, einen Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung im Grundschulalter festzuschreiben. Neueste Studien besagen, dass für einen flächendeckenden Ausbau von Ganztagsschulen neben den Kosten für den Aufbau der zusätzlichen Raumkapazitäten in Höhe von rund 15 Milliarden Euro pro Jahr rund 50.000 zusätzliche Lehrkräfte und pädagogische Fachkräfte benötigt werden. Für diese zusätzlichen Kräfte würden jedes Jahr Personalkosten in Höhe von 2,8 Milliarden Euro anfallen. Jeder Euro, der ausgegeben wird, muss erst einmal durch Steuern eingenommen werden. Wir müssen uns daher sehr genau überlegen, wo investiert werden muss und wo wir mehr Eigenverantwortung erwarten können. Notwendig sind Investitionen in die Infrastruktur und in den Breitbandausbau. Nur so können wir die Chancen der Digitalisierung nutzen. Deutschland muss jetzt fit für die Zukunft gemacht werden. Das erreichen wir nur, wenn wir die zur Verfügung stehenden Gelder sinnvoll einsetzen, anstatt jedem alles zu versprechen.“

Brandl betonte die besondere Bedeutung der ländlichen Regionen für den Standort Deutschland. „70 Prozent der Menschen leben nicht in großen Städten, der überwiegende Teil der Wertschöpfung findet abseits der Ballungsräume statt. Wir müssen daher in der kommenden Legislaturperiode gezielt in die Potenziale der ländlichen Regionen investieren. Flächendeckende medizinische Versorgung, gute Bildungsangebote, eine adäquate Verkehrsinfrastruktur und natürlich eine leistungsstarke Breitbandversorgung sind die Eckpfeiler für starke und lebenswerte ländliche Regionen. Viel zu lang hat sich die Politik nahezu ausschließlich auf die Ballungsräume konzentriert.“

Eine klare Absage erteilte Brandl möglichen Fahrverboten vor dem Hintergrund der Diskussionen um die Schadstoffbelastungen in Städten. „Fahrverbote kämen einer Enteignung der davon betroffenen Autofahrer gleich. Gerade die Pendler aus dem ländlichen Raum würden durch einen solchen Eingriff unverhältnismäßig belastet. Kommunen sowie Bürgerinnen und Bürger dürfen nicht die Ausfallbürgen für die Verfehlungen der Automobilindustrie und die Untätigkeit des Bundes sein“, so Brandl.

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