Anleinpflicht oder nicht?
Hundetrainerin kritisiert Wirrwarr um Hundesatzung der Stadt

22.11.2017 | Stand 31.07.2023, 11:32 Uhr
−Foto: Foto: Privat

Manche Hunde dürfen ohne Leine frei laufen, andere nicht – und das auch noch davon abhängig, wo sich der Vierbeiner gerade befindet. Hundetrainerin Conny Weigl hält diese Regelung für mehr als unglücklich.

DEGGENDORF In Deggendorf ist die Leinenpflicht für Hunde in einer Verordnung und zusätzlich in einer Grünanlagensatzung geregelt. Das Problem ist, dass sich die Verordnung und die Grünanlagensatzung in wesentlichen Punkten widersprechen.

Die Folge des Leinen-Kuddelmuddels: Manche Hundebesitzer führen ihre Zamperl an der Leine Gassi. Andere lassen ihre Rabauken frei durch die Gegend laufen. Dabei können Hundebegegnungen von frei laufenden Hunden schon böse ausgehen. Begegnungen von angeleinten und nicht angeleinten Hunden sind dagegen laut Hundetrainerin Conny Weigl „saublöd“.

Wie „saublöd“, verspürte kürzlich eine bekannte Deggendorferin, die namentlich nicht genannt werden will, am eigenen Leib. Sie war mit ihrem angeleinten Hund in Deggendorf unterwegs, als ein nicht angeleinter Hund auf sie zustürmte. Beim Versuch, das aufdringliche Tier abzublocken, fiel sie unglücklich und verletzte sich böse.

Hundetrainerin Conny Weigl hält dieses Leinen-Wirrwarr in Deggendorf deshalb für „Schwachsinn“. Begegnungen mit einem angeleinten und einem unangeleinten Hund würden immer wieder zu Problemen führen.

Unerzogene Hunde sind oft nicht angeleint

Warum kleine Hunde im Stadtgebiet – bis auf Grünflächen – frei herumlaufen dürfen, kann sie überhaupt nicht nachvollziehen. Es seien ja gerade oft die kleinen Hunde, die nicht so gut erzogen sind. „Komischerweise laufen meist diejenigen Hunde ohne Leine, die überhaupt nicht folgen“, hat sie festgestellt. Und auch Zamperl können beißen. Erst vergangene Woche wurde ein Fußgänger im Nördlichen Stadtgraben in Deggendorf von einem frei herumlaufenden Jack-Russell-Terrier zweimal ins Bein gebissen (siehe rechts). Außerdem gäbe es laut Conny Weigl auch noch viele Hunde, die an anderen Hunden nicht interessiert sind. Denn Hund ist nicht gleich Hund. Während ein Labrador eher der Kumpeltyp ist, der auf jeden Artgenossen euphorisch losstürmt, sind zum Beispiel Terrier oder Dackel als Einzelgänger gezüchtet worden, die selbstständig Entscheidungen treffen sollen, wenn sie etwa in den Fuchsbau kriechen. Diese Einzelgänger können es in der Regel gar nicht leiden, wenn ihnen andere aufdringliche Hunde am Hintern herumschnüffeln.

Manche Hunde seien auch krank, taub oder hätten irgendwelche Beeinträchtigungen, weshalb man sie vor Hundebegegnungen schützen sollte. „Bei den Menschen ist es ja auch so, einer mag mehr Kontakt, der andere weniger“, so Conny Weigl. Zudem hätten auch viele Menschen Probleme mit frei laufenden Hunden. „Sie haben Angst vor Hunden oder wollen einfach nicht angesprungen werden“, weiß die Hundetrainerin.

Leinenpflicht an der Donau und im Stadtpark

Die Stadt Deggendorf sollte deshalb ihrer Meinung nach endlich konsequent sein und eine klare Regelung treffen. „Leinenpflicht für alle in der Stadt!“

Grundsätzlich gibt es zwar in Bayern keine generelle Anleinpflicht für Hunde, da laut Gesetz dem Bewegungsbedürfnis der Hunde ausreichend Rechnung getragen werden müsse. Allerdings können die einzelnen Kommunen eigene Vorgaben aufstellen. In Traunreut oder Nürnberg beispielsweise gilt eine Leinenpflicht für alle Hunde, egal welcher Größe und Rasse, auf allen öffentlichen Grünflächen.

Um dem Bewegungsbedürfnis der Hunde gerecht zu werden, könnte man ja Hundewiesen ausweisen, wo die Tiere ohne Leine herumtollen dürfen – wobei sie aber auch davon nicht viel hält. „Ich habe super sozialisierte Hunde, die ich aber trotzdem nicht an andere Hunde lassen würde“, so die Tiertrainerin. „So eine Hundewiese tue ich meinen Hunden nicht an.“

Bastian Löffelmann vom Ordnungsamt der Stadt Deggendorf räumt ein, dass der Widerspruch zwischen der Hundeverordnung und der Grünanlagensatzung vielleicht etwas missverständlich ist.

„Bei der Verordnung zur Einschränkung des freien Umherlaufens von Hunden und der Satzung über die Benutzung der öffentlichen Grünanlagen handelt es sich um unterschiedliche Regelungen“, sagt er. „Während die Verordnung zur Gefahrenabwehr dient, regelt die Satzung in erster Linie die Reinhaltung von Grünanlagen.“

Laut Verordnung müssen nur Kampfhunde oder große Tiere ab einer Schulterhöhe von 50 Zentimeter generell an die Leine. Alle anderen Hunde dürfen im Stadtgebiet frei herumlaufen. Dazu zählt die Stadt in ihrer Verordnung auch etwa den Stadtpark, den Stadthallenpark oder die Donau-Uferpromenade.

Laut Grünanlagen-Satzung müssen dagegen alle Hunde in gärtnerisch gepflegten Grünanlagen wie Stadtpark, Stadthallenpark oder dem Donaupark generell immer an die Leine. Was gilt nun? „Hier sticht die Satzung die Verordnung“, sagt Bastian Löffelmann. Es gilt also eine Leinenpflicht! „Bei Verstößen gegen die Verordnung oder Satzung kann der jeweilige Hundeführer, sofern er der Stadt Deggendorf bekannt ist, mit einer Geldbuße belegt werden.“

Kurios: Im Stadthallenpark muss Zamperl demnach noch an der Leine sein, läuft er den Damm hoch, darf er frei laufen. Denn das Grün auf dem Bogenbachdamm wird nicht „gärtnerisch gepflegt“ sondern nur gemäht und fällt somit nicht unter die Grünanlagen-Satzung.

Das steht in der Satzung und in der Verordnung:

Verordnung der Stadt Deggendorf zur Einschränkung des freien Umherlaufens von Hunden, §2:

Kampfhunde sind im gesamten Stadtgebiet und große Hunde (ab 50 Zentimeter Schulterhöhe) sind auf folgenden öffentlichen Anlagen, Wegen, Straßen und Plätzen ständig an der Leine zu führen:

Innenstadtbereich, innerhalb der Stadtgräben, Gehwege am Damm entlang des Bogenbaches, Grünanlage zwischen der Graflinger Straße, Bogenbach, Egger Straße, Am Stadtpark, Grünanlage zwischen Stadthalle, Bogenbach, Neusiedler Straße (Stadthallenpark), Grünanlage entlang der Eginger Straße zwischen der Donau und der Eisenbahnlinie (Donau-Uferpromenade), Grünanlage am Geiersberg im Bereich zwischen der Findelsteiner Straße, Hengersberger Straße, Probstei, Schanzenweg und Geiersbergkirche.

Satzung über die öffentlichen Grünanlagen, § 2:

Hunde sind in den Grünanlagen immer an einer geeigneten Leine zu führen.

Grünanlagen im Sinne dieser Satzung sind Flächen, die die Stadt der Allgemeinheit zugänglich gemacht hat und die mit Rasen, Blumen oder Gehölzen bestanden sind und gärtnerisch gepflegt werden.

Im Klartext: Im Stadtpark, Stadthallenpark oder an der Donau-Uferpromenade herrscht Anleinpflicht. In der Innenstadt mit Straßenverkehr dürfen (kleinere) Hunde herumtollen.

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