Vom Digitalen Dorf bis zum Foodscanner
Staatsminister a. D. Helmut Brunner informiert sich über aktuelle Projekte am TC Grafenau

15.10.2018 | Stand 02.08.2023, 17:23 Uhr
−Foto: n/a

Die Begrüßung fällt außergewöhnlich herzlich aus. Man spürt: Da sind zwei, die sich mögen, schätzen und verstehen. Staatsminister a. D. Helmut Brunner ist noch einmal zu einem Abschiedsbesuch am Ende seiner Tätigkeit als Landtagsabgeordneter in den Technologiecampus nach Grafenau gekommen, dessen Leiterin, Prof. Dr. Diane Ahrens, über diesen Besuch sichtlich erfreut ist.

GRAFENAU Der Campus in Grafenau wäre ohne Brunners Unterstützung vielleicht gar nicht zustande gekommen, es gab Überlegungen für einen anderen Standort. Zumindest aber wäre er wohl nicht so erfolgreich gestartet. Ohne die Anschubfinanzierung durch die Staatsregierung – Brunner hatte maßgeblichen Anteil an dem Kabinettsbeschluss – und erste Forschungsaufträge aus seinem Landwirtschaftsministerium, wie das Projekt „Nachhaltige Lebensmittelproduktion und –verteilung“ (2013), hätte sich diese weitere Ausgliederung der TH Deggendorf nicht so positiv entwickeln können, wie sie es tatsächlich getan hat. Die Entwicklung verlief schneller und besser, als selbst die Chefin es erwartet hätte.

Aktuell sind im Campus rund 40 Personen beschäftigt, ursprünglich war nur etwa die Hälfte prognostiziert worden. Auch die Entscheidung für den 2016 bezogenen Neubau am Stadtberg hat sich längst „als die beste Lösung“ entpuppt, nachdem das Kompetenz- und Forschungsnetzwerk Logistik ab 2012 zunächst seinen vorläufigen Sitz in Neudorf hatte. „Der Standort wird gut angenommen und als Bereicherung für die ganze Stadt wahrgenommen“, so Prof. Dr. Ahrens. Auch sei der Campus, der inzwischen einen jährlichen Umsatz von über zwei Millionen Euro erwirtschaftet, derzeit voll ausgelastet. Ein Problem für ihre Arbeit liegt allerdings in den Befristungen. Sie kann mit ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern üblicherweise nur projektbezogene Jahresverträge abschließen. Und bei den gefragten IT-Spezialisten und Nachwuchsforschern, die ihre Mannschaft bilden, besteht die Gefahr einer beruflichen Umorientierung, wenn Anschlussförderungen von Projekten in der Schwebe hängen. Brunner verspricht, sich umgehend an Wirtschaftsminister Franz Josef Pschierer zu wenden, um den zugesagten Förderbescheid für die Fortsetzung ihrer Arbeit zu beschleunigen – noch am gleichen Abend verlässt dieser Brief sein Büro…

Ein Forschungsschwerpunkt sei derzeit das „Digitale Dorf“ oder eDorf, das in den Gemeinden Frauenau und Spiegelau erprobt werde. Es habe zunächst ein enger Bürgerdialog aufgebaut und die erforderliche IT-Infrastruktur entwickelt werden müssen. Nun werden die vielfältigen Lösungen auch für die Bewohner in den beiden Kommunen sichtbar. Aber nicht nur in den beiden Gemeinden selbst wachse das Interesse der Bevölkerung, auch aus anderen Kommunen gebe es vermehrt Anfragen zu einer möglichen Übertragbarkeit und Nutzbarkeit der Ergebnisse des Projekts. Auch die Zusammenarbeit mit dem zweiten Modellprojekt zur Förderung der Digitalisierung im ländlichen Raum in Bayern – der Steinwald-Allianz im Landkreis Tirschenreuth, die vom Fraunhofer-Institut betreut wird – funktioniere inzwischen reibungslos. Zwei weitere Modelldörfer (ILE Waginger See-Rupertiwinkel) und die „digitalen Hörnerdörfer“ Balderschwang und Obermaiselstein – werden seit heuer ebenfalls vom Technologiecampus Grafenau fit für die digitale Zukunft gemacht. „Beim Digitalen Dorf ist es wichtig, dass wir die Bürgermeister mitnehmen, dass wir die Menschen im Ort mitnehmen“, beschreibt Prof. Ahrens die Notwendigkeit, einen aktiven Bürgerdialog zu pflegen. Dann könnten solche Elemente wie der Rufbus, der in Spiegelau eine Lücke im ÖPNV schließt, digitale Gottesdienstübertragungen in Seniorenheime, eine digitale Rathaus-App, eine Schulplattform und dergleichen mehr ein Erfolg für das „Digitale Dorf“ werden.

Auch Helmut Brunner ist voll des Lobes für die erfreuliche Entwicklung, die dieses Projekt und der gesamte Campus, nicht zuletzt dank seiner Leiterin, genommen haben. Er sei ein „Gewinn für die Region und für das Image des Bayerischen Waldes als Bildungs- und Innovationsstandort“.

Auch in anderen Projekten ist der TC Grafenau mittlerweile aktiv. So hat sich das Projekt MeDi-Land des Bayerischen Gesundheitsministeriums mittlerweile an das Digitale Dorf „angedockt“. Es versucht die medizinische Versorgung im ländlichen Raum zu verbessern und nachhaltig sicherzustellen durch die Errichtung des Telemedizin-Netzwerks aus Hausarztpraxen, ambulantem Pflegedienst und Pflegeheim unter Einbindung der regionalen Kliniken.

Ebenso wird aber auch unter anderem an der Sortimentsoptimierung im Modehandel, Materialflussoptimierung in der industriellen Fertigung, Prognosen mit Hilfe künstlicher Intelligenz sowie im Bereich Lebensmittelverschwendung (Food Waste Reduction) in Zusammenarbeit mit dem Landwirtschaftsministerium an einem Foodscanner weiter geforscht. Hier riet Brunner, sich eng mit dem Kompetenzzentrum Ernährung in Kulmbach zu vernetzen. Dort soll 2019 ein Campus Ernährung als Ableger der Uni Bayreuth seine Arbeit aufnehmen.

Helmut Brunner wird zu diesem Zeitpunkt kein Abgeordneter mehr sein. Dennoch würde sich die Campus-Chefin freuen, ihn gelegentlich wieder in Grafenau begrüßen zu können, wenn er Zeit für einen Besuch finden sollte. Das macht sie ganz deutlich, als sie ihn ebenso herzlich wieder verabschiedet, wie sie ihn begrüßt hatte.

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