Auch mehr als 50 Kilometer
34.000 Berufspendler aus dem Landkreis Altötting

15.10.2019 | Stand 31.07.2023, 3:47 Uhr
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Teure Mieten und Job-Wachstum in Großstädten zwingen viele zum Pendeln über die Landkreisgrenzen hinaus

LANDKREIS. Wenn Lebenszeit im Stau flöten geht: Die Zahl der Berufspendler im Landkreis Altötting hat einen neuen Höchststand erreicht. Auf dem Weg zur Arbeit verließen im vergangenen Jahr rund 34.000 Menschen regelmäßig die Grenzen des Landkreises – das sind 30 Prozent mehr als noch im Jahr 2000. Damals zählte der Kreis Altötting noch rund 26.000 sogenannte Auspendler, wie die IG Bauen-Agrar-Umwelt mitteilt. Die IG BAU beruft sich dabei auf eine aktuelle Auswertung des Bundesinstituts für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR).

Gewerkschafter Michael Müller spricht von einem „alarmierenden Trend“. Eine Hauptursache für den Pendel-Boom sei der Mangel an bezahlbaren Wohnungen in den Groß- und Unistädten. „Eine wachsende Zahl von Menschen kann sich die hohen Mieten und Immobilienpreise in der Stadt nicht mehr leisten. Aber genau dort sind in den letzten Jahren besonders viele Jobs entstanden“, sagt der Bezirksvorsitzende der IG BAU Oberbayern. Die Folge seien immer längere Staus und überfüllte Züge.

Strecken von mehr als 50 Kilometern bis zum Arbeitsplatz seien für viele Pendler aus dem Kreis Altötting mittlerweile gang und gäbe, betont Müller. „Dabei geht nicht nur wertvolle Zeit für Familie, Freunde und Hobbys verloren. Auch die Umwelt leidet unter der Fahrerei.“ Nach Angaben des Umweltbundesamtes geht knapp ein Fünftel aller CO2-Emmissionen in Deutschland auf das Konto des Verkehrs.

Die IG BAU warnt vor einer Zunahme der Pendlerzahlen, sollte sich das Wohnen noch weiter vom Arbeiten entfernen. Nötig sei eine „drastische Wende“ in der Wohnungsbaupolitik. „Die öffentliche Hand muss viel mehr als bisher investieren, um bezahlbaren Wohnraum in den Metropolen und Ballungsräumen zu schaffen. Es fehlen vor allem Wohnungen im sozialen und im bezahlbaren Segment“, so Müller.

Massive Investitionen seien aber auch im Bereich der Verkehrsinfrastruktur unverzichtbar, um die Pendler zu entlasten. „Vor allem beim Schienen-, Straßen- und Radwegenetz ist der Nachholbedarf groß“, macht Müller deutlich. Einen entscheidenden Beitrag gegen den „Pendel-Frust“ könnten zudem die Firmen leisten – indem sie es ihren Beschäftigten leichter machen, in Gleitzeit oder im Home-Office zu arbeiten.

Die Pendler-Problematik im Landkreis Altötting ist Teil eines bundesweiten Trends: Nach Angaben der Bundesagentur für Arbeit pendelten im letzten Jahr 39 Prozent aller sozialversicherungspflichtigen Beschäftigten in eine andere Stadt oder einen anderen Landkreis zur Arbeit.

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