Vassiliadis im Chemiedreieck
Infrastruktur als Standortnachteil

27.07.2018 | Stand 31.07.2023, 6:44 Uhr
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Bundesvorsitzender der Industriegewerkschaft Michael Vassiliadis besucht auf Einladung von MdL Günther Knoblauch das Bayerische Chemiedreieck.

BURGHAUSEN Als König Ludwig zur Eröffnung des Wacker-Standorts 1918 mit dem Zug von München nach Burghausen reiste, hat er genau 10 Minuten länger gebraucht als der Zug heute für die gleiche Strecke. Es führt noch immer nur ein Gleis nach Burghausen, die Loks fahren mit Diesel statt elektrisch. „Eine Absurdität“, so bezeichnete  der Bundesvorsitzende der Industriegewerkschaft BCE Michael Vassiliadis diese Konstellation – einen wachstumsorientierten, innovativen Weltkonzern wie die Wacker Chemie AG in einem der umsatzstärksten Industriestandorte Deutschlands am Ende einer solchen Bahnlinie – bei seinem Besuch im Bayerischen Chemiedreieck. MdL Günther Knoblauch hatte ihn zur Betriebsbesichtigung bei der Wacker Chemie AG in Burghausen sowie zu einer Diskussion mit Gewerkschafts- und Industrievertretern aus der Region eingeladen.

Die chemische Industrie in Burghausen arbeite daran Zukunftsfragen zu lösen – erneuerbare Energie ist dabei nur eines der Geschäftsfelder, so Vassiliadis, um Innovation und Investition langfristig am Standort zu erhalten, ist der Ausbau der Infrastruktur und die Sicherung der Energiepreise maßgeblich. „Dabei müssen wir mit unseren Kompetenzen, unserem Einfluss und unseren Netzwerken helfen.“ Der Ausbau der Infrastruktur sei in erster Linie Ressourcenkampf und Priorisierungsfrage. Die Beseitigung des Engpasses führt zu mehr Wirtschaftsleistung und zu Entlastung für die Bevölkerung – dafür werde künftig auch die IG BCE neben allen Akteuren aus der Region Öffentlichkeit herstellen. „Wir müssen auch außerhalb der industriellen Zentren verdeutlichen, was es bedeutet Export-Weltmeister zu sein“, so Vassiliadis, „und was es bedeuten würde, wenn dieses Wachstum wegbricht.“

Bei der Betriebsbesichtigung stellten Wacker-Arbeitsdirektor Dr. Christian Hartel und Werkleiter Dr. Dieter Gilles das Unternehmen vor, Betriebsrat Peter Aldozo präsentierte die Seite der Arbeitnehmervertretung.  31 Unternehmen im Chemiedreieck erwirtschaften mit 20.000 Mitarbeitern und weiteren 50.000 bei Zulieferfirmen rund 20 Milliarden Umsatz jährlich. Alleine Wacker in Burghausen transportiert jährlich 2,32 Millionen Tonnen Güter. Prognostiziert ist ein weiteres Wachstum von 6 Prozent jährlich bis 2022. „Die Transportmengen der Industrie überschreiten schon jetzt die hochgerechneten Zahlen des Bundesverkehrsministeriums für 2030“, betonte Knoblauch, „wir müssen dringend darauf hinwirken, dass diese Planungszahlen, mit denen in Berlin gearbeitet wird, korrigiert werden.“

Im Fachgespräch mit Gewerkschafts- und Industrievertretern aus der Region ging es neben Infrastruktur auch um die laufenden Tarifverhandlungen in der Chemieindustrie. DGB-Regionsgeschäftsführer Günter Zellner unterstrich, dass die Menschen auch in Zukunft gut abgesichert sein müssen, hinsichtlich Löhnen, sozialer Sicherung und Bildung. Siegfried Maier, stellvertretender Bundesvorsitzender der Deutschen Feuerwehr-Gewerkschaft betonte, wie wichtig Investitionen in die Ressource Menschen seien. „Uns geht es besser denn je“, betonte auch Vassiliadis, „aber wir waren noch nie so fahrlässig hinsichtlich der Zukunftsvorsorge.“ Deshalb freue er sich auf einen guten Abschluss der derzeit laufenden Tarifrunde. Dabei sei die IG BCE vorbildhaft für viele andere Berufszweige, betonte Knoblauch, wie Pflege oder Kinderbetreuung.

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