Ermittlungen vor dem Abschluss
Fall Maria Baumer: Auch Telefon einer Steuerkanzlei wurde abgehört

11.07.2017 | Stand 12.10.2023, 11:23 Uhr
−Foto: n/a

Der Fall Maria Baumer ist nach wie vor ungelöst. Das Rätsel um den Tod der jungen Frau ist auch fünf Jahre nach ihrem Verschwinden nicht gelöst. Nun sollen die Ermittlungen auf der Zielgeraden sein. Doch ein fader Beigeschmack bleibt – auch bei der Frage, wer denn nun wann von der Polizei abgehört worden ist!

REGENSBURG/MUSCHENRIED Maria Baumer verschwand am 26. Mai 2012. Schnell lief die Maschinerie der Polizei an, doch die damals 26-Jährige blieb verschwunden. Gesucht wurde in halb Europa, denn es stand iM Raum, dass die junge Frau auf dem Jakobsweg unterwegs sein könnte. Am 8. September 2013 dann die traurige Gewissheit: Maria Baumer ist tot. Die Leiche der jungen Frau wurde im Kreuther Forst zwischen Bernhardswald und Donaustauf gefunden. Die Todesursache ist unklar. Am 12. September 2013 wurde der damalige Verlobte Marias verhaftet, am 6. November 2013 wurde er wieder aus der Haft entlassen, seitdem ist er auf freiem Fuß – aber immer noch unter Verdacht, etwas mit dem Tod Marias zu tun zu haben. Die Festlegung der Ermittler auf Christian F. als Täter wurde schon früh von dessen Anwalt Michael Haizmann kritisiert.

Abgehört, da galt Maria noch als vermisst! Anfang Mai dieses Jahres nun erhielten zahlreiche Personen einen Brief der Staatsanwaltschaft Regensburg: Darin wurde ihnen mitgeteilt, dass Gespräche, die sie mit einem Anschluss geführt haben, abgehört worden sind. Dies ist im Zeitraum vom 22. Mai 2013 bis zum 28. Dezember 2016, also über drei Jahre hinweg geschehen. Interessant auch: Am 22. Mai 2013 galt Maria Baumer noch als vermisst, das Regensburger Wochenblatt berichtete exakt an diesem Tag über die Suchaktionen in Gevelsberg im Bergischen Land (Nordrhein-Westfalen). Dort wollten Zeugen Maria im Juni 2012 gesehen haben (siehe auch www.wochenblatt.de/179116). Diese Suche verlief bekanntlich im Sand.

Pikant wird die Sache dann, wenn man weiß, dass der Anschluss, der abgehört wurde, Marias Eltern gehört – und die haben eine Steuerkanzlei! Wie sieht es hier aus mit dem Steuergeheimnis? Müssen nun Klienten befürchten, durch Dinge, die sie am Telefon gesagt haben, Schwierigkeiten zu bekommen?

Nein, sagt Theo Ziegler, Oberstaatsanwalt in Regensburg auf Wochenblatt-Anfrage. Bestimmte Dinge dürften nicht verwertet werden, sagt Ziegler. Dazu gehören zum Beispiel Gespräche mit dem Anwalt, diese würden sofort wieder gelöscht. Auch so genannte Kernbereichsgespräche, also solche, in denen es zum Beispiel um sehr intime Dinge geht, dürfen nicht verwertet werden. Und letztlich gehören auch Telefonate, die zwischen Steuerberater und Klienten stattgefunden haben, zu diesen Gesprächen, die nicht verwertete werden dürfen. Das Gesetz sieht hier vor, dass die betroffenen informiert werden müssen, dass ihre Gespräche abgehört wurden. In dem Schreiben der Staatsanwaltschaft, das dem Wochenblatt vorliegt, heißt es zudem: "Die Aufzeichnungen werden den gesetzlichen Bestimmungen entsprechend nach Abschluss des Verfahrens vernichtet."

Die lange Dauer der Abhörmaßnahme Mai 2013 bis Dezember 2016 sei nicht außergewöhnlich. Er könne zum Beispiel nicht sagen, ob die Überwachung lückenlos stattgefunden habe. Grundsätzlich sei es so, dass solche Abhöraktionen von einem Ermittlungsrichter genehmigt werden müssen. Alle drei Monate erfolge dann eine Prüfung, inwieweit die Vorgaben für solche Maßnahmen weiter gegeben seine. Es müsse sich zum Beispiel um eine schwere Straftat handeln, die das Abhören von Telefonaten zulässig werden lasse.

Im vorliegenden Fall bleibt ein fader Beigeschmack – nicht nur Klienten einer Steuerkanzlei finden sich auf Abhörbändern wieder – auch Journalisten hatten Kontakt zur Familie Baumer. Und auch diese fragen sich nun, wie viel der Schutz, den der deutsche Staat einem Journalisten und seinen Informanten laut Gesetz bietet, eigentlich noch wert ist ...

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