Justiz
Mollath und die Justiz ringen um ihren Ruf – politisch ist der Fall längst gegessen

08.07.2017 | Stand 13.09.2023, 1:12 Uhr
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Ein riesiges Brimborium um den Fall Gustl Mollath: Kommenden Montag beginnt der Prozess, 17 Verhandlungstage sind angesetzt, für Journalisten gibt es bunte Platzkärtchen. Die Justiz will nichts falsch machen, sie ringt um ihren Leumund. Die Gefahr: Mollath und sein Anwalt können aus dem Gerichtssaal eine Schaubühne machen.

REGENSBURG Der Auflauf wird gewaltig sein, wenn kommenden Montag, 7. Juli, die Strafsache gegen Gustl Mollath vor der 6. Kammer des Landgerichts aufgerufen wird. Der Sprecher des Gerichts, Richter Thomas Polnik, hat am gestrigen Dienstag sogar eine Begehung mit den vielfach akkreditierten Journalisten von Zeitungen, Funk und Fernsehen veranstaltet. Die haben Kärtchen in verschiedenen Farben bekommen: Gelb für die Redakteure, Rot für Fotografen, die Platzkarte ist grün. „Wenn Sie raus müssen während der Verhandlung, dann müssen wir ihren Platz neu vergeben, sonst riskieren wir einen Revisionsgrund, wenn die Öffentlichkeit nicht genügend berücksichtigt wird“, sagt Richter Polnik. Sogar einen eigenen Eingang hat man für die Journalisten angelegt, einen Sicherheitsbereich mit Interview-Sperre, einen Ruheraum zum Arbeiten – die Vorsitzende Richterin Elke Escher hat dafür sogar einen eigenen Akkreditierungserlass verkündet. Der Aufwand der Regensburger Justiz ist immens: 17 Verhandlungstage, mehr als 40 Zeugen. Kein Wunder, denn im Zeugenstand werden natürlich auch Kollegen sitzen. Der pensionierte Richter Otto Brixner beispielsweise und auch Staatsanwälte aus den früheren Verfahren. Aber auch Koryphäen der Psychiatrie werden dort sitzen. Experten also, die hunderte von Menschen in die Psychiatrie eingewiesen haben und die nur rausgelassen werden können, wenn sie es anordnen. All das wird Mollath und sein Anwalt Gerhard Strate genüsslich hinnehmen.

Denn sollte Mollath 2001 tatsächlich seine Frau bis zur Bewusstlosigkeit geschlagen haben und später mehrfach Autoreifen zerstochen haben, ja wäre er damals wirklich gemeingefährlich gewesen, dann wäre dieser Aufwand sicher Wasser auf die Mühlen seiner Psychosen. Verlesen wird der versierte Oberstaatsanwalt Wolfhard Meindl die zwei Anklagen seiner Kollegen aus Nürnberg-Fürth jedenfalls. Meindl hat Rechtsgeschichte geschrieben, denn er war es, dessen Wiederaufnahmeantrag schließlich doch positiv beschieden und Mollath in Freiheit aus der Psychiatrie entlassen wurde. Er hatte das Attest, das einst in einer Hausarztpraxis über die Verletzungen von Mollaths Ex-Frau Petra M. ausgestellt wurde, als falsche Urkunde identifiziert. Denn nicht die unter dem Briefkopf firmierende Ärztin hatte es unterzeichnet, sondern ihr Sohn. Ein Grund, das Verfahren neu aufzurollen. Mollath und sein Anwalt erwarten sich, dass das Psychiatriesystem in Bayern an den Pranger kommt. Dass seine Ex-Frau, die als Nebenklägerin auftritt, angeblich Schwarzgelder in die Schweiz schaffte und dass die Politik das vertuschen wollte. Dabei geht es in dem Prozess einzig und allein darum, ob Mollath damals die Taten beging und wenn ja, ob er schuldfähig war oder psychisch beeinträchtigt. War er schuldfähig, muss das Urteil dennoch auf Freispruch lauten. Er darf laut Gesetz nicht schlechter gestellt werden als damals. Es geht also lediglich um den Ruf – seinen und den der bayerischen Justiz.

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