NSU
Früherer Regensburger Neonazi-Anführer wegen Kindsmissbrauch in U-Haft

08.07.2017 | Stand 13.09.2023, 1:13 Uhr
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Der lange Jahre in Regensburg lebende Neonazi Tino B. ist in Thüringen verhaftet worden. Die Staatsanwaltschaft Gera wirft ihm vor, mehrere junge Männer zur Prostitution gezwungen zu haben. B. sollte auch im NSU-Prozess aussagen.

REGENSBURG _25 GERA Die Staatsanwaltschaft Gera hat einen Haftbefehl gegen den lange Jahre in Regensburg wohnenden Neonazi Tino B. beantragt. Laut einem Bericht der Thüringer Allgemeinen hat das Amtsgericht diesen auch erlassen, der heute 39-jährige B. sitzt demnach in Untersuchungshaft. "Es besteht der Verdacht des Missbrauchs von Kindern", sagte der Leitende Oberstaatsanwalt Thomas Villwock der Thüringer Allgemeinen. Demnach beruhe der Verdacht auf der Aussage eines mutmaßlichen Opfers von B.. Die Staatsanwälte gehen davon aus, dass B. mindestens fünf Jugendliche und Männer im Auftrag von B. prostituiert hatten. Die Anbahnung von Kontakten mit Freiern sei über soziale Netzwerke erfolgt, so der Bericht weiter.

Brandt hatte in den 90er Jahren den Thüringer Heimatschutz angeführt, dem auch die späteren mutmaßlichen Rechtsterroristen Uwe Bönhardt, Uwe Mundlos und Beate Zschäpe angehörten. Gegen Schäpe wird derzeit in München im sogenannten NSU-Prozess verhandelt. B. sollte im Juli als Zeuge vernommen werden, die Vernehmung wurde vom Gericht auf drei Tage angesetzt.

Allerdings ist über die Zeit B.s in Regensburg wenig bekannt, auch, weil es offenbar zu einer Panne beim Verfassungsschutz gekommen ist und Akten zerstört wurden. So heißt es wörtlich in der Antwort der Staatsregierung auf eine Anfrage der Grünen: "Aufgrund entsprechender Datenlöschungs­ und Aktenver­nichtungsvorschriften stehen beim BayLfV nur noch einge­schränkt Daten zum Erkenntnisstand Anfang der 1990er­ Jahre zur Verfügung. Welcher Kenntnisstand damals im De­tail bestand, ist zuverlässig nicht mehr feststellbar. Gleich­wohl gibt es zu Tino B. noch in großem Umfang Doku­mente, die Gegenstand aktueller, noch nicht abgeschlossener Auswertungen des BayLfV in Zusammenhang mit der Mord­ serie des „Nationalsozialistischen Untergrunds“ (NSU) sind. Eine Bewertung von Tino B. und seiner damaligen Rol­le in der rechtsextremistischen Szene ist zum gegenwärtigen Zeitpunkt deshalb nur bedingt möglich."

Über seine Zeit in Regensburg heißt es: "Melderechtlich war Brandt vom 01.09.1991 bis 31.07.1993 in Regensburg wohnhaft. Danach verzog er nach Rudol­stadt/Thüringen. Die erstmalige Speicherung von Brandt in der elektronischen Arbeitsdatei des BayLfV erfolgte im Jahr 1994. Ab diesem Zeitpunkt wurde er nach derzeitigen Er­kenntnissen in Bayern extremistisch tätig. Belegt ist, dass B. ab 1994 an Veranstaltungen der rechtsextremisti­schen Szene in Bayern teilnahm. Auch Kontakte zu damali­gen führenden Aktivisten der bayerischen rechtsextremisti­schen Szene wurden bekannt. Einschlägige Erkenntnisse über B. vor 1994 liegen dem BayLfV nicht (mehr) vor."

Regensburg