Schutzmann mit schauspielerischen Fähigkeiten
Ehemaliger Polizeihauptmeister Josef Wierer aus Wörth machte Filmkarriere

07.07.2017 | Stand 28.07.2023, 4:24 Uhr
−Foto: n/a

Dass der berühmte Regisseur und Filmproduzent Jo Baier ein Auge für das Wesentliche, nämlich den Menschen hat, zeigte sich 1985 als er den damals bei der Polizeiinspektion Wörth an der Donau tätigen Polizeihauptmeister Josef Wierer für die Rolle des Onkel Sebald in dem Film über das Leben der 1874 in Schiefweg bei Waldkirchen geborenen Dichterin Emerenz Meier auswählte. Das sollte für den damals 55-jährigen Ermittlungsbeamten der Beginn einer Schauspielerlaufbahn sein, die auch mit 82 Jahren noch nicht beendet ist.

WÖRTH AN DER DONAU Der 1930 in Wörth an der Donau Geborene hatte zunächst das Maurerhandwerk erlernt und war während seiner Berufsausübung bis in die Schweiz gekommen. Als Spätbewerber begann seine Polizeilaufbahn 1965 im Alter von 35 Jahren bei der Bereitschaftspolizei in Würzburg. Sie endete 1990 als „Ermittler“ bei seiner Heimatdienststelle, im östlichen Landkreis von Regensburg. Noch immer wohnt er in seinem  Geburtshaus in Wörth. Trotz seines doch fortgeschrittenen Alters verspürt man im Gespräch  seine überquellende Begeisterung und blickt  dabei in vor Vitalität sprühende Augen.

Wierers  Verbindung zu  Jo Baier sollte über viele Jahre Bestand haben.  Es folgten Filme wie "Wildfeuer, Hölleisengretl" oder "Der Weibsteufel". Zuletzt hatte er das Genre gewechselt, weg von sozialkritischen Heimatfilmen und hin zu Kriminalfilmen in der bayerischen Provinz, wie "Sau Nummer 4" mit Johanna Bittenbinder.

Begonnen aber hat die Schauspielerei für ihn viel früher. In seiner Kindheit diente die Nachbarscheune als Theater, wo Winnetou oder Weihnachtsstücke zum Besten gegeben wurden. Das hat ihn wohl inspiriert, denn er blieb diesen "Brettern, die die Welt bedeuten" treu. So in den achtziger Jahren als Akteur bei der Kolpingfamilie in Wörth, wo zweimal jährlich "Bauernstückl2, wie er es nennt aufgeführt wurden. Er habe sich mit dem Lernen der Rollen immer leicht getan. Einmal durchgelesen und er hatte seinen jeweiligen Part parat. 

Der eingangs erwähnte Film "Schiefweg", für den Jo Baier den Adolf-Grimme-Preis erhielt, wurde  in dem Museumsdorf "Dreiburgensee" bei Tittling gedreht. Den Kontakt zu seinen damaligen Filmakteuren habe er in den Folgejahren nie verloren, sagt Wierer. 1991 spielte er in dem Film "Wildfeuer" einen Flößer. Hintergrund dieses Films war erneut das Leben der von Anica Dobra verkörperten Emerenz Meier, einer "selbstbewussten, kämpferischen Frau, die aus der Enge ihres Dorfes ausbricht, statt sich anzupassen" wie die Filmkritik  dazu vermerkt. Wierer verschafften die Dreharbeiten, die nur wenige Monate nach dem frühen Tod seiner Frau stattfanden eine willkommene Ablenkung, wie er nachdenklich anmerkt. 1995 folgte der Film "Hölleisengretl", in dem er den Altknecht verkörperte und Hubert von Goisern, Michael Lerchenberg und Martina Gedeck seine Filmpartner waren.  Auch hier führte Jo Baier Regie, ebenso wie in "Der Weibsteufel", gedreht im Jahr 2000 bei Mals im Vinschgau/Italien. Für die Rolle des Schmugglers schien Wierer  geradezu prädestiniert, nur mit dem regionalen Dialekt haperte es. Für den Regisseur, der unbedingt an Wierer festhalten wollte, war auch das kein Problem. Sein Akteur erhielt eine stumme Rolle und agierte so an der Seite von Fritz Karl, Günther Maria Halmer und der damals 25-jährigen Julia Thurnau. Gerne erinnert sich der 82-Jährige an ein Zusammentreffen mit Friedrich von Thun während dieser Dreharbeiten. Beim Abschied sagte er zu Sepp Wierer, dass er es bedauere nicht mehr Zeit zu haben, denn nur zu gerne hätte er sich länger mit ihm unterhalten.

2009 wirkte er in dem Kriminalfilm "Sau Nummer 4" mit, der im Bereich von Bad Birnbach gedreht wurde und in dem  das  niederbayerischen Lokalkolorit mit all  seinen Facetten nicht zu kurz kommt. Natürlich geht es dabei um einen Mord. Johanna Bittenbinder war die Rolle als ortsansässige Polizistin Gisela Wegmeyer, auf den Leib geschrieben. Auch in der Fortsetzung dazu, mit dem Titel "Paradies 505" wirkte  Sepp Wierer mit. Gedreht wurde diese im vergangenen Jahr.

Fein säuberlich in Ordnern archiviert hat er den gesamten Schriftverkehr, der sich mit seinen Filmen befasst. Nicht zu vergessen die Alben mit Zeitungsausschnitten, Fernsehprogrammen, Bildern, Glückwunschschreiben und natürlich Autogrammkarten, versehen mit liebenswerten Widmungen seiner Schauspielerkolleginnen und -kollegen.  All dies präsentiert er mit sichtlich erkennbarem Stolz. Dem Akteur kann man nur wünschen, dass er noch weitere Filme machen darf und dazu vor die Kamera treten kann. Wie heißt es in der Künstlersprache dazu: "Toi, toi, toi"!

Regensburg