Klartext von Keller
Haarsträubend", „katastrophal": Jahn-Sportchef zieht vom Leder

07.07.2017 | Stand 13.09.2023, 3:38 Uhr
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Lange Zeit hat sich Jahn-Sportchef Christian Keller vornehm zurückgehalten, wenn es um eine Bewertung der arg schwankenden Leistungen des SSV-Teams ging. Nach der schlimmen 2:4-Pleite gegen Halle nimmt er aber kein Blatt mehr vor den Mund.

REGENSBURG „Wir haben zu wenig Punkte, und zwar genau sechs zu wenig“, beginnt er seine Bestandsaufnahme. „Das sind die Zähler, die wir eigentlich gegen Stuttgart und Halle hätten holen wollen. Das sind zwei Teams, die schlechter besetzt sind als wir.“ Dass es gegen diese beiden Gegner zwei Niederlagen mit satten sieben Gegentoren hagelte, bezeichnet der Sportchef als „haarsträubend“.

Dasselbe Wort verwendet er bei der Beschreibung der tödlichen individuellen Fehler, für die am letzten Samstag arrivierte Stammkräfte wie Patrick Wiegers (beim 1:1) und Sebastian Nachreiner (beim 1:2) verantwortlich zeichneten. Und gar als „katastrophal“ geißelt Keller das Umschaltverhalten der Mannschaft: „Die Verschiebebewegung ist nicht symmetrisch, nicht synchron“, doziert er.

So entstünden stets zu große Abstände zwischen den Reihen. „Da hat‘s der Gegner leicht. Er braucht eigentlich nur weite Bälle nach vorn zu schlagen“, analysiert der Gerber-Nachfolger weiter und kritisiert zudem die Zweikampfschwäche des SSV-Teams, sein „desolates“ Verhalten bei gegnerischen Standards und die fehlende Konsequenz bei eigenen Torchancen.

„Lauter Basiselemente, die nicht funktionieren“, beschließt er seine Ausführungen, die er trotz aller Deutlichkeit nicht als Attacke auf Thomas Stratos verstanden haben will: „Das alles sieht auch der Trainer so.“ Der Coach selbst wirkte nach der Halle-Pleite ein wenig ratlos. „Da fehlt ein bisschen was“, lautete sein untertreibender Kommentar zur Leistung der Jahnelf, die in Münster möglicherweise ein anderes Gesicht haben wird. Stratos zieht in Erwägung, seine Aufstellung zu überdenken.

Weit weg von seinen Zielen ist der SSV nach wie vor nicht. Stratos hat einen einstelligen Rang im Blick, Keller formuliert einen „Mittelfeldplatz zwischen zehn und 14“ als Ziel. Was auf den ersten Blick tragisch ambitionslos für einen Zweitliga-Absteiger wirkt, wird bislang vom Umfeld mit bewundernswertem Verständnis geschluckt – alle sehen ein, dass der Jahn in einer „Übergangssaison“ steckt, in der der Verein in jeglicher Hinsicht Luft holt und Kräfte sammelt für den großen Moment, wenn das neue Stadion steht.

Die aktuelle Nähe zur Abstiegszone erzeugt jedoch Ängste. Keller versteht dies, zumal er ein psychologisches Problem sieht: „Die Mannschaft hat sich letzte Saison ans Verlieren gewöhnt, da fehlt die Siegermentalität.“ Nichtsdestotrotz existiert das Thema Abstiegsgefahr für ihn nicht: „Das darf und wird nicht passieren.“

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