Harte Strafen
Versuchter Mord – Siegenburger Schläger müssen lange hinter Gitter

07.07.2017 | Stand 28.07.2023, 5:34 Uhr
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Im Prozess gegen drei Siegenburger, die einen anderen jungen Mann grundlos in Siegenburg fast zu Tode geprügelt haben, fiel am Freitag, 21. Juni, das Urteil. Das Gericht befand die drei Angeklagten nicht nur der gefährlichen Körperverletzung, sondern auch des versuchten Mordes für schuldig. Jetzt warten saftige Haftstrafen und die Entziehungsanstalt auf die rabiaten Schläger.

REGENSBURG / SIEGENBURG Also, nun doch: Versuchter Mord – befand das Regensburger Landgericht und folgte bei seinem Urteil in weiten Teilen der Forderung der Staatsanwaltschaft. Der vorsitzende Richter Dr. Carl Pfeiffer verkündete das Urteil im Siegenburg-Prozess, bei dem die drei Angeklagten einen jungen Mann wegen dessen angeblicher Homosexualität über einen "langandauernden Zeitraum mit erheblicher Roheit misshandelt" haben.

"Rohe, gefühllose Art"

Die Staatsanwaltschaft hatte in ihrem Plädoyer die Verurteiltung wegen versuchten Mordes gefordert. Die Oberstaatsanwältin Ulrike Klein forderte für den älteren der beiden angeklagten Brüder, Tobias B., eine Strafe von sieben Jahren und sechs Monaten. Für den 18-jährigen Bruder Lothar B. fordert sie vier Jahre und neun Monate und für Daniel A. fordert sie sieben Jahre Gefängnis. Die Verteidigung wollte den Vorwurf des versuchten Mordes nicht gelten lassen, ja, bezeichnet es sogar als "höchste juristische Kunst, hier versuchten Mord vorzuwerfen". Deshalb sei für sie nur gefährliche Körperverletzung zu ahnden, der Verteidiger von Lothar B. forderte für seinen jungen Mandanten sogar nur "elf Monate auf Bewährung".

Doch das Gericht folgte in weiten Teilen der Forderung der Staatsanwaltschaft. Der älteste der beiden Brüder, Tobias B., der einschlägig wegen gefährlicher Körperverletzung vorbestraft ist und der "das Geschehen mit seiner rohen, gefühllosen Art ins Rollen gebracht hat", wurde aufgrund seiner Reifeverzögerung nach Jugendstrafrecht verurteilt. Er muss trotzdem am längsten hinter Gitter, nämlich sechs Jahre und sechs Monate. Sein jüngerer Bruder Lothar B., der zur Tatzeit 17 Jahren war, wurde auch nach Jugendstrafrecht verurteilt. Er muss vier Jahre ins Gefängnis. Der 24-jährige Daniel A., der sich vor Gericht als "barmherziger Samariter" gab, wurde nach Erwachsenenstrafrecht zu fünf Jahren und sechs Monaten verurteilt. Bei allen drei Angeklagten ordnete das Gericht eine Unterbringung in einer Entziehungsanstalt an – schließlich sind alle schwer drogen- und alkoholabhängig. 

"Mitgefangen – mitgehangen"

Der Richter führte aus, dass "vielfach gezielt gegen den Kopfbereich des Geschädigten geschlagen und getreten wurde". Der Geschädigte sei nach der Tortur "kaum mehr zu erkennen gewesen". Obwohl das Opfer "schwerst verletzt und übel traktiert" war, habe man es nach einer Beratschlagung im Anschluss an die gefährliche Körperverletzung aufs offene Feld mit den Worten "renn um dein Leben" getrieben. Und diese Zäsur der Beratschlagung war es, warum das Gericht die Täter wegen versuchten Mordes verurteilt. Denn spätestens hier hätte ihnen klar sein müssen, dass das Opfer sterben hätte können. Schließlich habe Daniel A. ja noch zu den Mittätern gesagt, "lieber sechs Monate Bau als ein Leben lang in der Hölle".

"Es war Ihnen egal, was mit ihm passiert"

"Was haben die Angeklagten sich dabei gedacht?", fragt der Richter fassungslos. "Sollte der an den natürlichen Selbstheilungskräften der Natur gesunden?" Der Richter führte aus, dass das Opfer hätte sterben können und trotzdem hetzte man es mitten in der Nacht im Winter bei drei Grad auf das offene Feld. "Es war Ihnen egal, was mit ihm passiert", so der Richter. Deshalb sei es ein bedingter Tötungsvorsatz durch Unterlassen und damit versuchter Mord.

Opfer schwer traumatisiert

Richter Dr. Pfeiffer wies den Einwand der Verteidigung, der versuchte Mord sei eine "juristische Konstruktion" der Staatsanwaltschaft, entschieden zurück. Er ging auch noch einmal auf das Opfer ein, das schwer traumatisiert sei und sein Leben seit dem Vorfall nicht mehr in den Griff bekäme: "Ein Mensch hat schwere psychische Spuren davongetragen – daran wird er noch lange laborieren." Und der Richter machte deutlich, dass es mehrere Möglichkeiten gegeben hätte, dem Opfer Hilfe zukommen zu lassen, aber diese Hilfe sei bewusst versagt geblieben. 

Da bei den Verurteilten ähnliche Taten bei allen wieder zu erwarten seien, so der Richter, ordnete das Gericht zusätzlich bei allen die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt an, in der auch Anti-Aggressions-Trainings stattfinden sollen. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. 

Unter Tränen verabschiedeten die Angehörigen der Täter die Verurteilten vor dem Gerichtssaal. Dann wurden die Verurteilten in Handschellen von den Polizisten abgeführt, doch das haben sie sich selbst zuzuschreiben ...

Regensburg