Demo
Neonazi-Aufmarsch mit bekannten Rechtsextremen in Regensburg

07.07.2017 | Stand 28.07.2023, 2:54 Uhr
−Foto: n/a

Wie kann es sein, dass bekennende Rechtsextreme kurzfristig in Regensburg die Genehmigung einer Demonstration erhalten? Gegendemonstranten verhinderten jedenfalls am Freitag, 10. Mai, einen Marsch von Neonazis.

REGENSBURG Kurzfristig hatte das Kameradschaftsnetzwerk „Freies Netz Süd“ zu einer Demonstration in Regensburg aufgerufen. Anlass war die Verletzung eines mutmaßlichen Gesinnungsgenossen durch einen Messerstich im Rahmen eines Streits in einem Linienbus in den frühen Morgenstunden des Freitag, 10. Mai. Trotz einer geringen Mobilisierungszeit demonstrierten genug Regensburger Bürgerinnen und Bürger gegen den Aufmarsch, so dass dieser bereits nach wenigen Metern zum Stillstand kam.

Bekannt wurde der Aufmarsch, der als Spontanversammlung im Laufe des Tages bei den Regenburger Behörden angezeigt worden sein soll, erst gegen 18 Uhr. Mit einem für 19 Uhr angesetzten Beginn blieb den Bürgerinnen und Bürgern nur etwa eine Stunde Zeit, um auf den Nazi-Aufmarsch hinzuweisen. Dennoch fanden sich später genug ein, um ein weiteres Mal Rechtsextremisten den Marsch durch die Altstadt zu verwehren.

Auf der Gegenseite waren Neonazis aus ganz Bayern angereist. Kurz vor 19 sammelten sich die ersten am Taxistand, um dann von der Polizei in den üblichen Bereitstellungsraum in den kleinen Park geführt zu werden. Der Raum füllte sich sukzessive mit dem harten Kern des Freien Netz Süd. Einzelne Nazis nahmen die Anreise aus Bayreuth, Weißenburg, Würzburg und aus Schwaben auf sich.

An den beiden Ausgängen postierten sich aber zusehends immer mehr GegendemonstrantInnen, so dass die letzten Gruppen anreisender Neonazis nur mehr unter Schwierigkeiten zu den anderen gebracht werden konnten. Bei einer Rangelei gelang es Nazis, einem Gegendemonstranten einen Beutel zu entreißen und die Flugblätter im Inneren unter Applaus der Kameraden auszukippen. Andere zerrissen demonstrativ die Flyer.

Kurz nach 20 Uhr began sich die Kundgebung der Nazis aufstellen. Am Nordausgang des Park kam man nicht weiter, so dass die Polizei die Nazis über die Wiese durch den Park führte, mit „Ausgang" auf Höhe der Albertstraße. Dort wurde der Zug allerdings erneut länger blockiert. Diese Blockade hielt länger Zeit. Die Polizei fand eine Lücke und versuchte seitlich vorbeizukommen, nur um nach wenigen Metern wieder blockiert zu werden. Stillstand war dann etwa auf Höhe der Sparkassen-Filiale / Luther-Wohnheim in der Maximilianstraße, 150 Meter vom Bahnhof entfernt. Gelaufen wurden wohl keine 100 Meter.

Mit der einsetzenden Dunkelheit wurde allmählich auch die Zeit für die Kundgebung knapp. Über den mittlerweile eingetroffenen Lautsprecherwagen wurden nun die geplanten Ansagen gehalten. Aber mehr als einen kurzen Hinweis auf den Anlass, gefolgt von rassistischen Parolen brachte man an dem Tag nicht zustande. Im Abstand wurde das Prozedere mehrfach wiederholt. Die GegendemonstrantInnen skandierten „auflösen!“

Etwa gegen 21.15 Uhr verkündeten dann die Neonazis selbst über ihr Lautsprecherfahrzeug, dass die Polizei den „polizeilichen Notstand“ ausgerufen hätte. Damit signalisiert die Polizei, dass sie die Kundgebung nicht mehr unter dem Einsatz verhältnismäßiger Mittel durchsetzen kann. In solchen Fällen muss dann das Demonstrationsrecht zurückstehen. Die Neonazis verkündeten die Auflösung der Kundgebung, drohten aber mit einem Besuch des Regensburger Nachtlebens, wo sie schon selber für „ihre Sicherheit“ sorgen wollten.

Unter Polizeischutz wurden die Neonazis zurück zum Bahnhof geführt. Unterwegs gelang es größeren Gruppen aus der lockeren Polizeikette auszubrechen und unkontrolliert in Richtung Bahnhof und danach links weg Richtung Galgenberger Brücke zu laufen. Dabei soll es auch zu Zusammenstößen mit GegendemonstrantInnen gekommen sein. Die Polizei sammelt die größere Gruppe dann auf dem Bahnshofsvorplatz wieder ein. Dort belagerten sich Neonazis und Gegendemonstrant_Innen noch über eine längere Zeit, bis die Polizei sie zu den Zügen bzw. zu ihren Autos führte.

Bei den Neonazis trat Mike Edling zu Beginn, als die Situation noch übersichtlich war, als möglicher Organisator in Erscheinung. FNS-Kader wie Matthias Fischer, Roy Asmuß oder Karl Heinz Statzberger hielten sich an dem Tag eher zurück. Anwesend war auch der Oberpfälzer NPD-Bezirksvorsitzende Heidrich Klenhart, sowie seine vor etwa einem Jahr ausgetretenen Vorstandskollegen Robin Siener und Daniel Weigl. Auf der Seite der GegendemonstrantInnen beteiligten sich für die kurze Mobilisierungszeit erstaunliche 300 vor allem junge Menschen. Die Polizei handelte soweit beobachtet umsichtig. Der Abbruch der Demonstration war angesichts des massiven gesellschaftlichen Widerstands vertretbar und richtig.

Regensburg