Minister Spaenle im Interview:
Auf Bundesebene stellen wir noch immer das Flaggschiff“

06.07.2017 | Stand 27.07.2023, 2:56 Uhr
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Der Bayerische Kultusminister Ludwig Spaenle liest Wochenblatt im Internet: Kürzlich veröffentlichten wir harsche Kritik der Landtagsabgeordneten Margit Wild (SPD) an der bayerischen Schulpolitik. Der Minister bot dem Wochenblatt daraufhin ein Interview an – wir zögerten nicht lange und fragten Spaenle, wie es seiner Ansicht nach so läuft an bayerischen Schulen.

REGENSBURG _25 MÜNCHEN Herr Minister, Ihnen wird vorgeworfen, Sie hätten Ihre Hausaufgaben nicht gemacht. Stimmt das?

In einem Betrieb mit 1,8 Millionen Schülern und 105.000 Lehrern gibt es immer etwas, das zu verbessern ist. Aber wir haben einen wirklich guten Schulstart hingelegt – über alle Schularten hinweg.

Sie haben einen Runden Tisch einberufen, der den Unterrichtsausfall verbessern soll. Wie ist denn die Situation derzeit und was bringt denn da ein Runder Tisch?

Wir haben ein ganzes Bündel, das wir mit einem Bildungspaket beantworten wollen. Die ersten drei Jahre waren der Wechsel zwischen dem System des neun- hin zum achtstufigen Gymnasium. Jetzt geht es mir um Qualitätssicherung. Ich habe vor genau einem Jahr eine neue Erhebung anwenden lassen und wir haben den Unterrichtsausfall neu erhoben. Ich bin nicht davon ausgegangen, dass es eine Verbesserung gibt, wenn man ein neues statistisches Verfahren einführt, ich habe eigentlich damit gerechnet, dass wir mehr Unterrichtsausfall zur Kenntnis nehmen müssen. Wir haben uns aber nicht verschlechtert. Es gibt an allen bayerischen Schulen einen Unterrichtsausfall von zwei Prozent, das ist die gute Nachricht. Die schlechte ist, dass wir unterschiedliche Entwicklungen an den Schularten haben. Wir haben einen starken Rückgang an Real-, Berufs- und Fachoberschulen um fast einen Prozentpunkt. Wir stellen aber an den Gymnasien fest, die ohnehin Spitzenreiter waren, dass wir eine Steigerung auf 2,9 Prozent Unterrichtsausfall haben. Das hat aber natürlich auch mit dem doppelten Abiturjahrgang zu tun.

Das G8 steht ja nach wie vor in der Kritik. Heuer ist der erste Jahrgang aus der Schule gekommen. Halten Sie daran fest, dass das G8 ein Erfolg ist?

Ich höre, über die Kritik der üblichen Verdächtigen hinaus, relativ wenig zur Sache. Wir sind dabei, eine wissenschaftliche Evaluierung gerade in der Mittelstufe durchzuführen. Da gibt es Dinge, die wir behandeln müssen – etwa die Notenspreitzung. Wir haben eine Zunahme der sehr guten Abschlüsse, aber eben auch eine höhere Durchfallquote. Ich stelle aber auf Bundesebene fest: Das bayerische Gymnasium ist das Flaggschiff der Gymnasien in Deutschland. Das andere ist aber die Leistungsgerechtigkeit. Wir wollen eine Garantie dafür abgeben, dass jeder Schüler jeden Abschluss machen kann …

… also die Durchlässigkeit des Schulsystems soll weiter ausgebaut werden …

… genau, auf der Mittelschule kann man die Mittlere Reife ablegen, Realschüler können mit einem speziellen Vorbereitungsjahr auf die gymnasiale Oberstufe kommen und das werden wir massiv ausbauen.

Aber die Einführung der Mittelschule stößt doch sogar in CSU-Kreisen auf Kritik. Warum halten Sie, komme was wolle, am dreigliedrigen Schulsystem überhaupt noch fest?

Ich kenne keine massive Kritik aus der CSU, ganz im Gegenteil. Wir haben die Strategie eingeschlagen, die Schule im ländlichen Gebiet in einem kleinen Ort möglichst lange zu erhalten. Das tun wir mit den Schulverbünden zur Mittelschule. Das ist die eine Herzkammer. Die zweite ist die Erhaltung der Grundschulen vor Ort, hier werden wir eine Strategie entwickeln, diese zu erhalten. Inhaltlich muss man sagen: Eine Schulart hat nur dann eine Berechtigung, wenn sie den Schülern etwas bietet, was andere Schularten nicht bieten können. Die Mittelschule ist die Schulart, die wie keine andere ab der siebten Klasse auf die Lehre, auf die Ausbildung vorbereitet. Es wäre aus meiner Sicht die völlig falsche Konsequenz, ein Angebot vom Markt zu nehmen.

Der Bürgermeister von Donaustauf plant eine Gemeinschaftsschule für seinen Ort, auch, um seine Schule von anderen abzuheben. Wird er sie bekommen?

Kommunen, die an Schulentwicklung interessiert sind und ihre Schule vor Ort weiterbringen wollen, werden wir unterstützen und den gesamten Werkzeug-Kasten, den wir zur Verfügung stellen können, auf den jeweiligen Standort herunter bringen. Ich halte von der Einheitsschule gar nichts, ich werde sie politisch auch nicht unterstützen. Das ist nichts anderes als die Gesamtschule und damit ein Rückschritt in die Vergangenheit. Das ist eine neue Schulart, die bedarf der Zustimmung des Landtags.  

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