Studie "Der deutsche Einzelhandel 2017"
Internetriesen fordern den stationären Einzelhandel heraus

17.10.2017 | Stand 03.08.2023, 1:03 Uhr
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"Was bewegt unsere Mitglieder im Handel am meisten?", wollten die Bayerischen Industrie- und Handelskammern (BIHK) wissen.

REGENSBURG Die von IBI Research in Regensburg durchgeführte Studie "Der deutsche Einzelhandel 2017" liefert Antworten. Knapp 300 Einzelhändler aus Bayern nahmen teil. Das Ergebnis: Gestiegene Kundenansprüche und die Marktdominanz großer Internetplattformen wie Amazon sind in Zeiten der Digitalisierung die größten Herausforderungen für Händler im Freistaat und der Region.

E-Commerce in Maßen 

"Der Einzelhandel in der Region ist im Umbruch. Auch die Studienergebnisse belegen, dass es nicht mehr um die Frage geht, ob E-Commerce eingesetzt wird, sondern welche digitalen Möglichkeiten der Einzelhandel nutzt", so Dr. Jürgen Helmes, Hauptgeschäftsführer der IHK Regensburg für Oberpfalz/Kelheim. Dennoch verfügen über 80 Prozent der befragten Unternehmen nicht über ein separates Budget für Digitalisierungsmaßnahmen. Der Vorsitzende des IHK-Handelsausschusses Wolfgang Holzapfel fordert zum Umdenken auf: "Es muss nicht jeder Händler einen eigenen Online-Shop eröffnen, aber es ist essentiell, dass Prozesse dokumentiert und optimiert werden – und das Ganze digital." Bei internen Prozessen klappe das schon ganz gut. Immerhin wickeln laut der Studie mehr als zwei Drittel der Unternehmen ihren Einkauf online ab und/oder verfügen über ein Warenwirtschaftssystem, ebenso nutzen über 60 Prozent ein Kundenmanagementsystem (CRM). Ist die Information erfasst, bleibt sie meist ungenutzt. Nicht einmal 20 Prozent führen die Daten in einem zentralen Steuerungstool (ERP-Software) zusammen.

Online-Sichtbarkeit als Minimalanforderung

Das digitale Kundenmarketing bietet noch Luft nach oben. 70 Prozent haben einen Unternehmens-Account bei Facebook, immerhin 64 Prozent eine eigene Homepage. Ein Drittel verfügt über einen eigenen Webshop. "Es geht nicht darum, auf allen Kanälen präsent zu sein – dafür reicht das Zeitbudget gerade in inhabergeführten Geschäften oft nicht aus. Aber digitale Kanäle, wie Facebook oder personalisierte Newsletter, müssen zur gezielten Kundenansprache genutzt werden", so IHK-Handelsexperte Dr. Matthias Segerer. Der Studie zufolge sind neben knappem Zeitbudget hohen Kosten, die Komplexität der Thematik und fehlende personelle Ressourcen das größte Hemmnis.

Dennoch: Es tut sich was. Trotz aller Umstellung, nutzen schon viele regionale Einzelhändler neben ihrem Ladengeschäft auch digitale Kanäle. Services wie eine Online-Reservierung mit Vor-Ort-Abholung setzen bereits ein Viertel der Händler ein – 16 Prozent planen es. Bei drei von zehn Unternehmen kann der Kunde seinen Onlineeinkauf direkt in die Filiale abholen. "Insgesamt ist der Digitalisierungsgrad des stationären Handels jedoch noch deutlich zu gering", zieht Dr. Georg Wittmann, Projektleiter der Studie bei IBI Research, Bilanz. Mit digitalen Features im Verkaufsraum, wie beispielsweise Beratungsterminals oder einem "Magic Mirror", der verschiedene virtuelle Outfits in das Spiegelbild des Kunden projiziert, könnten sich bislang die wenigsten Händler anfreunden.

Der Kunde im Fokus

Die Marktmacht der großen Onlinehändler, wie Amazon oder Ebay, sehen knapp 70 Prozent als Herausforderung für ihr Geschäftsmodell. Gleichzeitig bilden die Online-Marktplätze auch die Benchmark für Sortiment und Verfügbarkeit. Das wirkt sich auch auf den stationären Handel aus: Kundenansprüche steigen. Alle Artikel sollen jederzeit und überall verfügbar sein. Dies sei auch in Zeiten vernetzter Warenströme aufgrund der Artikelvielzahl nur schwer umsetzbar, gibt IHK-Experte Segerer zu bedenken. Die Strategie des stationären Handels sei die Stärkung des Einkaufserlebnisses, aber auch die Kundenansprache über mehrere Kanäle. "Es geht darum die Wünsche der Kunden zu erfüllen, egal ob On- oder Offline. Das müssen wir als Händler verinnerlichen", so Maximilian Mehler, Inhaber des gleichnamigen Modehauses in Oberviechtach und Mitglied im IHK-Handelsausschuss. Die Kundenansprache via Facebook sei für ihn genauso selbstverständlich wie die Onlinereservierung eines Personal Shopping Termins vor Ort.

Im Rahmen der E-Commerce-Offensive unterstützt die IHK Regensburg für Oberpfalz/Kelheim Händler in der Region bei der digitalen Transformation und bietet Informationen für Einsteiger genauso wie für E-Commerce-Profis. Details zu der E-Commerce-Offensive finden sich im Internet unter www.ihk-regensburg.de

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