Die Lösung im Kampf gegen Hunger?
Algen retten Leben: Studenten aus Regensburg starten ein Hilfsprojekt in Kenia

11.07.2017 | Stand 13.09.2023, 6:32 Uhr
−Foto: n/a

Mithilfe einer Algenfarm wollen neun Regensburger Studenten den Hunger im Osten Afrikas bekämpfen. Das Ziel ist eine nachhaltige Hilfe zur Selbsthilfe, die den Einheimischen einen Zugang zu einem Superfood geben soll. Erste Versuche in Bayern sind vielversprechend.

REGENSBURG Begonnen hat alles im Jahr 2016. Der Biologiestudent Alexander Zacharuk sah im vergangenen Juni eine TV-Dokumentation über den Turkana-See in Kenia. Die Region Turkana ist eine der ärmsten Regionen der Welt. Das Wasser des Turkana-Sees, dem größten Wasserreservoir der Region, ist aufgrund seines hohen Salzgehalts und des extremen pH-Wertes für Pflanzen und Nutztiere tödlich. Konstante Temperaturen jenseits der 30 Grad und lange Dürreperioden machen konventionelle Landwirtschaft unmöglich – so das Ergebnis der Dokumentation. Unterernährung und Hunger sind die Folge. Das wollte der Biologiestudent aber nicht so einfach akzeptieren.

Wo Landwirtschaft unmöglich scheint, sieht Alexander Zacharuk eine Lösung: Die Mikroalge Spirulina. „Spirulina kann sich durch Zellteilung exponentiell schnell vermehren und gilt aufgrund des hohen Vitamin- und Proteingehalts als Superfood. Zudem wächst es am besten unter hohen Temperaturen in einem Wasserbecken mit hohem pH-Wert“, so Zacharuk. Er ist davon überzeugt, dass sich Spirulina kostengünstig und ertragreich am Turkana-See anbauen lässt und man damit dem Mangelernährungsproblem entgegenwirken kann.

Gemeinsam mit Daniel Kotter, einem Student der Betriebswirtschaft, gründete Zacharuk das Projekt ThrivingGreen. Kennengelernt hatten sie sich durch den gemeinnützigen Verein „enactus“ Regensburg e. V.. Durch das Gedeihen der grünen Alge Spirulina sollen die Menschen vor Ort und die Region selbst aufblühen können. „Wir haben intensive Recherchen betrieben, uns die Spirulina-Startkultur besorgt, die ersten Labor- und Freiluftversuche in Regensburg durchgeführt, einen Business-Plan erstellt und uns bei Nachhaltigkeits- und Gründungswettbewerben beworben“, erzählt Daniel Kotter über die Anfangsphase. Nach und nach holten die beiden schließlich die weiteren sieben Mitglieder ins Boot. Unterstützung erfährt das Team außerdem von zwei Professoren der Universität Regensburg.

Die Mikroalge Spirulina: gesund, billig, effektiv

Warum eignet sich Spirulina so gut? Der Grund ist das Nährstoffprofil: Der Proteingehalt liegt bei 60 Prozent und umfasst alle essenziellen Aminosäuren, der Energiegehalt beträgt etwa 290 Kalorien pro 100 Gramm. Abgerundet wird das Ganze durch den hohen Anteil an Vitaminen, insbesondere Vitamin B und E, die für die Funktion des Stoffwechsels unabdingbar sind. Die Mikroalge Spirulina, die bereits seit Jahrhunderten bei Menschen im afrikanischen Tschad und in Mexiko auf der Speisekarte steht, wird seit einigen Jahren als sogenanntes Superfood in der westlichen Welt immer beliebter. Als landwirtschaftliches Produkt ist Spirulina ebenfalls besonders interessant. Der Ertrag pro Hektar ist bis zu 25 Mal höher als bei etablierten Gemüse- oder Getreidepflanzen. Dies liegt vor allem an den kurzen Erntezyklen von gerade einmal 25 Tagen. Der entscheidende Vorteil ist aber, dass Spirulina genau an die extremen Bedingungen des Turkana-Sees angepasst ist: Die Hitze, der Salzgehalt und pH-Wert, der für andere Agrarprodukte toxisch ist, garantieren gute Erträge.

Die erste Labor- wie auch Freiluftzuchtanlage wurde zwar schon letzten Sommer errichtet, jedoch fehlt dem Team der engagierten Studenten noch das Geld, um das Projekt groß zu machen. „Für den Bau der ersten Spirulinafarm, die aus zehn Zuchtbecken bestehen soll, wären insgesamt circa 7.000 Euro notwendig“, so Daniel Kotter. Die 120 Quadratmeter großen Zuchtbecken werden von kenianischen Bauunternehmen errichtet und kosten je um die 700 Euro. Wichtig ist den Studenten, dass die Zuchtbecken allesamt vor Ort durch die Einheimischen unter Verwendung von stets nur lokalen Ressourcen selber hergestellt werden können. Sie wollen „Hilfe zur Selbsthilfe“ geben und so sicherstellen, dass sich das Projekt durchsetzt und langfristig erfolgreich wird. Anfang April fliegen drei der Studenten nach Kenia, um dort die erste Algenzuchtanlage zu errichten und hiermit bereits 400 Menschen regelmäßig mit dem Superfood Spirulina zu versorgen.

Die Studenten betreuen den Ablauf vor Ort

Nach zwei Wochen werden sie von der der nächsten dreiköpfigen Gruppe ihres Teams abgelöst, die ebenfalls zwei Wochen in Kenia bleiben wird. Um sicherzustellen, dass der gesamte Prozess vom Aufbau bis zur Ernte 25 Tage nach Zuchtbeginn erfolgreich betreut wird, reist dann auch die dritte und letzte Gruppe hinterher. Die einfache Zucht und Zubereitung der Alge soll dann in weitere Dörfer getragen werden und die Lebensgrundlage vieler Menschen entscheidend verbessern.

Wer dieses Projekt finanziell unterstützen möchte, kann das am besten durch eine Spende auf das Konto des gemeinnützigen Vereines „enactus“ Regensburg e. V..

Weitere Informationen gibt es auch im Internet unter www.thriving-green.com.  

Regensburg