Mails
Spendenaffäre: Schlegl hatte offenbar doch ein Panama-Konstrukt

10.07.2017 | Stand 13.09.2023, 2:02 Uhr
−Foto: Foto: Christian Eckl

CSU-OB-Kandidat Christian Schlegl hatte offenbar doch ein Panama-Konstrukt, was seinen eigenen Wahlkampf angeht. Mails belegen, dass er einen Geschäftsführer des Bauteams Tretzel um Adressen anderer Spender bat.

REGENSBURG Zu einem skurrilen Termin kommt es diesen Donnerstag: Der designierte technische Leiter der Stadtbau GmbH trifft sich mit Joachim Becker, amtierender Allein-Geschäftsführer bei der städtischen Tochter. Was man sich sagen wird, dürfte spannend sein – und möglicherweise wird der Gesprächsverlauf sogar durchgestochen.

Denn bereits am 27. Juli kam es zu einer Aufsichtsratssitzung der Stadtbau, in der die Einstellung des neuen technischen Leiters erneut Thema war. Obwohl sie nicht auf der Tagesordnung stand, war es die CSU, hier vor allem Christian Schlegl, der Joachim Wolbergs in Sachen Spendenaffäre die Daumenschrauben anlegte. Er forderte, dass der technische Leiter neu ausgeschrieben werde. Grund: Die Mehrheit des Aufsichtsrates hatte sich für den Mann entschieden, der einst Geschäftsfüher beim Bauteam Tretzel war und eine Zwischenstation bei einer anderen Firma einlegte. Beide aber sollen immense Spendensummen an Wolbergs gespendet haben – allerdings nur, wenn man von einer großen Verschwörung ausgeht.

Pikant ist dabei aber dies: Christian Schlegl, der nach Bekanntwerden der Ermittlungen gegen Wolbergs gegenüber einem Blog von einen „Panama-Konstrukt“ sprach, kommt nun selbst in die Bredouille. Es gibt Mails und SMS-Verkehr, die bestätigen, dass die Schlegl-Spendenpraxis der Wolbergs entsprach – oder diese sogar noch völlig überflügelte: Während bei Wolbergs nämlich ein Team Briefe an potentielle Spender schickte und der SPD-Ortsverein Süd diese auch rechtmäßig von der Partei abnicken ließ, schickte Schlegl selbst Mails – mit pikantem Inhalt. So schreibt Schlegl wörtlich noch im Mai 2012 im Wortlaut: „Wie von Ihnen dankenswerterweise angeboten (sic!) schicke ich Ihnen auf diesem Weg die Daten für das Konto, auf das die Unterstützung für meine politischen Aktivitäten in Zusammenhang mit der anstehenden Kommunalwahl gehen sollen: Bürger für Regensburg.“ Es gibt auch Spendenquittungen des Geschäftsführers – über jeweils 9.500 und 9.950 Euro, Betreff Wahlkampf Schlegl. Zudem nennt er Schlegl vier Privatadressen höherer Tretzel-Mitarbeiter. Das ist nicht strafbar – aber es belegt, dass das Panama-Konstrukt bei Schlegl viel offensichtlicher existierte als bei Wolbergs.

„Bitte um Adressen für die Spendenquittungen“ Doch es wird noch offensichtlicher: „Ich bitte um Rückmeldung, an welche Empfängeradressen die Spendenquittung(en) ausgestellt werden soll(en)“, schrieb Schlegl am 15. Juli 2013. Darunter erscheint ein Konto bei der Liga-Bank mit allen Daten, diesmal der Stadt-CSU. Die Spendensumme, die von der CSU genannt wird „aus dem Umfeld der drei Bauträger“ Tretzel, Schmack und IZ – sie beläuft sich auf 90.000 Euro. Doch wie viel wurde auf den Bürgerverein gespendet? Der Vorsitzende Konrad Brenninger schwieg gegenüber dem Wochenblatt nach einer Anfrage eisern – die Spender „wollten“ die Veröffentlichung nicht.

Das Wochenblatt hatte bereits im April aus Koalitionskreisen davon erfahren, dass man den früheren Tretzel- und späteren IZ-Geschäftsführer einstellen wollte. In der Koalition hatte man sich auf den Mann geeinigt, weil man ihm die Position zutraute – und nicht etwa, weil er an Wolbergs’ SPD gespendet hatte. Fakt ist, dass SPD-Fraktionschef Norbert Hartl auf den Mann setzte – um den Kurs der Stadtbau sozialer zu gestalten. Das aber stieß bei Stadtbau-Geschäftsführer Joachim Becker, einem machtbewussten Wirtschaftslenker, auf wenig Gegenliebe – zudem ist das Verhältnis zwischen Becker und Wolbergs zerrüttet. Becker taxierte zwei weitere Bewerberinnen vor dem Geschäftsführer, der zwar technischer Leiter werden soll, aber kein Architektur- oder Ingenieurstudium aufweist. Was für den Geschäftsführer, der sowohl an Schlegl, als auch an Wolbergs gespendet hatte, eindeutig spricht: Das Durchschnittsgehalt der letzten 25 Jahre entspricht im Monat dem Fünffachen, was er bei der Stadtbau verdienen würde. Spendet man, damit man ein Fünftel seines Gehaltes bei einer durchaus im öffentlichen Feuer stehenden städtischen Tochter verdient? Dem Vernehmen nach will der neue technische Leiter am 1. September die Stelle bei der Stadtbau auch antreten. Wird er während der Probezeit ausgestellt, würde er vor dem Arbeitsgericht klagen.

Doch wird nun auch gegen Schlegl ermittelt, weil er ja auch Spenden von dem neuen technischen Leiter bekam? Nein, das nicht. Oberstaatsanwalt Theo Ziegler: „Stadträte sind als kommunale Mandatsträger grundsätzlich keine Amtsträger.“ Sie könnten sich nicht der Vorteilsannahme schuldig machen. Für Stadträte gilt stattdessen die speziellere Vorschrift des Paragraphen 108e Strafgesetzbuch der Bestechlichkeit und Bestechung von Mandatsträgern“, so Ziegler. Sie setze allerdings voraus, „dass der Stadtrat bei der Wahrnehmung seines Mandats eine bestimmte Handlung im Auftrag oder auf Weisung  vornimmt oder unterlässt und hierfür einen Vorteil erhält oder sich versprechen lässt“. Die Hürden seien viel höher. Zu Deutsch: Schlegl hat auch Glück gehabt, nicht als OB gewählt worden zu sein.

Schlegl: „Gegen mich wird nicht ermittelt“ Christian Schlegl wehrt sich vehement gegen den Vorhalt, im Wahlkampf in Sachen Spenden ein Panama-Konstrukt etabliert zu haben – trotz der Mail mit der Bitte um Zusendung der Adressen von Tretzel-Mitarbeitern. „Er hat angefangen, mit Dreck zu schmeißen. Das geht auch gegen meine persönliche Integrität“, sagte Schlegl Anfang Juli einem Blog.

Und auch gegenüber dem Wochenblatt zeigt er sich empört. „Ich habe nicht gegen die Empfehlung der Verwaltung und auf Antrag der SPD eine Beschlussvorlage zur Vergabe der Nibelungenkaserne an BTT betrieben und ihr auch nicht zugestimmt“, so Schlegl. Er habe den neuen technischen Leiter, übrigens bislang ein Duz-Freund Schlegls, nicht zum Statdbau-Chef gemacht. „Weiterhin habe ich nicht dafür gesorgt, dass Herr Tretzel in den Sparkassen-Verwaltungsrat berufen wurde“, so Schlegl. „Oder anders zusammengefasst: Nicht gegen mich wird in Sachen Korruption ermittelt.“

Alle Spenden, auch an den Bürgerverein, seien korrekt verbucht worden, so Schlegl weiter. Auf die Stückelung unter 10.000 Euro geht er in der Antwort nicht ein ...

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