Extremismus
Auch Regensburger Flüchtlinge wurden von Salafisten angeworben

10.07.2017 | Stand 13.09.2023, 2:06 Uhr
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Mehrere Hinweise gingen bereits bei der Polizei ein, dass Salafisten in Regensburg versuchten, Flüchtlinge für sich zu gewinnen. Gerade unbegleitete minderjährige Flüchtlinge sind dabei im Ziel der Extremisten. Die Behörden sind gewarnt und haben bereits gehandelt.

REGENSBURG Es ist ein Moment, bei dem einem das Blut in den Adern gefriert: Nachdem das Wochenblatt über die Nähe einer Salafisten-Moschee zu einer neuen Flüchtlingsunterkunft in der Alten Straubinger Straße berichtete, kam das Bayerische Fernsehen vor Ort vorbei. Eines der Mitglieder des Moschee-Vereins sagt diesen Satz in die Kamera: „In 20, 30 Jahren haben wir keinen einzigen Deutschen mehr in Deutschland. Der liebe Gott hat doch diesen Fleck Erde nicht für die Deutschen gemacht. Wo ist das Problem?“ Auf die Frage hin, ob man sich an der konkreten Integration der Flüchtlinge beteiligen wolle, sagte ein Mitglied des Moschee-Vereins diesen Satz: „Das ist Aufgabe der schlauen Köpfe der Regensburger, von Frau Merkel angefangen bis zu Euch runter“, sagte der Mann. „Prediger werden bald wieder eingeladen hierher“, so der Mann weiter.

Hier geht es zum Beitrag des Bayerischen Rundfunks über die Moschee in Regensburg: Link.

Nach den Anschlägen von Würzburg, Ansbach, aber auch dem Amoklauf eines in Deutschland geborenen 18-Jährigen, der selbst iranische Wurzeln hatte, von Migranten aber gemobbt worden sein soll, stellt sich die Frage: Wie kann man verhindern, dass Flüchtlinge, die in Deutschland Schutz suchen, nicht radikalisiert werden? Das Landesamt für Verfassungsschutz berichtet gegenüber dem Wochenblatt, dass die Behörde „im Zeitraum September 2015 bis Juli 2016 rund 100 Hinweise bekommen hat auf mutmaßliche Kontaktaufnahmen von Islamisten zu Flüchtlingen in Bayern. Rund ein Drittel davon hatten einen salafistischen Hintergrund“, so der Verfassungsschutz. Angewiesen sei man auch darauf, dass das Umfeld hellhörig sei. „Um auf Radikalisierungsprozesse von Einzelpersonen aufmerksam werden zu können, brauchen wir einen sogenannten Anfasser. Das können Kontakte in der von uns beobachtete salafistischen Szene sein. Das können insbesondere aber auch Hinweise sein, die wir aus der Bevölkerung heraus bekommen“, so der Verfassungsschutz weiter. „Solche Hinweise sind sehr wichtig für unsere Arbeit. Sie können aus dem familiären Umfeld kommen, aus der Schule, aus Moscheen, oder – bei Flüchtlingsunterkünften – von den Flüchtlingen selbst oder von den Mitarbeitern in den Unterkünften.“

Keine Kenntnisse über psychische Probleme

Wie vergangene Woche der Leiter der Radikalisierungs-Hotline beim Bundesamt für Migration sagte, seien es vor allem unbegleitete minderjährige Flüchtlinge, die im Moment in den Fokus von Radikalen geraten sind. In der Stadt Regensburg sind es 200 unbegleitete minderjährige Flüchtlinge – 198 Jungen kommen auf zwei Mädchen. Mehr als 100 der Jugendlichen sind aus Afghanistan, lediglich 50 aus Syrien. Das jüngste Kind in der Stadt ist neun Jahre alt, doch auch einen 21-Jährigen zählt man noch zu den unbegleiteten Minderjährigen. Im Landkreis betreut man 141 minderjährige Flüchtlinge, die ohne Erwachsene nach Deutschland kamen. Wie die psychische Situation der Erwachsenen ist, die als Flüchtlinge in Deutschland Schutz suchen, wissen die Behörden offenbar nicht. „Uns liegen keine näheren Informationen vor“, schreibt etwa das Landratsamt auf die Frage hin, ob psychische Probleme aufgrund von Kriegstraumata bekannt seien. Der Täter aus Ansbach etwa hatte sein sechs Monate altes Kind und seine Frau verloren – eine Situation, in der wohl kaum ein Mensch ohne psychische Beeinträchtigung weiterleben könnte. Nur bei den Jugendlichen kann das Landratsamt Auskunft geben: „Viele Jugendliche sind belastet. Jeder hat andere Fähigkeiten und Strategien, mit den Belastungen umzugehen.“

Insgesamt sind derzeit – neben den etwa 350 unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen – mehr als 2.600 Flüchtlinge in Stadt und Landkreis Regensburg untergebracht. Sie sind im Fokus von Salafisten, das ist klar: „Im November 2015 warben Angehörige, welche der salafistischen Szene zugeordnet werden konnten, mit Geschenken in einer Gemeinschaftsunterkunft. Gegen diese Personen wurde daraufhin ein Hausverbot ausgesprochen“, so die Regierung der Oberpfalz. In Abstimmung mit der örtlichen Polizei und dem Verfassungsschutz werden Unterkunft und Umgebung noch genauer beobachtet. Offenbar sind aber nicht die Geflüchteten das Problem, im Gegenteil: „Gegenwärtig sind keine Fälle von Anzeichen von Radikalisierung Einzelner in den Unterkünften bekannt geworden.“ Vielmehr müssen die Behörden dafür Sorge tragen, dass sie vor Anwerbern geschützt werden. Gegen die Betreiber der Al Rahman-Moschee indes wurde bislang nichts weiter unternommen. Dabei hat sich der einstige Vorsitzende des Vereins, Kamal Yussef, der mittels einer Stiftung Geld gesammelt hatte für einen Moschee-Neubau, abgesetzt. Die Regierung schreibt wörtlich: „Der ursprüngliche Antragsteller aus dem Jahr 2013 hat sich nach unserer Kenntnis nach Ägypten abgesetzt. Die Stiftung ist nicht anerkennungsfähig“, so die Regierung.

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