Gericht
Gewalttat in der Albertstraße: Gestiefelt, als das Opfer noch am Boden lag

10.07.2017 | Stand 13.09.2023, 2:03 Uhr
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Die Brutalität der Tat war erschreckend: Am 1. Juni 2015 kam es am Nachmittag in unmittelbarer Nähe zum Milchschwammerl zu einer Schlägerei. Ein am Boden liegender Mann wurde offenbar brutal gestiefelt, obwohl er bereits bewusstlos war. Jetzt standen die mutmaßlichen Täter vor Gericht.

REGENSBURG Seit Montag, 25. Juli, müssen sich ein 32-jähriger Mann und eine 31-jährige Frau vor dem Landgericht Regensburg verantworten. Die Anklage wirft den beiden Deutschen vor, am 1. Juni 2015 gegen 14 Uhr einen Mann am Boden gestiefelt zu haben, obwohl er bereits bewusstlos war. Die Anklage lautet auf versuchten Totschlag und gefährliche Körperverletzung. Ein dritter Angeklagter, ein Pole, ist nicht auffindbar. Er soll den ersten Schlag ins Gesicht verübt haben, der das Opfer zu Boden brachte.

Beide Angeklagten machten keine Angaben, ließen aber ihre Rechtsanwälte eine Erklärung abgeben. „Es fällt ihm relativ schwer, zu den angeklagten Taten Stellung zu nehmen, da er am Tag zuvor schon Speed konsumiert hatte“, schilderte Rechtsanwalt Jan Bockemühl. Mehr als ein halbes Gramm habe er am Vortag genommen, am Tattag nochmals eine „Nase Crystal“, so Bockemühl. Im Park am Milchschwammerl konsumierte man dann noch eine Flasche Jägermeister – eine Literflasche. Er selbst hätte etwa bis zur Hälfte davon getrunken. Das Opfer habe die Mittäterin angemacht, „was mein Mandant beenden wollte.“ Mindestens einen Faustschlag habe er dem Mann daraufhin gegeben, weitere Schläge wurden ausgeteilt. „An Tritte gegen den Kopf hat er keinerlei Erinnerungen mehr“, so sein Anwalt.

Der 32-Jährige ist gebürtiger Nürnberger, mit zehn Jahren zog er in die Nähe von Parsberg, dort absolvierte er die Förderschule. Nach Regensburg kam er mit 15 in ein Heim. Er arbeitete als Leiharbeiter, absolvierte aber schließlich eine Lehre als Lagerist, bekam aber keinen Job, bevor er schließlich eine Chance bei BMW als Leiharbeiter bekam. Doch die vertat er, rutschte in die Drogensucht ab. Zuletzt lebte er ein halbes Jahr auf der Straße. Das Leben finanzierte der Staat mit Hartz IV. Schulden hat er aus nicht bezahlten Handy-Rechnungen. „Da kommt schon einiges zusammen“, sagte der Mann.

„Meine Mandantin kann sich aufgrund ihrer erheblichen Alkoholisierung nicht mehr an das Tatgeschehen erinnern“, sagte auch der Anwalt der 31-jährigen Angeklagten, Dr. Georg Karl.

Das Gericht musste dann noch der Frage nachgehen, welches Schuhwerk die beiden Angeklagten getragen hatten – denn es ging auch um die Frage, ob sie ihr Opfer hätten töten können. Während der 32-Jährige mit halbhohen Sportschuhen unterwegs gewesen sein will, die er auch bei der Verhandlung trug, will die 31-Jährige „den ganzen Sommer nur barfuß unterwegs gewesen sein“, so ihr Anwalt. Die gebürtige Kelheimerin habe eine schwere Kindheit gehabt, sie sei ein Mobbing-Opfer und die Eltern seien Alkoholiker gewesen. Sie habe selbst zu trinken begonnen. Mit 18 wird sie das erste Mal schwanger, das Kind geht ab – mit 19 bekommt sie dann, 2004, ihre erste Tochter. 2006 bekommt sie eine weitere Tochter, 2012 noch einen Sohn. Heute hat sie keinen Kontakt mehr zu ihren Kindern. Über Jahre hinweg trank sie zwei Flaschen Whiskey am Tag, die Folgen merkt man der Frau bis heute an.

Das Opfer schilderte im Zeugenstand, wie sich die drei Täter über ihn hergemacht hatten. „Nach dem zweiten Schlag weiß ich nichts mehr“, so der Mann, der selbst in der Albertstraße getrunken hatte. Seit der Tat sei er krankgeschrieben, er habe auf einer Seite das Gehör verloren.  

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