Kolumne
Von widerspenstigen Pfarrern und dem Fascinator als Schmuck für blonde Münchner Mädels

09.07.2017 | Stand 13.09.2023, 2:52 Uhr
−Foto: Foto: merydolla / 123RF Lizenzfreie Bilder

Autor Christian Eckl hat eine Hochzeit als Gast besucht. In der Rubrik "Meine Woche" schreibt er über einen widerspenstigen Pfarrer und etwas gewagtem Kopfschmuck.

REGENSBURG Ich bin am Wochenende zu einer Hochzeit in Niederbayern, genauer gesagt im Bayerischen Wald eingeladen. Das Wetter ist herrlich, die Hochzeitsgesellschaft trotz der Hitze vergnügt und heiter – und der Pfarrer ist bei der Trauung eine echte Schau. Weil die Braut in der Dialektforschung tätig ist, spricht Hochwürden die Predigt auf Bayerisch, freut sich, dass „die Scheena und die Schiachn“ gekommen sind und empfiehlt dem Paar, öfters mal zu schmusen. Nach der Hochzeitsmesse bin ich baff über den Pfarrer, der neben der Seelsorge als Pfarrvikar eigentlich in der Betreuung als Seelsorger in einer Behinderteneinrichtung arbeitet. Bei der Hochzeitsfeier taucht er auf: Er trägt ein bescheidenes Holzkreuz und am Armgelenk ein regenbogenfarbenes Perlenarmband, beides von behinderten Menschen gefertigt für ihn. Im Gespräch verrät er mir dann, dass er einer der Unterzeichner eines Briefes an den Bischof von Passau, Stefan Oster, ist. 20 Priester der Diözese werfen Oster vor, durch seine Ablehnung des neuen kirchlichen Arbeitsrechts „bittere Auseinandersetzungen“ zu riskieren. „Die bisherige Regelung hat zu einer Atmosphäre der Angst, der Heimlichtuerei und der Denunziation geführt“, schrieben die Priester ihrem Bischof ins Stammbuch. Der Pfarrer unserer Hochzeitsmesse spricht mit mir vor dem Gasthaus, in dem gerade gefeiert wird, vorsichtig und bedacht. „Wir haben alle nichts mehr zu verlieren“, sagt der Mann, der wohl um die 55 ist. Altehrwürdige Prälaten haben mit ihm unterzeichnet. Sie finden, es ist nicht in Ordnung, wenn die Kirche Leute ausstellt, weil sie nach einer schmerzhaften Scheidung eine neue Ehe eingehen. Ich bin von dem Mann beeindruckt. Aber was mich noch viel mehr beeindruckt: Im konservativen Niederbayern habe ich niemanden auf der Hochzeit gefunden, der nicht die Meinung dieses Pfarrers teilt.

Der „Fascinator“ Auf jeder richtigen Hochzeit gibt es natürlich Tratsch über einen der Gäste. Ich meine damit nicht das Gerede darüber, was nun der oder jener zwischenzeitlich macht und warum der einstige Klassenschwarm so „gwampert“ worden ist. Vielmehr handelt es sich dabei zumeist um grazile Damen aus der bayerischen Metropole München, die auf ihren Stöckelschuhen abzubrechen drohen – weniger wegen der Stöckelhöhe als vielmehr wegen ihrer dünnen Beinchen. Auch bei besagter niederbayerischer Hochzeit ist ein solches Exemplar aus der Großstadt mit dabei und die Dame fällt deshalb auf, weil sie sich etwas in die Haare geklemmt hat, was nach „fachfraulicher“ Aussage ein „Fascinator“ ist. Das sind diese kleinen Hütchen oder – wie in diesem Fall – nur Federn, die man sich seitlich ans süße Köpfchen steckt und damit die Männer beeindrucken will. Beliebt ist so ein Haargebinde auch in Adelskreisen, Herzogin Kate ziert ihr braunes Haar mit sowas, wenn sie William begleitet. Das einzige, was der mitgebrachte Hochzeitsgast mit Federhut übrigens der Braut klagt, als sie ihr begegnet ist, dass sie fünf Kilo zugenommen hat. Die Braut flüstert mir nach besagtem Gespräch zu: „Wahnsinn, dann war sie zuvor ja magersüchtig!“

72 Jungfrauen ... Jetzt kann ich mir aussuchen, wer mich mit einem Shitstorm überzieht, amazonenhafte Emanzen oder all jene, die sofort aufschreien, wenn auch nur der Verdacht besteht, man würde zündeln. Ich schildere jetzt einfach mal meine Gedanken. Wir sind wieder an meinem derzeitigen Lieblingsort, dem Freibad. Ich schwimme so vor mich hin (über pornobrillentragende, durchtrainierte Poser am Beckenrand habe ich hier ja schon sinniert), mache mir meine Gedanken über dieses und jenes.

Da sehe ich eine Gruppe junger Flüchtlinge am Beckenrand. Der Gedanke schießt durch meinen Kopf: Ah, die können ja nicht schwimmen, da muss man aufpassen. Dann sehe ich, wie die Jungs glückselig den vorbeilaufenden Mädels im Bikini nachgucken. Es pfeift zwar keiner, aber man kann schon ganz gut sehen, welche Gedanken die jungen Männer haben. Nun habe ich in den letzten Wochen oft gehört, die armen deutschen Mädels, manche fühlen sich nun geradezu bedrängt, vor allem im Freibad. Die Jungs sind offenbar aus Syrien oder Irak, jedenfalls aus dem Nahen Osten. Dann fällt mir wieder ein, was ich gerade in den Nachrichten gehört habe. Dass nämlich immer mehr in Deutschland lebende Jugendliche, oft mit Migrationshintergrund, aber immer öfter auch „deutschstämmig“ (kurioses Wort) in den Heiligen Krieg ziehen und am Ende als „Märtyrer“ sterben. Dort warten dann 72 Jungfrauen auf den toten Jungspund im Paradies. „Hey, Jungs, ihr habt es richtig gemacht“, denke ich mir über die Flüchtlingsjugendlichen am Beckenrand. Die müssen meinen, hier im Paradies zu sitzen. Ob das nun wirklich alles Jungfrauen sind im RT, darf gut und gerne bezweifelt werden. Aber glauben darf man ja alles ...

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