74-Jähriger vergriff sich an seinem Stiefenkel
Landshut: Pensionierter Polizist wegen Kindesmissbrauchs verurteilt

08.07.2017 | Stand 02.08.2023, 5:20 Uhr
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Ein 74 Jahre alter ehemaliger Polizist ist in Landshut zu einer Strafe von 23 Monaten auf Bewährung verurteilt worden. Der Mann hatte über vier Jahre hinweg seinen Stiefenkel sexuell missbraucht.

LANDSHUT Von Alterspädophilie wurde ein 74-jähriger pensionierter Polizeibeamter aus Niederaichbach offenbar „übermannt”, als er seinen damals elfjährigen Stiefenkel zum ersten Mal sexuell missbrauchte. In den folgenden vier Jahren wurden die sexuellen Übergriffe zur Gewohnheit. Vor der Jugendkammer beim Landgericht Landshut kam der schwer kranke 74-Jährige mit einer Freiheitsstrafe von 23 Monaten, die zur Bewährung ausgesetzt wurde, davon.

Laut der von Staatsanwältin Dr. Maria Limmer vertretenen Anklage kam es von Oktober 2007 bis August 2011 zu regelmäßigen sexuellen Übergriffen des Ex-Polizisten auf seinen Stiefenkel. Angefangen hatte es relativ harmlos: Der damals elfjährige Bub übernachtete bei seinem „Stiefgroßopa”, wie er ihn liebevoll nannte. Bis in den späten Abend spielte man zunächst mit der Ehefrau des 74-Jährigen und der Schwester des Buben „Mensch-ärgere-dich-nicht”. Als die Mitspielerinnen ins Bett gegangen waren und der „Stiefgroßopa” dann mit dem Buben allein war, zog sich der 74-Jährige plötzlich aus und entkleidete auch den Buben, vergriff sich dann an ihm.

Ein Jahr später und in der Folgezeit bis zum 15. Lebensjahr des Buben, kam es dann zu weiteren und intensiveren sexuellen Übergriffen – teilweise in der Wohnung des Pensionisten und manchmal auch im Auto auf einem Parkplatz. Für seine „Dienste” bekam der Schüler zur „Belohnung” Geldbeträge zwischen 10 und 20 Euro, zuletzt auch noch zusätzlich mal eine Schachtel Zigaretten. Auf insgesamt 22 Fälle des sexuellen Missbrauchs von Kindern und 15 Fälle des sexuellen Missbrauchs von Jugendlichen lautete die Anklage.

Aufgeflogen waren die sexuellen Umtriebe, als sich der Stiefenkel – inzwischen 17 – seiner Freundin anvertraut hatte und von der dann zu einer Anzeige überredet wurde, wie ein Kripobeamter im Prozessverlauf berichtete. Noch vor der Prozess-Terminierung hatte der inzwischen 18-Jährige bekundet, dass er an der Strafverfolgung des 74-Jährigen kein Interesse mehr habe und auch nicht mehr als Nebenkläger auftrete.

Der Ex-Polizist hatte sich bei ihm entschuldigt und der 18-Jährige die Entschuldigung akzeptiert, zumal sich der „Stiefgroßopa” auch zu einer Schmerzensgeldzahlung in Höhe von 15.000 Euro verpflichtet hatte. Aufgrund dieser aktuellen Entwicklung kam es auf Initiative der Verteidiger Patrick Schladt und Christian Schmid zu Verständigungsgesprächen zwischen den Prozessbeteiligten und der 74-Jährige legte ein umfassendes Geständnis, in dessen Rahmen er keinerlei Abstriche an der Anklage machte, ab.

Er bereue die sexuellen Übergriffe zutiefst, wisse, dass er große Schuld auf sich geladen habe und schäme sich dafür, ließ er über seine Verteidiger bekunden. Das Sachverständigengutachten bescheinigte dem Ex-Polizisten eine nach Herzinfarkten und Schlaganfällen schwer angeschlagene Gesundheit, aktuell leide er an Depressionen, Schlafstörungen und Zukunftsängsten. Wegen pädophiler Neigungen seien bei dem 74-Jährigen, der früher auch in der Jugendarbeit aktiv gewesen sei, in der Vergangenheit nie aufgetreten, bis sich eine so genannte Alterspädophilie eingestellt habe. Dazu hätten sich bei ihm auch hirnorganische Beeinträchtigungen eingestellt, so dass für die Taten von einer verminderten Schuldfähigkeit auszugehen sei.

Das Geständnis, der von ihm vorgenommene Täter-Opfer-Ausgleich und nicht zuletzt die verminderte Schuldfähigkeit waren letztlich ausschlaggebend, dass sich die Prozessbeteiligten auf eine moderate Freiheitsstrafe von 23 Monaten, die zur Bewährung ausgesetzt wurde, geeinigt hatten. Mit diesem Strafmaß bleiben dem Ex-Polizeibeamten auch die Pensionsansprüche erhalten. Straferschwerend, so hatte Staatsanwältin Dr. Limmer ins Feld geführt, fielen die lange Dauer und die Vielzahl der Übergriffe, die zuletzt auch relativ intensiv gewesen seien, ins Gewicht: „Die wurden praktisch zur Gewohnheit.” Verteidiger Schladt hatte strafmildernd noch ins Feld geführt, dass der 74-Jährige mit seinem umfassenden Geständnis eine längere Beweisaufnahme mit der Vernehmung des Geschädigten erspart habe: „Deshalb ist es besonders werthaltig.”

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