Automaten statt Wursttheke
„Darf’s a bisserl mehr sein?“ Das war einmal

11.09.2019 | Stand 13.09.2023, 2:00 Uhr
Alexander Schmid
−Foto: n/a

Eine Metzgerei im Landkreis Landshut schließt ihr Ladenlokal, weil sie kein qualifiziertes Personal mehr findet. Frische Wurst gibt es aber trotzdem noch – allerdings fragt jetzt niemand mehr: „Darf’s a bisserl mehr sein?“ Automaten mit Bezahlterminal ersetzen jetzt in der Filiale in Vilsbiburg das Personal.

VILSBIBURG Die ältere Dame schaut etwas verdutzt, als sie am Montagmorgen die Metzgerei Schmalhofer in Vilsbiburg betritt. „Wo ist denn der Laden hin?“, fragt sie. Den Laden, den sie jahrzehntelang kannte, gibt es seit letztem Donnerstag nicht mehr. Auch nicht mehr die freundlichen Verkäuferinnen, von denen sie täglich bedient wurde. Frische hausgemachte Wurst gibt es aber immer noch. Die liegt jetzt allerdings nicht mehr in der meterlangen Auslage, sondern in zwei Automaten gleich hinter der Eingangstür. Mittlerweile das Stadtgespräch in Vilsbiburg.

Eine Metzgerei ganz ohne Bedienung, ohne jemanden, der fragt, ob‘s vielleicht ein bisserl mehr sein darf – das kannte man bisher in der kleinen Stadt im Landkreis Landshut nicht. Metzgermeister Wolfgang Schmalhofer (44) ist diesen Schritt auch nicht ganz freiwillig gegangen. Die Personalnot hat ihn dazu getrieben.

Bereut hat er den Schritt bisher aber nicht. „Die Automaten“, sagt er, würden von der Kundschaft ganz gut angenommen. „Da kann man sogar mit dem Smartphone oder EC-Karte bezahlen“, erzählt der 44-Jährige. Und die Wurst ist ja die gleiche, wie vorher auch. Alles garantiert aus eigener Produktion. Nur der Verkauf läuft jetzt halt ein bisschen unpersönlicher ab.

Nicht unbedingt ein Nachteil, glauben Schmalhofer und seine Frau Brigitte, mit der er zusammen die Metzgerei betreibt. Die Kunden würden es schätzen, dass sie jetzt an sieben Tagen in der Woche von 6 bis 21 Uhr frische Weißwürste, Leberkäs und Hausmachersalami bekommen. Mehr Verpackung fällt auch nicht an. Schließlich musste ja auch die Wurst im Laden eingepackt werden. Dafür kann man aber jetzt an sieben Tagen die Woche einkaufen statt wie bisher an fünf. Vor allem am Samstag und Sonntag lief das Geschäft gut.

Seit 1970 gibt es die Metzgerei in der Oberen Stadt. Bis zuletzt stand die Mutter von Metzgermeister Wolfgang Schmalhofer im Laden und führte das Geschäft. „Lange hätte das aber nicht mehr funktioniert“, sagt der 44-Jährige. Schließlich sei die auch schon 70 Jahre alt und eigentlich schon längst im Rentenalter. Als dann noch Verkäuferinnen in den Altersruhestand gegangen sind – einige hatten trotz Rente noch weitergearbeitet – es keine Aussicht auf qualifizierten Nachwuchs gab und noch dazu eine Angestellte aus gesundheitlichen Gründen längerfristig auszufallen drohte, trafen er und seine Frau eine drastische Entscheidung: „Wir haben uns dazu entschlossen, den Laden nach der Sommerpause nicht mehr aufzumachen“, sagt Brigitte Schmalhofer. Vier bis fünf ausgebildete Verkäuferinnen hätte man gebraucht, um den Laden weiterzuführen. In der aktuellen Situation auf dem Arbeitsmarkt ein Ding der Unmöglichkeit. Und ungelerntes Personal wollte man nicht hinter der Theke haben.

Vor der jetzt gähnend leeren Wursttheke wurden Trennwände eingezogen und zwei Automaten aufgestellt. Das ging alles innerhalb von einer Woche über die Bühne. „Die Automaten sind schnell lieferbar“, sagt der Metzgermeister. Auch mussten sich die Schmalhofers in der Produktion nicht umstellen. Das Hauptstandbein war mittlerweile sowieso nicht mehr der Laden, sondern der Großhandel. Die Vilsbiburger Metzgerei liefert großen Bäckereien für deren Imbisstheke die Wurstwaren, beliefert außerdem SB-Märkte in der Region. Die Päckchen, die an die Geschäftspartner gehen, liegen jetzt halt auch in den gekühlten Automaten. Klar ist alles unpersönlicher, aber was soll man machen, wenn es keinen qualifizierten Nachwuchs mehr gibt. „Daran wird sich auch in den nächsten Jahren nichts ändern“, glauben die Schmalhofers. Sohn Lukas (8) hat in den ersten Tagen den Kunden bei der Bedienung geholfen. Mittlerweile klappt es aber wie am Schnürchen. „Die meisten finden es gut“, sagen die Schmalhofers, die sich über mangelnden Umsatz nicht beklagen können. Es läuft sogar so gut, dass manche Wurstfächer in den Automaten leergekauft sind und man mit dem Nachfüllen nicht hinterherkam. „Das muss sich jetzt noch einspielen. Es gab ja niemanden, den wir nach seinen Erfahrungen hätten fragen können“, so der 44-Jährige.

Die Schmalhofers denken jedenfalls schon über den nächsten Schritt nach: Fleisch aus dem Automaten. Platz für weitere Geräte wäre noch.

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