Wilde Verfolgungsjagd unter Drogen
Vier Jahre Haft für den Straßenrowdy

14.12.2018 | Stand 03.08.2023, 21:10 Uhr
−Foto: Foto: KM

Unfassbar, was sich vergangenen Sommer in der Mittagszeit in Landshut abspielte: Ein damals 37-Jähriger lieferte sich eine halsbrecherische Verfolgungsjagd mit der Polizei und bretterte mit teils 150 Sachen wie ein Irrer durch Landshuts Straßen und Innenstadt. Mit im Gepäck: Drogen!

LANDSHUT Am Mittwoch vergangener Woche verurteilte ihn die sechste Strafkammer des Landgerichts Landshut zu vier Jahren Knast, unter anderem wegen vorsätzlicher Gefährdung des Straßenverkehrs in Tateinheit mit fahrlässiger Körperverletzung, Sachbeschädigung und unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln. Die Unterbringung des Drogenabhängigen in einer Entziehungsanstalt wurde abgelehnt.

Der Angeklagte, ein Deutsch-Niederländer, ist bei Gericht bekannt wie ein bunter Hund. Immer wieder wurden ihm in der Vergangenheit Strafen wegen diverser Drogendelikte aufgebrummt. Doch was er sich am 16. August letzen Jahres leistete, ist der Höhepunkt seiner bisherigen kriminellen Laufbahn: Unter Bewährung stehend, entwich er aus der Therapie und wurde per Haftbefehl gesucht, als er sich mit bereits überhöhter Geschwindigkeit gegen 12.15 Uhr einer Polizeikontrolle auf der A92 zwischen den Anschlussstellen Altdorf und Landshut-West näherte.

Beinahe filmreif lieferte er sich nach einem kurzen Stopp eine rasante Verfolgungsjagd mit mehreren Streifenwägen. Zahlreiche Passanten mussten sich mit einem Sprung zur Seite in Sicherheit bringen. Der Angeklagte raste über Gehsteige, überfuhr rote Ampeln. Auch vor der belebten Innenstadt machte er auf seiner Flucht nicht Halt und raste über den Dreifaltigkeitsplatz und durch die Ländgasse mit knapp 100 Sachen.

Im Bereich der Gustl-Waldau-Straße kollidierte er dann mit zwei Verkehrszeichen und rammte einen geparkten Mini Cooper, der durch die Wucht des Aufpralles auf zwei weitere Mercedes aufgeschoben wurde. Es entstand dabei ein Sachschaden von 40.531 Euro. Seine Ex-Freundin, die zusammen mit einem weiteren Bekannten im Fluchtauto saß, erlitt dabei ein Schleudertrauma und eine Gehirnerschütterung.

Eine entnommene Blutprobe beim Angeklagten ergab, dass er zur Tatzeit unter Drogeneinfluss stand. Bei der Durchsuchung des Fahrzeugs wurde außer Heroin und Haschisch ein größerer Geldbetrag und ein auf den Fahrzeugführer ausgestellter, gefälschter dänischer Führerschein aufgefunden. Gegen den 39-Jährigen lag außerdem ein Haftbefehl zur Strafvollstreckung vor – er hat noch eine mehrjährige Restfreiheitsstrafe wegen Einfuhr von Betäubungsmitteln zu verbüßen.

Bereits zu Prozessbeginn legte er ein Geständnis ab und begründete die Fahrt damit, dass er wieder Drogen gebraucht habe. Wegen seiner langjährigen Drogenabhängigkeit wurde die Frage einer Unterbringung in einer Entziehungsanstalt in den Raum gestellt. Landgerichtsarzt Dr. Hubert Näger, der den Angeklagten kennt und ihm bereits eine Polytoxikomanie attestierte, sah in seinem psychiatrischen Gutachten keine Erfolgsaussichten in der Unterbringung des 39-Jährigen. Bereits zweimal habe der Angeklagte eine Therapie abgebrochen und sei abgehauen.

Die Erfolglosigkeit einer dritten Entziehung sah auch Staatsanwalt Achim Kinsky in seinem Plädoyer und forderte sechs Jahre Haft. Er habe „die schwere Kindheit und die Drogenabhängigkeit nicht als strafmildernd anerkennen“ können. „Sämtliche Therapien und Strafen haben bei ihm nicht gefruchtet und er hat die Gefährdung anderer in Kauf genommen“, erklärte Kinsky. Verteidiger Peter Weitzdörfer indes verwies auf die Dringlichkeit einer Therapie, da ein sexueller Missbrauch in der Kindheit schuld sei für die Drogensucht des Angeklagten.

Mit dem Urteil blieb die Kammer unter dem geforderten Strafmaß des Staatsanwalts. Der Angeklagte muss zusätzlich für die nächsten zwei Jahre den Führerschein abgeben.

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