Der Behandler als Sex-Monster
Missbrauch statt Physiotherapie – und der Ehemann saß vor der Tür

10.04.2018 | Stand 20.07.2023, 18:29 Uhr
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Der Prozess sorgte 2016 für Furore: Ein Physiotherapeut (45) aus Dingolfing entpuppte sich als Sextäter. Er zwang geschwächte Patientinnen auf seiner Praxisliege zu sexuellen Handlungen. Das Landgericht Landshut verurteilte ihn bereits vor zwei Jahren wegen sexuellem Missbrauch unter Ausnutzung eines Behandlungsverhältnisses in fünf Fällen zu einer Haftstrafe von zwei Jahren und neun Monaten. Hinzu kam ein fünfjähriges Berufsverbot sowie Schmerzensgeldzahlungen. Seither sitzt der gebürtige Landshuter in der JVA Landshut und unterzieht sich einer Sexualtherapie.

LANDSHUT/DINGLFING Eine Patientin suchte bei ihm Hilfe aufgrund massiver Kopfschmerzen, verursacht von einer Gehirnblutung. Sie stand deshalb unter starkem Morphium-Einfluss. „Meine Tochter sah den Prozessartikel im Wochenblatt und meinte, das ist er doch! Sie hat mich dazu bewogen, Anzeige zu erstatten“, erklärte die 48-jährige Ex-Patientin aus Simbach bei Landau.

Bei der zweiten Sitzung am 19. März 2015 startete der Angeklagte mit der verordneten Kopfmassage, wanderte allerdings schnell runter zu ihrer Brust, um diese zu massieren. Er küsste sie und forderte sie auf, sich auf den Bauch zu drehen. Mit entblößtem Geschlechtsteil stand er plötzlich neben ihrem Kopf, nahm ihre Hand und führte mit ihr Masturbationsbewegungen durch. Anschließend betatschte er sie auf unterschiedlichste Weise zwischen den Beinen. „Er stöhnte erst ganz nah an meinem Gesicht, dann ging es los. Starr und still habe ich nur gehofft, dass die 40 Minuten einfach nur schnell vorüber gehen würden“, erklärte die Frau vor Gericht. Besonders schlimm: Ihr Ehemann saß draußen vor der Tür, um auf sie zu warten.

Aus Angst, dass er ihrer Tochter dasselbe antun würde, offenbarte sie ihr, was passierte. Ihrem Mann, erzählte sie nichts, weil sie sich zu sehr schämte. Seitdem leidet die Frau an einem schweren Trauma und Panikattacken, wie aus einem ärztlichen Attest hervorgeht. 18 Kilo hat sie seitdem verloren, in der Nacht spürt sie seine Nähe, wie sie selbst sagt. Wochenlang befand sie sich deswegen auch in stationärer psychosomatischer Behandlung, die nun ambulant fortgesetzt wird. Unter Tränen warf sie ihm vor, ob er überhaupt weiß, was er ihr und ihrer Familie damit angetan hat und auch den anderen Frauen zuvor. Über seinen Verteidiger entschuldigte sich der Angeklagte und gab die Tatvorwürfe zu.

Der sachbearbeitende Kriminalhauptkommissar berichtete, dass sich aufgrund dem Verurteilungsbericht in den Medien weitere Geschädigte meldeten, darunter die 48-jährige Patientin aus Simbach.

Die sechste Strafkammer des Landgerichts Landshut verurteilte den ehemaligen Physiotherapeuten erneut wegen sexuellem Missbrauch unter Ausnutzung eines Behandlungsverhältnisses zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten, unter Einbeziehung des Urteils von 2016. Das Berufsverbot bleibt aufrecht erhalten. Die 48-Jährige erhält unter anderem einen Schmerzensgeldanspruch von 5000 Euro.

„Ich hoffe, dass keine weitere Welle von Geschädigten auf uns zukommt, wenn jetzt wieder über diesen Fall in der Zeitung berichtet wird“, so der Vorsitzende Richter Ralph Reiter abschließend.

Landshut