Bei Südfleisch und Vion insgesamt 560.000 Euro veruntreut
Ehemaliger Schlachthof-Finanzchef muss in den Knast

11.07.2017 | Stand 03.08.2023, 7:44 Uhr
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Er hatte zunächst bei Südfleisch und dann bei Vion eine steile Karriere vom Buchhalter zum „Head of Finance”, sprich Finanzchef, gemacht. Das in ihn gesetzte Vertrauen nutzte der 59-jährige ehemalige Geschäftsführer, um insgesamt 560.000 Euro für sein Pferde-Hobby und den Reitstall seiner Tochter „abzuzweigen”.

LANDSHUT Wegen Untreue handelte er sich jetzt vor der Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts eine Freiheitsstrafe von dreieinhalb Jahre ein, seine Tochter (39) kam wegen Beihilfe mit einer Bewährungsstrafe davon.

Bereits zum Prozessauftakt hatte der 59-Jährige eingeräumt, seine Zuständigkeit für das Rechnungs- und Zahlungswesen sowohl bei der Südfleisch als auch bei Vion genutzt zu haben, um im Zahlungssystem der Unternehmen den von seiner Tochter betriebenen Pferdesportclub und später seinen eigenen Stall als Kreditoren anzulegen und dann von August 2010 bis Dezember 2014 mit insgesamt 56 fingierten Zahlungsaufträgen einen Gesamtbetrag von 560.000 Euro zu überweisen.

Die Beträge landeten jeweils auf dem Konto der Tochter. Die landete neben ihrem Vater auf der Anklagebank, weil ihr laut Staatsanwaltschaft natürlich klar gewesen sei, dass es sich um fingierte Zahlungen handle; denn zwischen den Schlachthofbetreibern und den Reitställen habe nie eine Geschäftsbeziehung bestanden. Mit der Zurverfügungstellung habe sie ihrem Vater die Machenschaften erst ermöglicht.

Bei seinem Geständnis hatte sich der ehemalige Finanzchef zunächst bei den Unternehmen und dann auch bei seiner Familie entschuldigt und Reue an den Tag gelegt: „Eine Entschuldigung dafür gibt es nicht.” Pferde seien für ihn eine Art „Sucht” gewesen. Dann habe er auch seiner Tochter, die eine Anlage gepachtet und später eine von ihm gepachtete Anlage betrieben habe, unter die Arme greifen wollen. „Ich habe gedacht, dass sie das stemmen kann, aber statt dessen fuhr sie jährliche Verluste zwischen 50.000 und 80.000 Euro ein, beispielsweise auch, weil bei einer Anlage erst ein Reitplatz gebaut wurde”, so der Vater.

Seine Tochter nahm der 59-Jährige in Schutz. Sie habe von seinen Machenschaften nichts gewusst, nie Kontoauszüge in die Finger bekommen oder Einblick in die Buchhaltung bekommen. Bei Pferdekäufen oder sonstigen Investitionen habe er seiner Familie erklärt, dass die mit Arbeitgeber-Darlehen finanziert würden.

Auch seine Manager-Kollegen seien ihm nicht auf die Schliche gekommen. Bei Südfleisch habe er für die Überweisungen so genannte Zahlungslisten erstellt und die von den Kollegen gegenzeichnen lassen: „Praktisch blind, ohne näheren Verwendungszweck und ohne Belege.” Bei Vion seien die jeweiligen Freigabe-Unterschriften auf elektronischem Weg erfolgt. „Dafür hatte ich die notwendigen Passwörter der Kollegen. Aufgefallen sind die abgezweigten Beträge unter den Millionenbeträgen, die für Vieh überwiesen wurden, nie.”

Die Tochter bekräftigte zunächst, sich nur für Pferde, aber nie für das Finanzielle interessiert zu haben. Sie habe ihr Hobby, das Reiten zum Beruf gemacht. „Die Einnahmen habe ich in einer Tasche gesammelt und sie am Monatsende bei meinem Vater abgeliefert”, so die 39-Jährige. Soviel „Blauäugigkeit und Naivität” nahm ihr Vorsitzender Richter Alfons Gmelch allerdings nicht ab: „Da kauft man mal für 5.000 Euro Heu oder für 20.000 Euro ein Turnierpferde, ohne nachzufragen, woher das Geld kommt?”

Auf den Vorhalt hin, dass beispielsweise in Ordner mit brisanten Kontoauszügen und Geschäftsvorgängen in ihrer Wohnung gefunden worden seien, räumte sie schließlich ein, zumindest „Verdacht geschöpft” zu haben, aber sie habe davor die Augen verschlossen und gar nicht wissen wollen, was dahinter stecke.

Für die 56 Fälle der gewerbsmäßigen Untreue, davon 40 in Tateinheit mit Betrug (Südfleisch) und 16 in Tateinheit mit Computerbetrug (Vion) verhängte die Wirtschaftsstrafkammer gegen den Ex-Manager eine Freiheitsstrafe von dreieinhalb Jahren. Seine Tochter kam wegen Beihilfe in allen Fällen mit einer Bewährungsstrafe von eineinhalb Jahren davon. Als Auflage muss sie 130 Stunden gemeinnützige Arbeit ableisten.

Im jeweiligen Strafmaß war die Kammer erheblich unter dem Antrag von Staatsanwalt Dr. Thomas Schlappa geblieben, der für den 59-Jährigen eine Freiheitsstrafe von viereinhalb Jahren und für die Tochter drei Jahre und zwei Monate beantragt hatte. Die Verteidiger hatten jeweils auf Bewährungsstrafen plädiert und dabei nicht zuletzt darauf verwiesen, dass dem Ex-Finanzchef die Untreuehandlungen leicht gemacht worden seien, während die Tochter in ihrer Naivität alles getan habe, um ihrem „Übervater” gerecht zu werden. Im übrigen, so führten die Verteidiger strafmildernd an, bemühe man sich nach Kräften um Schadenswiedergutmachung.

In der Urteilsbegründung stellte Vorsitzender Gmelch fest, dass der 59-Jährige in der Maske des Biedermanns das Vertrauen der Unternehmen eklatant zur persönlichen Bereicherung missbraucht habe. Den Unternehmen sei keine Mitschuld anzulasten, gegen den Missbrauch von Befugnissen sei man nicht gefeit. Bei der Tochter habe sich strafmildernd ausgewirkt, dass sie nicht der „treibende Teil” gewesen sei und auch keine Tatherrschaft gehabt habe. Es sei glaubhaft, dass sie nicht im Detail wissen wollte, wie der Vater für das nötige Geld sorgte.

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