Familie verwirklicht ihren Traum
Haus verkauft, Job gekündigt, rein in den Bus und weg!

09.07.2017 | Stand 13.09.2023, 2:12 Uhr
Alexander Schmid
−Foto: n/a

Beim Träumen wollten sie es nicht belassen: Die Familie Schneider hat ihr bürgerliches Leben aufgegeben, ist mit ihren drei Kindern in einen Bus gezogen und tingelt jetzt durch Europa.

LANDSHUT  „Home is where the heart is“, steht auf dem Schild über der Eingangstür. Im kleinen Holzofen prasselt ein Feuer, darauf dampft eine Kanne Tee. Papa Jochen (35), Mama Verena (36) und die drei Kinder Julian (11), Benjamin (8) und Maxi (3) sitzen um eine Schale Plätzchen am Esstisch. Eine ganz normale Familie. Eigentlich. Denn das „Zuhause“ der Schneiders hat zwei Achsen und ein Lenkrad und steht hinter der Sparkassen-Arena auf einem Parkplatz.

Es ist ein 30 Jahre alter umgebauter Reisebus. Die Familie, die bis 2010 in Auloh lebte, hat ihre bürgerliche Existenz, wie es so schön heißt, für ein Leben auf Rädern aufgegeben. Das Haus im Allgäu, wo sie zuletzt lebten, ist verkauft, die Jobs sind gekündigt und die Kinder von der Schule abgemeldet. „In zwei Tagen geht es Richtung Portugal“, sagt Jochen, ein ehemaliger Immobilienmakler.

60-Stunden-Wochen, Stress, Hektik – all das wurde dem Ehepaar irgendwann zu viel. Als sie zwischen zwei Umzügen eine längere Reise mit dem Wohnwagen machten, kamen sie schließlich auf den Geschmack und beschlossen, ihr Leben komplett umzukrempeln.

Seit Monaten leben sie jetzt schon ihr Nomadenleben – und sie sehen richtig glücklich damit aus. Zunächst waren sie mit einem Kleinbus samt Wohnanhänger unterwegs und sind durch Süd- und Osteuropa getourt. Über den Winter geht es in den Süden, dann stehen Großbritannien oder Irland für einen längeren Aufenthalt auf dem Reiseplan.

Weil das Gespann dafür zu unbequem und unpraktisch wurde, musste eine größere „Bleibe“ angeschafft werden. Im Internet entdeckte Jochen schließlich den über 30 Jahre alten Reisebus der Marke „Setra“. Für die Familie das ideale Gefährt.

Alter Bus wird zumWohnmobil

„Den haben wir in der Werkstatt meines Vaters in den letzten Wochen umgebaut“, erzählt Jochen. Der 32 Jahre alte Oldtimer-Bus wurde zum überdimensionalen Wohnmobil umfunktioniert, hat jetzt eine kleine Küche, helle Holzmöbel, es gibt eine Waschmaschine große Betten, Dusche und WC, einen 600-Liter-Wassertank – „alles, was man zum Leben braucht“, sagt die 36-Jährige. Das Innere des Reisebusses sieht jetzt ein bisschen so aus wie eine Musterwohnung von Ikea.

Wovon sie leben? „Wir haben alles verkauft –  und wir brauchen ja nicht viel. Nur Geld für Lebensmittel, Benzin, Versicherungen.“ Das, was ausgegeben wird, füllen die Schneiders durch Reiseberichte über ihre Abenteuer wieder auf, die in verschiedenen Medien erscheinen. Die Familie hat sogar eine eigene Webseite (http://www.travelfamily.de) und natürlich bloggt sie auch auf Facebook. Bisher funktioniert das ganz gut „und das klappt hoffentlich noch jahrelang so“, sagt Verena. Sehnsucht nach ihrem alten Leben hat sie jedenfalls nicht. Früher arbeitete sie als Bürokraft, jetzt hat sie gleich noch mehrere Jobs. „Ich bin hier nicht nur die Mutter, sondern auch Krankenschwester und Lehrerin in einem.“ Die beiden „Großen“ besuchen ja keine Schule mehr. Damit sie nicht der Schulpflicht unterliegen, meldete die Mutter sich und ihre Kinder aus Deutschland ab. Lernen sollen die Kinder natürlich trotzdem, später auch mal Abitur machen. „Die Schulen haben uns den Schulstoff zur Verfügung gestellt“, erzählt die 36-Jährige. Der Unterricht auf Reisen klappt bisher ganz gut, die Kinder seien auf dem aktuellen Stand. Und sie lernen auf Reisen natürlich auch das hautnah kennen, was keine Schule vermitteln kann.

„Ich bin in Griechenland in einem Hafen mit Schildkröten geschwommen, das war toll“, erzählt Benjamin mit leuchtenden Augen von seinem aufregendsten Erlebnis der letzten Monate. Von solchen Abenteuern können seine alten Freunde in Deutschland natürlich nur träumen. Trotzdem ist Verena und Jochen Schneider natürlich klar, dass irgendwann der Moment kommen könnte, wo die Kinder ein festes Zuhause vermissen werden. Sollte das passieren, „dann werden wir wieder sesshaft“, sagen die beiden. Ob in Landshut, im Allgäu oder in England, dass weiß die Familie noch nicht. Und es sieht auch nicht so aus, als ob das bald der Fall sein wird. Jetzt freuen sich alle erst einmal auf das nächste Abenteuer in Portugal.

Landshut