Prozess am Landgericht
LKA-Beamter (44): Auch leibliche Töchter missbraucht?

09.07.2017 | Stand 29.07.2023, 16:38 Uhr
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Im Prozess gegen einen 44-jährigen LKA-Beamten, dem vor der 6. Strafkammer des Landgerichts Landshut sexueller Missbrauch und Vergewaltigung einer heute 22-Jährigen Adoptivtochter vorgeworfen werden, kommen neue Vorwürfe ins Spiel: Er soll auch zwei leibliche Töchter missbraucht haben.

LANDSHUT Dem beim Landeskriminalamt als Informatiker beschäftigten und suspendierten Beamten wirft die Anklage drei Fälle des sexuellen Missbrauchs, in einem Fall in Tateinheit mit Vergewaltigung von Schutzbefohlenen vor; denn zunächst ist nicht geklärt, ob das zur Tatzeit 14-jährige Mädchen seine Tochter, eine Adoptivtochter oder eine Nichte ist.

Jedenfalls soll er sie bei drei Gelegenheiten sexuell missbraucht haben. Zum Prozessauftakt hatte der gebürtige Kameruner, der inzwischen die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt, die Vorwürfe vehement zurückgewiesen, er habe sich höchstens „Grenzverletzungen” vorzuwerfen, weil er sich einmal zu ihr ins Bett gelegt habe, „um ihr etwas von ihrer Mutter zu erzählen.” Ansonsten habe er sich nichts vorzuwerfen, sehe sich im Rahmen des „Scheidungskrieges” als Opfer eines Komplotts der restlichen Familie.

Auch die inzwischen aufgetauchten Missbrauchs-Anschuldigungen zweier leiblicher Töchter seien aus der Luft gegriffen, verteidigte er sich. Die inzwischen 22-Jährige bestätigte im Rahmen ihrer mehrstündigen Vernehmung die Missbrauchsfälle und räumte auch ein, dass sie seit frühester Kindheit mit körperlichen und psychischen Problemen - u.a. Essstörungen und Erbrechen von Nahrung - behaftet und deshalb mehrfach in psychotherapeutischer Behandlung gewesen sei. Zu den Hintergründen konnte sie nur mehr diffuse Angaben machen, so etwa, dass sie bei einer Kinderpsychologin einmal erzählt habe, zuhause sei was ganz Schlimmes passiert und von einem „großen schwarzen Monster” gesprochen habe.

Ihr Adoptivvater - als solchen sehe sie den 44-Jährigen - habe das mit Vorfällen in Afrika erklärt und so sei die Sache im Sande verlaufen. Er habe es auch verstanden, sie immer wieder als „Verwirrte, die Dinge falsch interpretiert”, darzustellen. Die 46-jährige Noch-Ehefrau des Beamten - die Scheidung ist noch nicht rechtskräftig - berichtete, dass man sich 1994 in einem Leipziger Krankenhaus, in dem sie als Krankenschwester arbeitete, aber zu der Zeit Patientin war, kennen gelernt habe.

Aus der 1996 geschlossenen Ehe seien vier Kinder hervorgegangen. Als junges Paar sei man 1997 in Kamerun gewesen und habe dort dann auch die spätere Adoptivtochter kennen gelernt und schließlich auch nach Deutschland mitgenommen. Bei ihr, so stellte die 46-Jährige klar, habe es sich um die Tochter einer älteren Schwester ihres Ehemannes gehandelt. Um sie nach Deutschland mitnehmen zu können, sei getrickst worden: Ihre Geburtsurkunde sei vernichtet worden und eine neue mit ihrem Ehemann als Vater erstellt worden. In Deutschland, so räumte die Krankenschwester sogar ein, habe sie eine falsche eidesstattliche Versicherung abgegeben, bestätigt, dass ihr Mann der Vater des Mädchens sei.

Die damals Vierjährige sei ein aufgewecktes und fröhliches Kind gewesen, aber schon nach wenigen Monaten hätten sich bei ihr Essstörungen eingestellt. Bei einem Telefonat mit der kamerunischen Großmutter sei allerdings bestätigt worden, dass es auch dort schon derartige Probleme gegeben habe. Im Rahmen der psychotherapeutischen Betreuung sei dann auch der Verdacht aufgetaucht, dass sie sexuell missbraucht worden sein könne bzw. einen sexuellen Missbrauch beobachtet habe. Ab 2010, so die Krankenschwester weiter, sei es dann zu ehelichen Problemen gekommen und 2012 habe ihre Adoptivtochter, die sich damals zur Ausbildung in Halle aufhielt, Andeutungen gemacht: „Wenn ihr euch wirklich trennt, kann ich was erzählen...”

Da sei allerdings nur von „Anfassen” und dass sich ihr Stiefvater zu ihr ins Bett gelegt habe, die Rede gewesen. Auf Details sei sie aber auch in der Folgezeit nicht eingegangen. 2011 habe es dann auch bei den leiblichen Töchtern Auffälligkeiten gegeben. Die damals Fünfjährige habe erzählt, dass ihr ein Bub im Kindergarten den Penis in den Mund gesteckt hätte und die heute 19-jährige Tochter habe von einem „Geheimnis” mit dem Vater geredet und dann 2013 von ihrer Wut gesprochen, „weil er mir etwas angetan hat.” Was diese Vorwürfe angeht, sind bislang noch keine weiteren Ermittlungen gegen den LKA-Beamten eingeleitet und noch keinerlei polizeiliche Vernehmungen erfolgt. Am zweiten Verhandlungstag machte die Neunjährige - entsprechend fürsorglich durch die Richter der Kammer aufgeklärt - von ihrem Aussageverweigerungsrecht Gebrauch. Die 19-Jährige präsentierte sich in einem psychischen Ausnahmezustand, ihre Aussage ging unter Ausschluss der Öffentlichkeit über die Bühne. Die Kammer vertagte inzwischen den nächsten Verhandlungstag auf den 8. September.

Bei dem Foto handelt es sich um ein Symbolbild.

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