Angreifer zu Bewährungsstrafe verurteilt
Velden: Mit Baseballschläger auf Polizistin los

09.07.2017 | Stand 30.07.2023, 18:00 Uhr
−Foto: n/a

Die Polizeibeamten erkannten ihn kaum wieder: Der schüchtern wirkende 39-jährige Staplerfahrer auf der Anklagebank war aber jener aggressive Angreifer, der vor fast genau einem Jahr mit einem Baseballschläger auf eine Beamtin los gerannt war und nur durch zwei Schüsse aus der Pistole eines Kollegen gestoppt werden konnte. Der Staplerfahrer handelte sich jetzt eine Bewährungsstrafe von sieben Monaten ein.

LANDSHUT Zu dem spektakulären Vorfall war es in den frühen Abendstunden am 11. August letzten Jahres, gegen 18.30 Uhr, gekommen. Vom Balkon seiner Wohnung aus hatte der Staplerfahrer zusammen mit einem Saufkumpan (33) Passantinnen als „Schlampen” und „Huren” beleidigt und ihnen den „Hitlergruß” hinterher geschickt. 

Das folgende Geschehen schilderte ein zufällig in Zivil dazu gekommener Veldener Polizist (39): Der Staplerfahrer - damals den Kopf kahl geschoren und tätowiert - habe ihn vom Balkon aus aufgefordert: „Wenn was ist, dann komm rüber.” Kurz darauf sei er auf die Straße gekommen und habe dort von einem geparkten Wagen die Außenantenne abgeknickt und von einem weiteren Auto den Außenspiegel. „Da habe ich mich entschlossen, die Kollegen von der Inspektion zu alarmieren”, so der Polizeibeamte. 

Als dann nach rund zehn Minuten die Streife mit dem 27-jährigen Beamten und der 24-jährigen Beamtin eingetroffen sei, seien der Staplerfahrer und sein Kumpan  wieder aus dem Haus gekommen. Der 39-Jährige habe dabei einen Baseballschläger in der Hand gehabt, habe „Sch... Bullen” geschrien und sei dann „zielstrebig” auf die Kollegin losgegangen. Die habe ein Pfefferspray eingesetzt, das allerdings wirkungslos geblieben sei. Der Staplerfahrer sei weiter „zügig” auf die 24-Jährige zugegangen, habe - da sei er vielleicht noch fünf Meter von ihr entfernt gewesen - die Aufforderung ihres Kollegen, stehen zu bleiben und den Baseballschläger fallen zu lassen, ignoriert. Dann seien die beiden Schüsse gefallen. Beim ersten habe der 39-Jährige noch keine Reaktion gezeigt, nach dem zweiten habe er sich dann aus den Armen blutend auf den Boden gelegt. Selbst als dann Verstärkung, die Rettungskräfte und der Notarzt eingetroffen seien, habe er noch Beleidigungen wie „Sch... Bullen” von sich gegeben.

Der Staplerfahrer selbst konnte sich - so jedenfalls seine Einlassung vor Strafrichter Christian Lederhofer - kaum noch an den Vorfall erinnern. Er und sein Kumpel hätten an jenem Spätnachmittag an die drei Flaschen Met (Honigwein) getrunken und hätten „Spaß” gehabt. Dann könne er sich erst wieder daran erinnern, dass er im Krankenhaus aufgewacht sei. Die Schüsse hätten ihn an beiden Ellbogen getroffen, er sei mehrmals operiert worden und auch heute noch behindert, könne seinen Job als Staplerfahrer nicht mehr ausüben. Mit „Nazitum” habe er früher mal was am Hut gehabt. Die Zeiten seien aber längst vorbei: „Die alten Kontakte zu Kameradschaften und auf Facebook habe ich längst eingestellt.”

Polizistin hat "Filmrisse"

Der 27-jährige Schütze und seine 24-jährige Kollegin bestätigten weitgehend die Angaben ihres Kollegen: Der Staplerfahrer sei mit dem Baseballschläger aus dem Haus gekommen, habe ihn mehrmals auf den Boden geschlagen. Aufforderungen, stehenzubleiben habe er ignoriert, das Pfefferspray nicht gewirkt. Als er noch zwei bis drei Meter von der Kollegin entfernt gewesen sei, so der 27-Jährige, habe er geschossen - „unterbewusst gezielt auf die Arme.” 

Sie habe teilweise „Filmrisse”, so die Streifenbeamtin, könne sich aber erinnern, dass er trotz Aufforderung, stehen zu bleiben, „weiter auf uns los ist und ich das Pfefferspray eingesetzt habe.” Nach den Schüssen habe er dann noch gedroht: „Deine Fresse merke ich mir...” Ein zur Verstärkung angerückter Beamter (30) der Landshuter Polizeiinspektion bestätigte, dass der 39-Jährige blutend am Boden liegend noch aggressiv gewesen sei: „Er hat um sich gespuckt, was von Adolf Hitler geschrien und gedroht, dass er sich mein Gesicht merkt und mich umbringt.”

Strafrichter Lederhofer verhängte - wie von Staatsanwalt Benedikt Berger beantragt - gegen den  mehrfach u.a. wegen Körperverletzung und Drogendelikten vorbestraften Staplerfahrer für die Verwendung Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen, die versuchte gefährliche Körperverletzung sowie die Beleidigungen und die Sachbeschädigungen eine Freiheitsstrafe von sieben Monaten, die zur Bewährung ausgesetzt wurde. Im Prozessverlauf, so der Strafrichter, habe man durchaus den Eindruck gewonnen, dass der 39-Jährige ein Geständnis ablegen und Verantwortung übernehmen wollte. Angesichts seiner damaligen Alkoholisierung - rund zwei Promille, die sich ebenso wie die an den Tag gelegte Reue strafmildernd ausgewirkt hätten - seien seine Erinnerungslücken durchaus glaubhaft. 

Verteidigerin Isabel Mahr hatte beantragt, von einer Bestrafung ihres Mandanten abzusehen. Einerseits sei sie nach wie vor nicht von der Rechtmäßigkeit des Schusswaffeneinsatzes überzeugt, andererseits müssten die schweren Folgen für den 39-Jährigen Berücksichtigung finden. Strafrichter Lederhofer ließ allerdings in der Urteilsbegründung keine Zweifel, dass er den Schusswaffengebrauch für rechtmäßig erachtete: „Was wäre gewesen, wenn nicht geschossen worden wäre und der Angeklagte dann zugeschlagen hätte? Dann säße er jetzt vor dem Schwurgericht.” 

Landshut