Sozialausschuss stimmt für Verhütungsmittelfonds
Landshut: Die Pille soll in Zukunft das Rathaus zahlen

09.07.2017 | Stand 30.07.2023, 0:49 Uhr
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Im zweiten Anlauf hat es geklappt: Nachdem in der Vergangenheit der Antrag auf einen Verhütungsmittelfonds für sozial schwache Frauen schon einmal im Rathaus gescheitert war, hat sich der Sozialausschuss am Dienstag dazu entschieden, Geld bereit zu stellen, um ungewollte Schwangerschaften zu verhindern.

LANDSHUT Der Antrag des Frauenplenums an den Landshuter Stadtrat hört sich erst einmal seltsam an. Darin wird die Einrichtung eines „Verhütungsmittelfonds“ gefordert. Soll heißen: Aus Geldern, die die Stadt Landshut zur Verfügung stellt, wird in bestimmten Fällen die Antibabypille bezahlt. Am gestrigen Dienstag befasste sich der Sozialausschuss mit dem Thema, das auf den ersten Blick kurios erscheint, aber einen ernsten Hintergrund hat.

Die staatlich anerkannten Beratungsstellen für Schwangerschaftsfragen am Landratsamt Landshut, die Beratungsstelle Donum Vitae und das Frauennetzwerk hatten sich an das Frauenplenum gewandt. Hintergrund: „In unserer Beratungsarbeit, vor allem in der Konfliktberatung, werden wir immer wieder damit konfrontiert, dass Frauen mit geringem Einkommen die Verhütungsmittel nicht selbst finanzieren können“, heißt es in einem Schreiben an das Frauenplenum. Die Folge wären ungeplante Schwangerschaften und damit dann auch Abtreibungen.

Laut einer gesetzlichen Regelung bekommen Frauen bis zum 21. Lebensjahr Verhütungsmittel kostenlos bzw. gegen eine Rezeptgebühr gestellt. Die Krankenkassen übernehmen dafür die Kosten. Ab diesem Alter müssen die jungen Frauen für die Verhütung selbst aufkommen. Konnten sie sich die Medikamente nicht leisten, so kam die Sozialhilfe für die Kosten auf. Die Situation änderte sich schlagartig im Jahr 2004, als das Arbeitslosengeld II – Hartz IV – eingeführt wurde. Die Situation der auf Hilfe angewiesenen Frauen verschlechterte sich da mit einem Schlag. Denn sie mussten auf einmal selbst für die Verhütungsmittel – wie Pille, Hormonspirale, Drei-Monats-Spritze – aufkommen. Besonders dramatisch war das für die Frauen, die wegen der Alleinerziehung eines Kindes auf ALG III angewiesen waren.

Einige bayerische Städte reagierten auf die Notsituation. In Forchheim, Nürnberg oder Würzburg zum Beispiel wurden Verhütungsmittelfonds eingerichtet. Dort können jetzt staatlich anerkannte Schwangerenberatungsstellen im Einzelfall für Frauen in Notsituationen einen Antrag auf Bezuschussung für Verhütungsmittel beantragen.

Genau so einen Verhütungsmittelfonds will das Frauenplenum – die Stadträtinnen Christina Ackermann (ödp), Hedwig Borgmann (Grüne), Dr. Maria Fick (LM), Sigi Hagl (Grüne), Anke Humpeneder-Graf (CSU), Dr. Dagmar Kaindl (CSU), Anja König (SPD) Ingeborg Pongratz (CSU) und Gertraudd Rößl (CSU) – auch in Landshut einführen. 7.000 Euro jährlich soll die Stadt Landshut dafür zur Verfügung stellen.

Doch der Antrag stand zunächst vor der Sitzung des Sozialausschusses am Dienstag unter keinem guten Stern. Denn bereits im Jahr 2012 war ein inhaltlich gleicher Antrag vom Sozialausschuss und dem Haushaltsausschuss abgelehnt worden. „An der Sachlage und an der Rechtslage hat sich nichts geändert“, heißt es in einer Beschlussvorlage der Verwaltung, die eine Ablehnung des Antrags empfahl.

Der Grund: „Es ist nicht Aufgabe der Kommune, das Leistungsspektrum der gesetzlichen Krankenversicherung anstelle des Gesetzgebers oder ergänzend zum Gesetzgeber zu regeln und dies dann aus dem kommunalen Haushalt zu finanzieren.“

Die Stadträte im Sozialausschuss sahen das anders. Wie das Rathaus mitteilte, entschieden sie sich dafür, 7.000 Euro im Haushalt für das Projekt zur Verfügung zu stellen. Der Haushaltsausschuss muss der Maßnahme jetzt noch zustimmen.

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