Wirtschaft
Freisinger Katholische Arbeiterschaft setzt auf Transparenz und Allgemeinwohl

07.07.2017 | Stand 02.08.2023, 10:10 Uhr
−Foto: Foto: KAB

Wie ethisch wirtschaftet ein Unternehmen? Die Gemeinwohl-Ökonomie soll Auskunft darüber geben. Solidarität, Ökologie und Transparenz werden in einer Gemeinwohl-Bilanz gemessen und mit der Ökonomie auf die gleiche Stufe gestellt. Mittelfristig soll sich die Idee politisch umgesetzt werden. Fünf Firmen aus der Region stehen bereits hinter der Idee.

FREISING Die Vergangenheit hat gezeigt, dass Wirtschaft ohne Ethik und Maß nicht funktioniert. Die Katholische Arbeitnehmer-Bewegung (KAB) setzt sich deshalb für die Gemeinwohl-Ökonomie Idee des österreichischen Publizisten Christian Felber ein. Er fordert Anreize, die ein ethisches Wirtschaften belohnen, damit Unternehmen, Beschäftigte und Verbraucher den derzeit herrschenden Kapitalismus ablösen und zu einer ressourcenbasierten Wirtschaft, sozial und ökologisch, weiter entwickeln können. Werte wie Menschenwürde, Solidarität, ökologische Nachhaltigkeit, soziale Gerechtigkeit und demokratische Mitbestimmung werden in einer Gemeinwohl-Bilanz gemessen. Damit soll ermittelt werden, ob und wie ein Betrieb diese Werte mit seinen Mitarbeitern, Lieferanten, Geldgebern und Kunden lebt. Geprüft und mit Punkten bewertet werde 17 Indikatoren – am Ende kann eine Bestnote von tausend Punkten erreicht werden. Für sozial fragwürdige Praktiken wie feindliche Übernahmen, Errichtung von Tochterfirmen in Steueroasen und Lohndumping werden Punkte abgezogen. Neben sozialen und ökologischen Fragen geht es auch um innerbetriebliche Transparenz und Mitbestimmung.

Aktuell wird die Bewegung von 1370 Unternehmen unterstützt. Von der größten bayerischen Genossenschaftsbank bis zum Ein-Mann-Betrieb, vom Maschinenbauer bis zum Biobauer sind unterschiedlichste Betriebe dabei. Knapp 500 Unternehmen erstellen bereits eine Gemeinwohl-Bilanz. Manche verwenden sie nur für eigene Zwecke, andere veröffentlichen sie und lassen ihre Punktvergabe von anderen Betrieben beurteilen. Ganz mutige vergeben ein externes Audit – dann prüfen auswertige Experten die Ergebnisse.

Derzeit wächst die Bewegung stark in den südeuropäischen Krisenländern, aber auch in Bayern gibt es in München, Weilheim, Pfaffenhofen und Augsburg erste regionale Gruppen, die an einer Umsetzung der Idee in der Gemeinde oder im Landkreis arbeiten. Im Burgenland und Vinschgau haben sich mehrere Kommunen zu einer Gemeinwohl-Region zusammen geschlossen. Bei öffentlichen Aufträgen wird schon jetzt die Gemeinwohl-Bilanz der Unternehmen mit berücksichtigt.

Diözesansekretär Rainer Forster wünscht sich auch im Landkreis Freising ein „Energiefeld für die Gemeinwohl-Ökonomie.“ Forster will den Geist der Verfassung in die Wirtschaft tragen. „Die christlichen Soziallehre und anderen Geistesschulen sind geprägt von den Werten der Gemeinwohl-Ökonomie. Auch in die Bayerischen Verfassung ist so aufgebaut.“ Forster zitiert Artikel 151: „Die gesamte wirtschaftliche Tätigkeit dient dem Gemeinwohl.“ Das sollte auch umgesetzt werden, findet Forster. „In unseren alltäglichen zwischenmenschlichen Beziehungen achten wir auf menschliche Werte wie Vertrauensbildung, Wertschätzung, Respekt, Zuhören, gegenseitige Hilfe und Teilen. Im Wirtschaftsleben geht es dagegen um Konkurrenz und Gewinnstreben, was Geiz und Rücksichtslosigkeit erzeugt. Unser ökonomisches Miteinander erzeugt vor allem Angst. Angst vor Arbeitsplatzverlust, Angst vor Konkurrenz und Versagen.“

Vor einigen Wochen war Forster mit Mitgliedern des KAB-Kreisverbands bei der Sparda-Filiale in Freising, die schon die zweite Gemeinwohl-Bilanz vorgelegt hat. Unterstützung bekommt die KAB mit dieser Idee von Citrin Solar dem Hersteller für solarthermische Anlagen aus Moosburg. Für Bäckermeister Thomas Grundner ist die Gemeinwohl-Ökonomie ein gutes Instrument für kleine regionale Anbieter. Voll hinter der Idee steht auch Gertrud Fraunhofer vom Bio-Markt Kleeblatt , die Tagwerk-Genossenschaft und ihre Großhändler Ökoring und Bodan haben bereits eine Gemeinwohl-Bilanz erstellt. Schon länger beschäftigen sich Horst und Erhard Schönegge mit der Gemeinwohl-Ökonomie. Sie sind in der Landwirtschaft tätig und vermarkten ihre Produkte auf Wochenmärkten und dem Heimlieferservice Ökokiste.

Gemeinsam mit den Solarfreunden Moosburg zeigt die KAB am Dienstag, den 22.10. um 20 Uhr im Rosenhof Kino den Film „Ökonomie des Glücks.“ Im anschließenden Filmgespräch steht Prof. Ernst Schrimpff Rede und Antwort. Schrimpff ist Vorsitzender der Ernst-Friedrich Schumacher Gesellschaft. Schumachers Klassiker „Small is beautiful – Die Rückkehr zum menschlichen Maß“ beschrieb schon in den 1970er Jahren eine Ökonomie der kurzen Wege und des sozialen Miteinanders.  

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