Kfz-Händler vor Gericht
Allershausener soll Anleger um 1,4 Millionen betrogen haben

05.04.2018 | Stand 19.07.2023, 11:31 Uhr
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Prozessbeginn vor der Wirtschaftsstrafkammer beim Landgericht Landshut.

FREISING Seine Freisinger Autowerkstätte für Nobelkarossen und der Handel mit Ersatzteilen florierte. Doch das reichte dem 57-jährigen Kfz-Händler Günter R. aus Allershausen nicht: Ab 2008 betätigte er sich auch noch als „Finanzjongleur“ und soll dabei Anleger um rund 1,4 Millionen Euro, so wirft ihm die Anklage vor der Wirtschaftsstrafkammer beim Landgericht Landshut vor, mit einem „Schneeballsystem“ betrogen haben. Mit auf der Anklagebank sitzt seine Ehefrau (45), die in die Machenschaften involviert gewesen sein soll.

Von August 2008 bis April 2011, so die Staatsanwaltschaft, habe Günter R. ohne in Besitz der erforderlichen Erlaubnis der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) zu sein, Einlagen- und Kreditgeschäfte betrieben und mit zwölf Anlegern so genannte „Gelddarlehensverträge“ über einen Betrag von insgesamt über 1,5 Millionen Euro abgeschlossen. Dabei habe er den Anlegern eine monatliche (!) Verzinsung von zwei bis sechs Prozent in Aussicht gestellt.

Den potenziellen und später geschädigten Anlegern, so die Anklage, habe er bewusst wahrheitswidrig vorgespiegelt, das Geld in ein entsprechend verzinstes Anlagemodell zu investieren und die erwirtschaftete Rendite an sie auszuzahlen. Schmackhaft machte er das Angebot mit dem Hinweis, dass bei der Geldanlage die große Autovermietungsfirma Sixt im Hintergrund stehe und die versprochenen Renditen (umgerechnet aufs Jahr 24 bis 72 Prozent) aufgrund von hohen Rabatten bei Fahrzeugkäufen erzielbar wären. Das Anlagemodell sei zu „100 Prozent“ risikofrei und durch eine Bankbürgschaft abgesichert.

Tatsächlich, so der Anklagevorwurf, habe er das Geld der Anleger in ein von dem vor Jahren in München zu siebeneinhalb Jahren verurteilten und inzwischen verstorbenen Betrüger Toni I. betriebenes „Schneeballsystem“ investiert, der wiederum dem Kfz-Händler für die eingesammelten Geldbeträge eine monatliche Rendite von 7,5 Prozent versprochen habe. Günter R. sei bewusst gewesen, dass das Anlagemodell seines „Geschäftspartners“ äußerst risikoreich gewesen sei, er habe aber weder die Art der Geldverwendung noch die Sicherheit überprüft.

Tatsächlich seien dann lediglich rund 400.000 Euro (aus frischen Geldern im Rahmen neuer Darlehen) an die Anleger zurückgezahlt worden, sodass letztlich ein Schaden von rund 1,1 Millionen Euro verblieb.

Damit nicht genug: Die Anklage wirft dem 57-Jährigen weiter vor, sich im Juli 2011 von drei Anlegern verzinsliche Risikodarlehen in Höhe von insgesamt 290. 000 Euro beschafft zu haben, die angeblich im Bereich des Rohgoldhandels investiert werden sollen. Tatsächlich seien die Gelder von Günter R. dann aber zur Bezahlung von acht von ihm bestellten Fahrzeugen verwendet worden.

Die Anklage wirft dem 57-Jährigen zusammenfassend das vorsätzliche Betreiben von Bankgeschäften, Betrug und Untreue vor.

Mit auf der Anklagebank sitzt seine Ehefrau, die den Kfz-Händler bei seinen betrügerischen Machenschaften nicht nur dadurch unterstützt haben soll, dass sie Darlehensformulare ausfüllte und sie den jeweiligen Anlegern zur Unterschrift vorlegte, sondern auch selbst Gelder - insgesamt 25.000 Euro einsammelte.

Zum Prozessauftakt berichtete der gelernte Elektroinstallateur, dass er nach der Lehre und der Bundeswehr sich mit einem Kfz-Teilehandel selbstständig gemacht und schließlich an Rennautos „geschraubt“ habe.

Das habe sich herumgesprochen, der Zuspruch sei immer größer geworden und deshalb habe er 2004 dann seine Werkstatt gebaut, die gut gelaufen sei. 2008 habe er dann mit dem Autohandel, insbesondere mit Sportwagen, begonnen. Das Geschäft sei zum „Selbstläufer“ geworden.

In diesem Jahr habe er sich dann auch auf die Darlehensgeschäfte eingelassen. Er sehe sich als Opfer des Betrügers Toni I., dessen ahnungsloses Werkzeug er gewesen sei. Er habe nicht nur seine Firma, sondern sein gesamtes Vermögen verloren. Wäre es sich des Risikos bewusst gewesen, hätte er nicht sein eigenes Geld und das von Verwandten und Bekannten riskiert. Im Rahmen der Insolvenz sei der Betrieb versteigert und inzwischen verpachtet worden.

Er arbeite aber nach wie vor als Selbstständiger in der Autobranche, habe aber Probleme, „weil ich den Ruf eines Betrügers habe.“ Seine Schulden im Rahmen der Insolvenz bezifferte er auf rund vier Millionen Euro, 3,6 Millionen Euro stammten aus Autogeschäften: 104 Autos, die bezahlt gewesen seien, seien nicht ausgeliefert worden.

Zu den Anklagevorwürfen gegen ihn nahm sein Verteidiger Stellung und betonte, dass sein Mandant - wie übrigens eine große Anzahl anderer Kfz-Händler - auf Toni I. hereingefallen sei, ihn als seriösen Geschäftsmann eingestuft und nicht von einem Schneeballsystem ausgegangen sei, zumal auch sein Steuerberater keinerlei Bedenken geäußert, vielmehr selbst einen Darlehensvertrag abgeschlossen habe.

Der Verteidiger erklärte für die Ehefrau, dass sie keine detaillierten Einblicke in die Anlagengeschäfte gehabt habe, in erster Linie ihren Mann mit Büroarbeiten unterstützt und dabei u.a. Formulare ausgedruckt, Darlehensverträge, bis auf die ihr vorgeworfenen zwei Fälle, die angesichts des Gesamtumfangs kaum ins Gewicht fielen, nicht ausgefüllt habe. Sie sei jedenfalls von reellen Geschäften ausgegangen, habe selbst 100.000 Euro investiert und verloren. Ihr könne höchstens fahrlässige Beihilfe vorgeworfen werden und die sei nicht strafbar.

Für den Prozess sind bis 19. April noch vier Verhandlungstage angesetzt.

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