Treffen des IHK-Gremiums
Ausbildung und Fachkräfte: Woher sollen die Leute kommen?

03.10.2019 | Stand 31.07.2023, 6:39 Uhr
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Die Wirtschaft im Raum Dingolfing-Landau kann mit positiven Standortfaktoren punkten. Den Betrieben geht es überwiegend gut – das zeigen Umfragen der IHK unter den regionalen Unternehmern. Ein Thema treibt die Betriebe im Landkreis aber weiterhin um, stärker vielleicht noch, als in anderen Teilen Niederbayerns: der Fachkräfte- und Nachwuchsmangel.

DINGOLFING Als größter Arbeitgeber in der Region ist das BMW Werk Dingolfing ein wichtiger Faktor für den Wirtschaftsraum. Daher lag es nahe, dass das IHK-Gremium Dingolfing-Landau am vergangenen Montag zu seiner Herbstsitzung mit dem Schwerpunkt Ausbildung und Fachkräfte direkt im Werk zusammengekommen ist. Unter der Leitung des Gremiumsvorsitzenden Claus Girnghuber diskutierten die Unternehmensvertreter hier mit Eva-Maria Kelch, der Vorsitzenden der zuständigen Agentur für Arbeit, sowie Dr. Andrea Crestan, Ausbildungsleiterin bei BMW in Dingolfing.

Die Grundlage für die Diskussion legte IHK-Hauptgeschäftsführer Schreiner mit Daten und Auswertungen der IHK. Die Rückmeldungen aus den Betrieben zeigten zwar eine sehr gute Lagebeurteilung, gleichzeitig aber deutlich eingetrübte Aussichten für die Zukunft. Trotz dieses Befunds bleibe der Fachkräftemangel Risikofaktor Nummer 1, betonte Schreiner: „Auch im Abschwung wird der Bedarf da sein. Die fehlenden Fachkräfte sind nach wie vor das Hauptproblem, und zwar beruflich qualifizierte Fachkräfte, denn diese werden in erster Linie gesucht.“ Umsatzverluste für die niederbayerische Wirtschaft in Milliardenhöhe seien die Folge. „Die eigene Berufsausbildung ist das erste Mittel gegen den Fachkräftemangel“, sagte dazu der Gremiumsvorsitzende Girnghuber. So praktiziere er es auch im eigenen Betrieb. Allerdings gestalte sich die Suche nach geeigneten Bewerbern immer schwieriger. Das bestätigten die Aussagen der Unternehmer im Gremium: Wenn sich überhaupt noch Bewerber für eine Ausbildungsstelle finden, sind diese oft nicht ausbildungsreif und erwarten sich gleichzeitig ein „Wohlfühlprogramm“. Wer hingegen auf Absolventen aus den Hochschulen setzt, müsse beispielsweise einen theoretisch ausgebildeten Bachelor erst noch selbst mit den Kompetenzen und Fertigkeiten ausstatten, die in der betrieblichen Praxis benötigt würden.

Dass die Suche nach neuen Azubis auch für einen Arbeitgeber wie BMW zunehmend schwieriger wird, bestätigte Ausbildungsleiterin Crestan. Trotzdem sei man weiter auf Wachstumskurs: 850 junge Menschen seien derzeit im BMW Werk Dingolfing in Ausbildung, in 14 verschiedenen Ausbildungsberufen. In den nächsten zwei Jahren werde die Zahl der Azubis auf 920 wachsen. Genau 301 neue Auszubildende sollen dann jedes Jahr bei BMW starten. Die Digitalisierung sei dabei ein wichtiger Punkt, der sich mittlerweile durch die gesamte Ausbildung bei BMW ziehe, berichtete Crestan. So habe man aktuell alle Azubis im ersten Lehrjahr von Anfang an mit eigenen Laptops ausgestattet.

Diese Offensive in der Ausbildung, verbunden mit den angekündigten neuen Stellen im Zuge des Ausbaus der Elektromobilität im BMW-Werk, ließen im Gremium die Frage aufkommen: Woher sollen diese Leute kommen? Die Antworten reichten von der Forderung nach einer vereinfachten Fachkräftezuwanderung aus dem Ausland bis zu Mechanisierung und Automatisierung als Gegenmaßnahme – der Roboter ersetzt dann den fehlenden menschlichen Kollegen. Keine einfachen Zeiten für die Wirtschaft, das verdeutlichte Arbeitsagentur-Chefin Kelch: Sie lenkte den Blick auf den regionalen Arbeitsmarkt, auf dem sich die unsicheren Aussichten bereits auswirken. 1.682 Arbeitslose hatte die Agentur im Landkreis Dingolfing-Landau zuletzt gezählt, ein Anstieg von über zwölf Prozent gegenüber dem Vorjahr. „Nichts, was einem Sorgenfalten auf die Stirn treiben sollte“, betonte Kelch angesichts des niedrigen Ausgangswerts. Bei den gemeldeten offenen Stellen deckten sich die Befunde der Agentur mit denen der IHK: Der größte Bedarf liegt weder bei den Hilfskräften noch beim absoluten Spitzenpersonal, besonders gesucht seien vielmehr Facharbeiter und Fachkräfte. Für eine Lösung dieses Problems forderte auch Kelch ein Umdenken in der Gesellschaft: „Es gehört dazu, dass wir dem Thema Ausbildung und Arbeit eine höhere Wertigkeit geben.“

Vor der eigentlichen Sitzung hatte sich BMW als Gastgeber hochrangig präsentiert: Die Werkleiterin Ilka Horstmeier persönlich begrüßte die Gremiumsmitglieder und ermöglichte ihnen einen exklusiven Blick auf den „Vision iNEXT“, der zu diesem Zeitpunkt im BMW Werk Dingolfing ausgestellt wurde. Horstmeier wiederholte das Bekenntnis zum Standort Dingolfing. Der iNEXT, der als Serienmodell hier ab 2021 vom Band rollen wird, markiere dabei einen wichtigen Schritt in die Zukunft der Mobilität.

BMW-Werkleiterin Ilka Horstmeier (10. v. li.) begrüßte die Gäste und Gremiumsmitglieder rund um den Vorsitzenden Claus Girnghuber (8. v. li.) und ermöglichte den Unternehmern einen exklusiven Blick auf den „Vision iNEXT“. −Foto: IHK Niederbayern

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