Noch viele Unklarheiten
Wirrwarr um Cannabisfreigabe

11.07.2017 | Stand 19.07.2023, 11:28 Uhr
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Experten stellen klar, Krankenkassen dürfen Kostenübernahme einer Cannabisbehandlung nur in Ausnahmefällen ablehnen.

DEGGENDORF Am 10. März trat das Gesetz in Kraft, wonach Ärzte künftig auch Cannabisarzneimittel verschreiben dürfen. „Seitdem herrscht ein regelrechter Hype um Cannabis“, weiß Dr. med. Axel Menzebach, Chefarzt am Institut für Anästhesiologie, Intensivmedizin und Schmerztherapie am Klinikum Deggendorf. Der Experte hat deshalb zu einer Pressekonferenz zum Thema Cannabis-Freigabe gerufen. Dabei wurde auch deutlich, dass für die Krankenkasse, die Tanja G. die Kostenübernahme für eine Cannabisbehandlung verweigert hatte (Wochenblatt vom 19. April), schlechte Karten hat.

Wie berichtet (zum Bericht), hat Tanja G. bereits sechs Operationen hinter sich. Die 43-Jährige leidet an Krebs, hat unerträgliche Schmerzen, trotz Morphium.

Ihr Hausarzt stellte einen Antrag bei ihrer Krankenkasse auf Versorgung mit Cannabis. Die lehnt eine Kostenübernahme jedoch ab.

In ihrer Begründung beruft sie sich darauf, dass ein Leistungsanspruch nur dann bestehe, wenn keine allgemein anerkannte, dem medizinischen Standard entsprechende Leistung zur Verfügung stehe. In ihrem Fall seien aber die schmerztherapeutischen Behandlungsoptionen noch nicht ausgeschöpft.

Doch laut Dr. med. Axel Menzebach sei inzwischen klar, laut dem neuen Gesetz müssten die schmerztherapeutischen Behandlungsoptionen eben nicht ausgeschöpft werden. Im neuesten Ärzteblatt steht klipp und klar: „Dies bedeutet, dass eine Behandlung mit Cannabis auch dann eingeleitet werden kann, wenn theoretisch noch weitere, bisher nicht eingesetzte (zugelassene) Behandlungen zur Verfügung stehen und der Patient noch nicht ,austherapiert‘ ist.“ Vor Behandlungsbeginn müsse zwar eine Genehmigung der Krankenkasse erteilt werden, sofern die Behandlung zu ihren Lasten erfolgen soll. Allerdings heißt es im Gesetz, dass dieser Antrag „nur in begründeten Ausnahmefällen“ von der Krankenkasse abgelehnt werden darf.

Dr. Menzebach macht aber auch deutlich, Cannabis sei kein Allheilmittel, sondern nur eine zusätzliche Behandlungsmöglichkeit. Zudem bestehen zu diesem Thema noch viele Unklarheiten.

„Es fehlen uns einfach noch die Erfahrungswerte im wissenschaftlichen Sinn“, so Dr. Menzebach, der selbst einige Patienten mit Cannabis behandelt. Deshalb würden derzeit auch Begleitstudien durchgeführt werden. 

Deggendorf