Er zockte bis zu 800 Anleger ab
Finanzjongleur: Ein Alptraum für seine Anleger

08.07.2017 | Stand 01.08.2023, 21:25 Uhr
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Das Insolvenzverfahren gegen den Burghauser ist eröffnet und für manche Anleger könnte das schlimm werden

BURGHAUSEN_25BERLIN Seit das Wochenblatt am 11. September 2013 mit dem Artikel „Anleger bangen um ihr Geld: Opfer eines Schneeballsystems“ die Machenschaften des Finanzjongleurs aus Burghausen offen gelegt hat, beschäftigt dessen Anleger eine große Frage: Was passiert mit meinem Geld?

Nun ist Bewegung in die Sache gekommen: Am 7. April wurde über die Investmentfirma des selbst ernannten Finanzgurus ein Insolvenzverfahren eröffnet. Nach Informationen von Rechtsanwalt André Haider von der Kanzlei Starflinger und Coll., wurden bei dem Finanzmakler noch rund 7,5 Millionen Euro sichergestellt, die unter den Gläubigern verteilt werden können. Außerdem wird der Insolvenzverwalter Dr. Lukas Flöther aus Berlin prüfen, ob er auch auf die Braunauer Prunkvilla, die offiziell Eigentum seiner Ehefrau ist, zurückgreifen kann. Auch von der Tochter des Finanzjongleurs könnte möglicherweise weitergereichtes Vermögen zu holen sein.

Keine guten Nachrichten gibt es für jene Anleger, die einen Gewinn aus ihren Einlagen gezogen haben. Rechtsanwalt Haider rechnet fest damit, dass der Insolvenzverwalter diese Gewinne zurückfordern wird.

Dazu ein Rechenbeispiel: Hat ein Anleger 50.000 Euro angelegt und sich 80.000 Euro ausbezahlen lassen, dann muss er höchstwahrscheinlich 30.000 Euro an den Insolvenzverwalter zurückzahlen. Dies werde der Insolvenzverwalter notfalls auch juristisch durchsetzen bis hin zur Pfändung, so der Rechtsanwalt. Etwa fünf Prozent der Anleger seien davon betroffen. Der weitaus größere Teil der Kunden des Finanzjongleurs stehe aber mit Verlusten da. Nach neuesten Erkenntnissen liegt der von dem Finanzjongleur. verursachte Schaden bei 40 Millionen Euro, verteilt auf bis zu 800 Geschädigte. „Wasserdicht“ sind diese Zahlen jedoch nicht. Nähere Informationen hofft André Haider nach Pfingsten zu erhalten (wir berichten aktuell).

Eine bittere Pille für die Anleger, unabhängig davon, ob sie Gewinn oder Verlust gemacht haben, wäre, wenn sie bald auch noch Post vom Finanzamt bekämen:

„Nach derzeitiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) in München ist grundsätzlich auch die Besteuerung solcher Gewinne möglich, die faktisch nie entstanden sind und nie ausgezahlt wurden“, erklärt die Fachanwältin für Steuerrecht Ulrike Anders (ebenfalls Kanzlei Dr. Starflinger und Coll.). Allerdings seien in der Vergangenheit nicht alle Finanzgerichte dieser Rechtsprechung gefolgt. Daher wird mit Spannung die für die nächsten Wochen hierzu angekündigte BFH-Rechtsprechung erwartet. Mit anderen Worten: Die Anleger, die ohnehin schon um ihr Geld gebracht wurden, könnten sogar noch Steuern für fiktive Gewinne bezahlen müssen.

Das Finanzamt durfte wegen des Steuergeheimnisses dazu keine Aussage treffen.

Die Kanzlei Starflinger und Coll. hat inzwischen Informationen erhalten, denen zufolge der Burghauser in den letzten zehn Jahren tatsächlich keinen Handel an der Börse betrieben hat. Es handelte sich also um ein reines Schneeballsystem. Gewinne, die ausbezahlt wurden, entnahm er von den Einlagen der anderen Anleger und auch seinen eigenen kostspieligen Lebensstil finanzierte er mit dem ihm anvertrauten Kapital. Bis vor einem Jahr lebte der Burghauser auf großem Fuß.

Optisch wirkte der Finanzjongleur zwar überhaupt nicht wie ein Investmentbanker und manchen Leuten kam es durchaus seltsam vor, dass er beinahe wie ein Uhrwerk regelmäßig um die 20 Prozent Rendite erwirtschaftete, doch bei den satten Gewinnen (zumindest auf dem Papier) legten die Menschen ihre Bedenken allzu gerne beiseite.

Heute sitzt der Mann in einer kleinen Wohnung in Berlin und hilft offensichtlich den Ermittlungsbehörden bei der Aufarbeitung des angerichteten Schlamassels. Es bleibt abzuwarten, welche Straferleichterung er sich durch seine Kooperation verschaffen kann. Der Haftbefehl gegen ihn wurde jedenfalls außer Vollzug gesetzt. In etwa sechs Wochen, so die Aussage eines Sprechers der Staatsanwaltschaft München 2, rechnet man mit dem Abschluss des Ermittlungsverfahrens. Dann wird vermutlich eine Anklage gegen den Finanzjongleur verfasst. Es bleibt spannend, und wir halten Sie natürlich auf dem Laufenden.

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