Anzeige gegen die Polizei
16 verletzte Wacker-Fans

06.07.2017 | Stand 27.07.2023, 4:20 Uhr

Vor und nach der Partie des SV Wacker in Chemnitz kam es zu gewalttätigen Auseinandersetzungen.

CHEMNITZ/BURGHAUSEN Was für ein schlimmer Nachmittag in Chemnitz: Erst setzte es eine unnötige Niederlage. Viel schwerer wiegt aber die Tatsache, dass vor und nach dem Spiel 16 Burghauser Fans zum Teil schwer verletzt wurden (das Wochenblatt berichtet in seiner aktuellen Ausgabe). Die Burghauser Fanszene erhebt schwere Vorwürfe gegen die Chemnitzer Security und es wurde bereits Strafanzeige gestellt. So sollen auch Frauen und Jugendliche geschlagen worden sein. Erhebliche Gesichtsverletzungen bis hin zum Nasenbeinbruch und eingeschlagene Zähne waren die Folge. Ordner sollen den Polizeibeamten rassistische Äußerungen in Bezug auf die Fans zugerufen haben.

Lesen Sie den aktuellen Wochenblatt-Artikel sowie die Stellungnahme der Abundant BGH, Black devilz, Die Eisernen, Die Fanaten, Grupo Somosso, Salzachsturm, Schmahle 33 sowie der Ultra Black Side. Dabei stellen sich die Fans durchaus auch kritisch der Frage, was zu den Vorfällen geführt hat.

Das Schock-Video

Hier der Wochenblatt-Artikel:

Nicht nur die Niederlage schmerzte. Einige der mitgereisten Fans mussten eine leidvolle Erfahrung ganz anderer Art in Kauf nehmen. Mehr als ein Dutzend Fans sollen laut Wochenblatt-Informationen Verletzungen davongetragen haben. In sozialen Netzwerken werden gegen die Chemnitzer Security und Polizei schwere Vorwürfe in Sachen Körperverletzung erhoben. Sogar auf Jugendliche und Frauen soll eingeschlagen worden sein. Die Verletzungen sind zum Teil schwererer Natur: von einer gebrochener Nase bis hin zu ausgeschlagenen Zähnen ist die Rede.

„Fünf Personen haben bis jetzt (Montag, 14 Uhr) Anzeige wegen Körperverletzung gegen die Polizei bei uns erstattet”, so Herr Fischer, Pressesprecher der Polizeidirektion Chemnitz, auf Nachfrage des Altöttinger Wochenblattes. In den nächsten Tagen werden die Vorwürfe geprüft, so Fischer, der natürlich wegen des schwebenden Verfahrens keine detaillierteren Angaben machen konnte.

Seinen Aussagen zu Folge soll vor dem Spiel eine Fahne der SVW-Fans durch die Ordner abgelehnt worden sein. Vier Personen seien vorläufig in Gewahrsam genommen worden. Nach der Partie sei es erneut zu Auseinandersetzungen gekommen, in deren Verlauf auch zwei Polizeibeamte leicht verletzt worden seien. Sechs Personen wurden von der Bereitschaftspolizei in Gewahrsam genommen.

Immerhin: Der Pressesprecher der PD Chemnitz verspricht eine lückenlose Aufklärung der Vorfälle am Samstagnachmittag. Auch sei das Spiel gegen Burghausen nicht vorher als Risikospiel eingestuft worden.

Die Stellungnahme der Wacker-Fans:

Beim Auswärtsspiel des SV Wacker Burghausen in Chemnitz am Samstag, den 3. Dezember 2011, ist die Fanszene Burghausen mit einem gewaltsamen und unverhältnismäßigen Ordner- und Polizeieinsatz konfrontiert worden. Um einer einseitigen Berichterstattung entgegenzuwirken, wollen wir die Geschehnisse aus unserem Blickwinkel schildern und dabei auch berechtigte Fragen zur Vorgehensweise der Sicherheitsorgane stellen. Mit zwei von der Fanbetreuung organisierten Fanbussen machten sich knapp achtzig Anhänger des SVW auf den Weg nach Chemnitz, um ihre Mannschaft dort zu unterstützen.

Dabei verlief die Anreise und Ankunft am Gästeblock gewohnt ruhig. Auch bei der Kontrolle der mitgebrachten Fahnen am Stadioneingang durch Angestellte der örtlichen Sicherheitsfirma gab es zunächst keinerlei Probleme. So wurde bereits im Vorfeld des Spiels über den Fanbeauftragten kommuniziert, dass sämtliche Tifo-Materialien im Gästeblock erlaubt sind. Bei einer kleinen Fahne mit der Aufschrift "Polizeigewalt stoppen" (eine Forderung, die an diesem Tag noch eindringlich unterstrichen werden sollte) verweigerte der zuständige Ordnungsdienstmitarbeiter allerdings die Mitnahme in den Gästeblock, da diese laut ihm "hier nicht erwünscht ist". Nach längerer ergebnisloser Diskussion - auf unser Angebot, die Fahne nicht im Gästeblock anzubringen wurde nicht eingegangen - wollte der Besitzer der Fahne diese zurück in den vor dem Gästeblock parkenden Bus bringen. Die Herausgabe wurde allerdings von besagtem Mitarbeiter des Ordnungsdienstes aus nicht nachvollziehbaren Gründen verweigert. Ein nebenstehender Gästefan aus Burghausen wollte daraufhin die Fahne an sich nehmen, um diese während des Spiels im Bus zu lagern.

Dieser Fan wurde dann durch den Ordnungsdienstmitarbeiter auf die Seite geschoben. Nach einer kurzen Schubserei zwischen den am Eingang versammelten Ordnungsdienstmitarbeitern und den dort wartenden Gästefans wurden letztere von den Ordnern mit Faustschlägen attackiert. Die daraus resultierende Auseinandersetzung dauerte rund fünf Minuten an und endete mit der Ingewahrsamnahme von vier Burghauser Anhängern durch die inzwischen herbeigeeilten Einsatzkräfte der Polizei. An dieser Stelle ist festzuhalten, dass das Auftreten der dabei involvierten Gästefans aus Burghausen sicherlich nicht zur Deeskalation beitrug, deren Reaktion allerdings erst durch das aggressive und keinesfalls verhältnismäßige Vorgehen der Ordnungsdienstmitarbeiter hervorgerufen wurde.

Da die besagte Fahne von diesen anschließend doch ausgehändigt wurde, stellt sich die Frage, warum es überhaupt erst zu einer Eskalation kommen musste. Während des Spiels kam es im Folgenden zu keinen weiteren Vorkommnissen. Erst kurz vor Spielende war dann ersichtlich, dass am Ausgang des Gästeblocks eine größere Anzahl an Mitarbeitern des Ordnungsdienstes (davon mehrere bereits mit Mundschutz ausgerüstet) sowie eine Beweissicherungs- und Festnahmeeinheit (BFE) der Bereitschaftspolizei in voller Kampfausrüstung Stellung bezogen hatte. Auch Aussagen der Ordner untereinander wie "Na, freust du dich auf gleich?" bzw. "Viel Spaß gleich beim Rausgehen" zu anderen Gästefans zeigten klar, dass ein deeskalierendes Verhalten erneut nicht vorgesehen war. Da von unserer Seite keine erneute Eskalation in Kauf genommen werden wollte, wartete der aktive Teil unserer Fanszene (rund sechzig Personen) ab, bis alle restlichen Gästefans den Block verlassen hatten. Danach begab man sich ohne getätigte Provokationen und Aggressionen zum Ausgang. Hier wurden die vorangehenden Personen durch die trichterförmige Aufstellung der Ordner in eine von der BFE gebildete Gasse gedrückt, welche daraus unverzüglich zwei Personen zu einer Personalienfeststellung entfernte. Dies übrigens ausdrücklich gegen den Rat des vor Ort befindlichen szenekundigen Beamten aus Burghausen, welchem die betreffenden Personen und deren Daten ja bekannt sind.

Unmittelbar auf diese Aktion folgend wurde vom Ordnungsdienst der Ausgang geschlossen, die rund vierzig verbliebenen Personen (darunter auch Frauen und viele Jugendliche) im inneren Bereich des Stadions bekamen von den dort postierten BFE-Beamten den Befehl "Auf den Boden!" ins Gesicht geschrien. Wer dem innerhalb weniger Sekunden nicht nachkam, wurde zu Boden geworfen bzw. geschlagen. Hierbei beteiligten sich erneut die Mitarbeiter des Ordnungsdienstes in Form von Faustschlägen u.a. auf die Köpfe der Betroffenen. Mehrere eingeschlagene Zähne sowie erhebliche Gesichtsverletzungen waren die Folge dieser äußerst brutalen Vorgehensweise. "Jetzt geht es ihnen wie den Juden!" war hierbei eine der Aussagen von Ordnern zu Polizeibeamten. Während dieser - mit nichts zu begründenden Maßnahme - eskalierte die Situation auch vor den geparkten Bussen am Gästeparkplatz. Mehrere Gästeanhänger, welche lautstark gegen die brutale und absolut unverhältnismäßige Vorgehensweise der Einsatzkräfte und Ordner protestieren, wurden von Ordnungsdienstmitarbeitern körperlich angegriffen. Ebenso der Fanbeauftragte unseres Vereins, welcher bei seiner Intervention von einem Ordner zu Boden geschlagen und verletzt wurde. Mehrfach prügelten mehrere Ordner mit Fäusten und Füßen auf einzelne, am Boden liegende Personen ein.

Dies wird auch durch vorliegendes Bild- und Videomaterial unzweifelhaft dokumentiert. Ebenfalls richtig abstoßend war, dass während dieser Tumulte auf Frauen wie auch auf die jüngeren Mitglieder in den Reihen unserer Fanszene keine Rücksicht genommen wurde und es auch dort Verletzte (insgesamt 16 Personen!) zu beklagen gab. Es wurde auch versucht, die Dokumentation dieser Straftaten zu verhindern. So wurde u.a. eine junge Frau, welche die Szenen mit ihrem Handy filmte von Ordnern zu Boden geschlagen und musste - wie mehrere andere Betroffene auch - notärztlich behandelt werden. Das Handy mitsamt Aufzeichnungen war natürlich nicht mehr aufzufinden... Diese Übergriffe auf Mitglieder unserer Fanszene blieben fast zwangsläufig nicht ohne Reaktion, so dass es in der Folge zu länger andauernden Auseinandersetzungen am Stadionvorplatz kam, welche erst durch das massive Eingreifen der Polizei ein Ende fand. Auch drei Tage später blicken wir noch fassungslos auf die Geschehnisse von Samstag zurück. Auch stellen sich einem viele Fragen.

Was können wir uns als Fans vorwerfen? Dass wir bei der Eingangskontrolle nicht deeskalierend eingewirkt haben und man sich stellenweise durch die Provokationen, die Handgreiflichkeiten und der rüden Vorgehensweise der Ordner zu einer körperlichen Reaktion anstiften lies? Warum diese das geschilderte, absolut inakzeptable Verhalten an den Tag legten und dort der Wille zur Deeskalation zu keinem Zeitpunkt auch nur ansatzweise vorhanden war? Warum die Einsatzleitung mit ihrer Vorgehensweise und dem geschilderten absolut unverhältnismäßigen Einsatz der BFE die Situation noch weiter verschärfte? Fragen, die es in der nächsten Zeit zu beantworten gilt! Fakt ist, dass unsere Fanszene der vergangene Samstag noch lange beschäftigen wird, auch die Folgen für uns alle noch nicht absehbar sind. Um diese am besten bewältigen und die eigene Vorgehensweise planen zu können, sind wir auch auf eure Hilfe angewiesen.

Schickt uns bitte eure Fotos, Videos oder auch persönlichen Schilderungen der Vorfälle per Email (wackerauswaerts@gmx.de), wendet euch an unseren Fanbeauftragten Robert Hack (0160/95206955) oder noch besser, ihr schaut hierfür persönlich am Infostand beim nächsten Heimspiel vorbei. Auch die Möglichkeit einer Strafanzeige sollte von jedem Betroffenen geprüft werden. Allen Verletzten an dieser Stelle nochmals gute Besserung, ihr könnt auf uns zählen!

Altötting