Vergewaltigungsprozess
Mutmaßlicher Vergewaltiger verstrickt sich in Widersprüche

10.07.2017 | Stand 29.07.2023, 3:12 Uhr
−Foto: Foto: Mike Schmitzer

Der Asylbewerber aus dem Senegal behauptet, die 19-Jährige nicht zum Sex gezwungen zu haben. Doch es passt alles nicht zusammen

MÜHLDORF_25TRAUNSTEIN Klein aber muskulös, bekleidet mit blauer Anstaltskleidung und einem weißen Unterhemd. So trat der 25-jährige Senegalese Assane N. am Dienstag vor das Traunsteiner Schöffengericht. Andächtig, als säße er in einer Kirchenbank, lauschte er seiner Dolmetscherin, die ihm die Verlesung der Anklage ins Französische übersetzte. Als Zeichen, das Gehörte verstanden zu haben, nickte der Afrikaner immer wieder leicht mit dem Kopf. Keine Gefühlsregung, als die Staatsanwältin die Details der mutmaßlichen Vergewaltigung vortrug ...

Dem 25-Jährigen, der Asyl in Deutschland sucht und zuletzt in einer Gemeinschaftsunterkunft in Mühldorf lebte, wird vorgeworfen, eine 19-jährige Mühldorferin in einer Nacht im September 2015 vier Mal vergewaltigt zu haben (wir berichteten). Er selbst bestreitet die Tat. Bei seinen ersten Vernehmungen wollte er überhaupt nichts von einer Begegnung mit der 19-Jährigen wissen, später sagte er aus, dass es sich um keine Vergewaltigung sondern einvernehmlichen Sex zwischen ihm und der jungen Mühldorferin gehandelt habe.

Diese Version erzählte Assane N. auch im Gerichtssaal.

Dabei hatte ihm der vorsitzende Richter gleich zu Prozessbeginn eindringlich ans Herz gelegt, geständig zu sein und so dem Opfer eine Aussage vor Gericht zu ersparen. Die Möglichkeit einer Verurteilung sei nach Faktenlage, unter anderem in Bezug auf gesicherte DNA-Proben, wesentlich größer als die eines Freispruchs. Ein Geständnis könne minus eineinhalb bis zwei Jahre bringen, gab der Richter zu bedenken.

Er stieß bei dem Angeklagten auf taube Ohren. Da half es auch nicht, dass Verteidiger Erhard Frank in einer Verhandlungspause versuchte, seinen Mandanten davon zu überzeugen, die Karten auf den Tisch zu legen.

Assane N. berichtete, die 19-Jährige nach deren Discobesuch verfolgt zu haben, weil sie ihm gefiel. Er habe sie angesprochen und ihr das Handy abgenommen, damit sie sich mit ihm unterhalte. Dann seien beide in die Büsche gegangen und hätten zwei Mal einvernehmlichen Sex gehabt.

"Ich wollte ihr keine Angst einjagen", so der mutmaßliche Vergewaltiger.

Bei seinen Aussagen verwickelte sich der Afrikaner aber immer wieder in Widersprüche.

"Sie wollten ihr zeigen, dass von Ihnen keine Gewalt ausgeht, nehmen ihr aber mit Gewalt das Handy weg?", stellte der Richter zweifelnd fest.

Eine weitere Aussage des Angeklagten, die der Richter hinterfragte, lautete: "Ich sagte zu ihr, wenn sie noch einmal Sex mit mir haben würde, könne sie gehen".

"Wenn sie nein gesagt hätte, hätte sie dann auch sofort gehen dürfen?", wollte der Richter wissen und fügte hinzu: "Sie lügen doch!"

Klar und logisch nachvollziehbar waren hingegen die Aussagen des Opfers. Die 19-Jährige berichtete gefasst, wie sie von Assane N. gewaltsam an den abgelegenen Tatort gezerrt und vier Mal vergewaltigt worden sei. Als sich dann Stimmen näherten, habe sie nur halb bekleidet die Flucht vor ihrem Vergewaltiger ergriffen.

Auf Nachfrage der Staatsanwältin erklärte die 19-jährige Mühldorferin, sie hätte Schmerzen bei den sexuellen Handlungen empfunden und keine Möglichkeit gesehen, vorher zu entkommen, bis zu diesem bewussten Moment. Sie habe sich gegen ihren Peiniger gewehrt, aber es sei zwecklos gewesen.

Zwischen dem Opfer und dem Angeklagten hatten Polizisten einen Parawan aufgebaut, damit die 19-Jährige den mutmaßlichen Vergewaltiger bei ihren Aussagen nicht ansehen musste.

Auf Nachfrage wie es ihr nach dem Vorfall gehe erklärte die junge Frau: "Heute geht es mir nicht so gut, weil alles wieder hochkommt. Aber ich habe starken Rückhalt in meiner Familie und bei meinen Freunden. Ich bin kein Psychologe, ich war auch bei keinem. Manchmal geht es mir besser und manchmal schlechter."

Der Prozess wird am Donnerstag mit weiteren Zeugenbefragungen fortgesetzt. Möglicherweise wird noch am Donnerstag ein Urteil gesprochen. Insider rechnen mit sechs Jahren Haft. Wir berichten aktuell!

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