Durch den Abbau bürokratischer Hürden könnten künftig mehr Menschen kleine Mengen Strom mit Mini-Photovoltaikanlagen selbst produzieren und nutzen. Noch dazu dürfen die sogenannten Balkonkraftwerke mehr leisten. Wir beantworten Ihnen die wichtigsten Fragen dazu.
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Was für ein Balkonkraftwerk darf ich künftig installieren?
Bislang mussten Hersteller von Balkonkraftwerken die Leistung ihrer Anlagen auf 600 Watt drosseln, weil Fachleute davon ausgingen, dass das Stromnetz bei größeren Mengen eingespeisten Stroms überlastet werden könnte. So schreibt es die Stiftung Warentest im jüngsten „test“-Heft (5/2024).
In Zukunft dürfen die Anlagen allerdings bis zu 800 Watt leisten. Das bedeutet, dass der Wechselrichter, der den durch Sonnenenergie erzeugten Gleichstrom in netzüblichen Wechselstrom umwandelt, bis zu 800 Watt in die Steckdose einspeisen darf. Die Solarmodule selbst dürfen eine Peakleistung von bis zu 2 Kilowatt haben. So kann zum Beispiel bei nicht optimalen Bedingungen durch Verschattung oder Ausrichtung der Solarmodule häufiger die maximale Leistung eingespeist werden. Auch bei vielen bereits vorhandenen Steckersolargeräten ist es laut der Zeitschrift möglich, von den Änderungen zu profitieren. Betreiber müssten dafür jedoch ihren Wechselrichter auf die höhere Leistung von 800 Watt umstellen lassen.
Außerdem sollen die kleinen Solarpaneele ab jetzt mit einem herkömmlichen Schuko-Stecker mit dem Stromnetz verbunden werden können. Das könnte die Installation nach Ansicht der Bundesregierung erheblich erleichtern, weil dafür eine normale Steckdose ausreicht, die auf vielen Balkons oder Terrassen ohnehin vorhanden ist. Zuvor brauchte es häufig noch eine separate Energiesteckdose, die sich Verbraucherinnen und Verbraucher zunächst einrichten lassen mussten.
Wie viele Balkonkraftwerke gibt es in Deutschland?
Allein im zweiten Quartal gingen laut dem Marktstammdatenregister der Bundesnetzagentur so viele der kleinen Solaranlagen in Betrieb wie nie zuvor. Stand Mittwoch, 3. Juli, zeigte es mehr als 152.000 Balkonkraftwerke, die von April bis Juni in Betrieb gingen. Das ist ein gewaltiges Plus von 52 Prozent zum bisherigen Rekordhalter, dem zweiten Quartal 2023.
Insgesamt verzeichnet das Marktstammdatenregister derzeit gut 563.000 Anlagen im Betrieb. Die wirklichen Zahlen dürften sogar noch höher sein, da es eine mehrwöchige Nachmeldefrist gibt und manche Anlagen schlicht nicht angemeldet werden.
Wann lohnt sich ein Balkonkraftwerk finanziell?
Die Verbraucherzentrale NRW hat das einmal an einem fiktiven Dreipersonenhaushalt durchgerechnet: Wird ein Steckersolargerät mit einer Leistung von 800 Watt verschattungsfrei und senkrecht an einem Südbalkon montiert, kann es rund 560 Kilowattstunden Strom pro Jahr erzeugen. Davon nutzen können Verbraucherinnen und Verbraucher den Fachleuten zufolge aber nur rund 350 Kilowattstunden. Der Rest wird unentgeltlich ins Netz eingespeist.
Geht man jetzt von einem Strompreis von 35 Cent je Kilowattstunde aus, läge die Ersparnis durch den selbst produzierten Strom bei 122,50 Euro pro Jahr. Bei einem Gerätepreis von 500 bis 700 Euro hätte sich das Kraftwerk so innerhalb von rund vier bis sechs Jahren amortisiert.
Benötige ich vor der Installation einen neuen Stromzähler?
Nein. Die Installation neuer Steckersolargeräte soll nicht mehr daran scheitern, dass zunächst ein digitaler Stromzähler eingebaut werden muss. Übergangsweise dürfen die Anlagen auch mit dem Netz verbunden werden, wenn noch ein alter, sogenannter Ferraris-Zähler, verbaut ist. Wird Strom ins Netz eingespeist, läuft dieser Zähler rückwärts. Verbraucherinnen und Verbraucher zahlen damit also weniger Geld für Strom.
Allerdings müssen Messstellenbetreiber die Zähler vier Monate nach Aufforderung durch die Bundesnetzagentur austauschen, heißt es im „test“-Heft. Hängt der neue digitale Stromzähler, wird von Betreibern nicht genutzter Solarstrom unentgeltlich ins Netz eingespeist.
Muss ich meinen Vermieter oder den Eigentümerverband vor der Installation noch um Erlaubnis fragen?
Ja, diese Pflicht entfällt durch die Verabschiedung des Solarpakets nicht. Was sich aber ändert: Die Installation eines Steckersolargeräts soll künftig als sogenannte privilegierte Maßnahme gelten. Damit haben Mieter wie Eigentümer grundsätzlich ein Recht auf die Installation und den Betrieb eines Balkonkraftwerks. Wollen sie ein solches Gerät anbringen, können Vermieter oder die Eigentümergemeinschaft den Wunsch nur noch in Ausnahmefällen ablehnen.
Der Bundestag hat der Gesetzesänderung bereits zugestimmt. Ehe das Gesetz allerdings in Kraft tritt, muss es noch vom Bundesrat abgesegnet und im Bundesgesetzblatt verkündet werden. Laut einem Sprecher des Bundesjustizministeriums ist mit dem Inkrafttreten des Gesetzes daher nicht vor Mitte Oktober zu rechnen.
Wo muss ich das Balkonkraftwerk anmelden?
Bislang mussten Nutzerinnen und Nutzer von Balkonkraftwerken ihre Anlage beim Netzbetreiber anmelden. Schon seit dem 1. April 2024 ist das nicht mehr der Fall.
Inzwischen reicht eine deutlich vereinfachte Anmeldung im Marktstammdatenregister der Bundesnetzagentur aus. Die Behörde reicht die Anmeldung dann ihrerseits an den Netzbetreiber weiter.
Was muss ich als Mieter beachten?
Grundsätzlich haftet der Eigentümer bzw. der Betreiber der Anlage für Schäden, die aufgrund von Vorsatz oder Fahrlässigkeit entstanden sind. Wurde die Anlage nicht fachgerecht angebracht und es kommt zu einem Brand, wird zwar die Gebäudeversicherung den Brandschaden am Gebäude übernehmen, aber laut dem Chamer Fachanwalt für Mietrecht, Andreas Stangl, möglicherweise beim Betreiber, das heißt dem Mieter, Regress nehmen.
Auch für Schäden, etwa durch abfallende Teile, haftet der Eigentümer des Balkonkraftwerkes. Insofern ist es für den Mieter in jedem Fall ratsam, über eine Haftpflichtversicherung zu verfügen, die derartige Ansprüche abdeckt.Zudem sind die baurechtlichen Vorschriften einzuhalten. Probleme können hier Denkmalschutz, Bebauungspläne aber auch Ortsgestaltungssanktionen darstellen.
− che/dpa
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