Schlechte Prognosen
Trotz steigender Umsätze: Autobranche sieht düsteren Zeiten entgegen

29.05.2023 | Stand 16.09.2023, 21:16 Uhr

Neuwagen von BMW und Mercedes auf einem Parkplatz. Die beiden deutschen Autobauer sind bei der Ebit-Marge an Tesla vorbeigezogen. −Foto: dpa

Die weltweit größten Autobauer verzeichnen satte Umsatzsprünge. Trotzdem sieht die gesamte Branche düsteren Zeiten entgegen. Es wird unter anderem ein massiver Rückgang der Händlerzahlen bis 2030 erwartet. Die „Zeit der Traummargen“ ist vorbei, heißt es.



Die Zahl der deutschen Autohändler wird sich bis 2030 auf dann rund 3800 Unternehmen annähernd halbieren. Das berichtet die Zeitschrift „Automobilwoche“ unter Berufung auf das Institut für Automobilwirtschaft (IfA). Ein Grund dafür ist demnach der Trend zu Online- und Direktverkäufen.



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„Die Bestrebungen von Herstellern und Importeuren, Direkt- und Onlinevertriebsmodelle umzusetzen, werden zu einer weiteren Straffung der Händler- und Servicenetze führen - und damit die Konsolidierung weiter dynamisch vorantreiben“, zitierte das Blatt IfA-Direktor Stefan Reindl. Bereits in den vergangenen zwei Jahrzehnten sank die Zahl der selbstständigen Autohausunternehmen dem Bericht zufolge um rund zwei Drittel auf 6700 im Jahr 2022.

Wieder mehr Verbrenner als E-Autos und Hybriden

Nicht nur wie Autos verkauft werden, ändert sich. Auch welche Autos. Hier wird aktuell nämlich der Rückwärtsgang eingelegt. Die im laufenden Jahr bisher neu zugelassenen Autos stoßen nämlich wieder deutlich mehr CO2 aus als 2022. Als Pkw-Durchschnittswert für Januar bis April nennt das Kraftfahrtbundesamt 123,2 Gramm pro Kilometer. Im Jahresschnitt 2022 waren es dagegen nur 109,6 Gramm.

Die Hauptursache dafür findet sich ebenfalls in der KBA-Statistik: Der Anteil von reinen Elektroautos und Plug-in-Hybriden ist seit Jahresbeginn stark gesunken. Machten sie 2022 zusammen noch rund 30 Prozent der Neuzulassungen aus, waren es von Januar bis April nur noch etwa 20 Prozent. „Hier rächt sich, dass die Förderung zusammengestrichen worden ist“, sagt Branchenexperte Ferdinand Dudenhöffer. „Damit hat man insbesondere dem Plug-in-Hybrid die Luft genommen und er ist im Vergleich zum sehr starken Vorjahr eingebrochen.“

Weil reine Elektroautos vor Ort gar kein CO2 und Plug-in-Hybride zumindest nach den offiziellen Zahlen sehr viel weniger CO2 als reine Verbrenner ausstoßen, drücken sie den Gesamtdurchschnitt. Die Werte für reine Verbrenner waren 2022 bei Benzinern 150,5 Gramm pro Kilometer, bei Dieseln sogar 168 Gramm.

Deutsche Automarken bei CO2-Ausstoß gleichauf

Die KBA-Statistik zeigt dabei auch, welche Marken bei den Neuzulassungen von Januar bis April die im Schnitt höchsten CO2-Emissionen pro Kilometer aufweisen. Ganz vorne liegen bei Pkw dabei Lamborghini und Rolls Royce mit deutlich mehr als 300 Gramm - wenn auch mit sehr niedrigen Neuzulassungszahlen. Unter den größeren Marken mit mindestens 10.000 neu zugelassenen Pkw seit Jahresbeginn weist Porsche mit 208,2 Gramm den höchsten Wert auf.

Die drei großen deutschen Premiummarken liegen eng beisammen aber ebenfalls über dem Durchschnitt: Mercedes hat laut KBA einen Durchschnittswert von 136,4 Gramm, Audi 135,5 und BMW 133,7 Gramm. VW kommt auf 129,8 Gramm, Opel auf 114,5.

Das mag mit ein Grund sein, warum die weltweit größten Autobauer zuletzt laut einer Studie der Beratungsgesellschaft EY Abstriche bei der Profitabilität hinnehmen mussten. Im Vergleich zum Vorjahreszeitraum stiegen der Analyse zufolge zwar die Umsätze im ersten Quartal des Jahres um rund 19 Prozent, der Gewinn vor Zinsen und Steuern (Ebit) hinkte mit einem Wachstum von 6,1 Prozent jedoch hinterher. Der Absatz legte lediglich um vier Prozent zu.

BMW liegt hinter Mercedes

Die Profitabilität - gemessen an der Ebit-Marge, welche das operative Ergebnis ins Verhältnis zum Umsatz setzt - ging von neun Prozent auf acht Prozent zurück. Neuer Margen-Spitzenreiter unter den 16 analysierten Autoherstellern war das Stuttgarter Unternehmen Mercedes-Benz mit einer Ebit-Marge von 14,7 Prozent. Gefolgt von BMW (14,6 Prozent) und Kia (12,1 Prozent). Der frühere Spitzenreiter, der Elektroautobauer Tesla, landete mit 11,4 Prozent auf dem vierten Rang.

„Erstmals seit Anfang 2021 sehen wir deutliche Bremsspuren beim Gewinn, der längst nicht mehr so stark steigt wie der Umsatz“, sagte der Leiter der Mobilitätssparte Westeuropa bei EY, Constantin Gall, laut Mitteilung. Der Markt normalisiere sich. „Ein Neuwagen wird bald nicht mehr das knappe Gut sein, das er im letzten Jahr noch war“, sagte Gall. Für die Autohersteller werde es deshalb immer schwieriger, hohe Fahrzeugpreise am Markt durchzusetzen und auf Rabatte zu verzichten. „Die Zeit der Traummargen wird für einige Unternehmen bald vorbei sein.“

− dpa/afp