Normalerweise passt die Gesetzliche Krankenversicherung (GKV) ihre Zusatzbeiträge zum Jahreswechsel an. Doch höhere Gesundheitskosten zwangen 22 Krankenkassen heuer schon im laufenden Jahr zu Beitragsanpassungen – im Oktober folgten sechs weitere Kassen.
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Gut jede zweite Krankenkasse hat schon zum Jahreswechsel auf 2024 die Beiträge erhöht. Nur drei senkten laut Stiftung Warentest die Tarife – etwa die BKK Faber-Castell in Regen und die Audi BKK in Ingolstadt. Für nächstes Jahr erwartet der GKV-Spitzenverband angesichts von milliardenschweren Kosten weitere Erhöhungen. Zu rechnen sei 2025 mit einem zusätzlichen Finanzbedarf von 0,5 bis 0,6 Prozentpunkten.
Eigentlich sind mögliche Beitragsanpassungen auch nur zum jeweiligen Jahresbeginn vorgesehen. Doch eine Auswertung des Geld-Ratgebers Finanztip mit Sitz in München und Berlin zeigte kürzlich: Von Mai bis September 2024 haben 22 Krankenkassen mitten im Jahr den Beitrag erhöht. 7,6 Millionen Versicherte seien betroffen. Welche Kassen das sind, hatte die Mediengruppe Bayern kürzlich berichtet.
Weder zum Jahreswechsel noch im laufenden Jahr die Zusatzbeiträge erhöht haben übrigens die Krankenkassen mit den meisten Versicherten bundesweit, die in Bayern wählbar sind: AOK Bayern (1,58 Prozent), DAK (1,7 Prozent) und Techniker Krankenkasse (1,2 Prozent). Die Barmer erhöhte den Zusatzbeitrag zum Jahreswechsel von 1,5 auf 2,19 Prozent – aber nicht unter dem laufenden Jahr. Wie Andreas Windpassinger von der AOK Bayern Direktion Passau-Rottal-Inn mitteilte, sei auch keine Erhöhung bis zum Jahresende geplant. Die Höhe des Zusatzbeitrages ab 1. Januar 2025 setze der Verwaltungsrat auf seiner Sitzung am 19. Dezember 2024 fest. Auch bei anderen Krankenkassen entscheidet sich die Höhe des Zusatzbeitrags für 2025 erst zum Jahresende.
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Diese Versicherungen erhöhten nun im Oktober den Zusatzbeitrag
Im Oktober haben laut „Finanztest“ von Stiftung Warentest nun diese sechs weitere Kassen ihre Zusatzbeiträge angehoben:
- Bertelsmann BKK: 2,5 Prozent statt bisher 1,4 Prozent.
- BKK Scheufelen (nur für Versicherte aus Baden-Württemberg wählbar): 2,75 Prozent statt 1,4 Prozent.
- BKK24: 3,25 Prozent statt 1,79 Prozent.
- Heimat KK: 2,5 Prozent statt 1,3 Prozent.
- IKK gesund plus: 2,39 Prozent statt 1,1 Prozent.
- mhplus BKK: 2,56 Prozent statt 1,58 Prozent.
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Im Vergleich zum Vorjahr wurden damit 58 Krankenkassen teurer
Laut dem Krankenkassenvergleich der Stiftung Warentest haben 2024 damit nun bereits 58 Gesetzliche Krankenkassen ihre Beiträge erhöht, nur drei haben die Beiträge gesenkt. Elf Krankenkassen haben ihren Zusatzbeitrag im Vergleich zu 2023 bisher noch unverändert gelassen und – Stand 8. Oktober – auch noch keine Änderung angekündigt.
Insgesamt gibt es bundesweit noch 95 Gesetzliche Krankenkassen. Ein Teil davon – beispielsweise die BMW BKK – ist aber nur für Betriebsangehörige wählbar. Diese tauchen im Vergleich daher nicht auf. Sie spielen in der Gesamtzahl auch eine untergeordnete Rolle: Mehr als 97 Prozent der gesetzlich Versicherten sind laut Stiftung Warentest bei den regional oder bundesweit für alle Versicherten geöffneten Kassen Mitglied oder mitversichert.
Im Falle einer Beitragserhöhung haben Versicherte ein Sonderkündigungsrecht
Im Fall einer Beitragserhöhung haben die Versicherten ein Sonderkündigungsrecht. Gekündigt werden muss dann bis zum Ende des Monats, für den die Kasse erstmals den erhöhten Beitrag verlangt. Es reicht dann, sich an die neue Krankenkasse zu wenden, diese übernimmt die Kündigung. Nur der Arbeitgeber sollte zeitnah informiert werden.
Eine Kündigung durch den Versicherten ist dafür seit dem 1. Januar 2021 nicht mehr erforderlich. Die neue Kasse darf laut Finanztest auch niemanden ablehnen, auch nicht aufgrund von Alter oder Krankheit. Ohne Sonderkündigungsrecht ist ein Kassenwechsel nach zwölf Monaten möglich.
Wechsel der Gesetzlichen Krankenversicherung spart schnell mehrere Hundert Euro
„Weil viele Versicherungen dieses Jahr ihren Zusatzbeitrag angehoben haben, manche sogar zum zweiten Mal, können betroffene Versicherte aktuell besonders von einem Wechsel zu einer günstigen Krankenkasse profitieren“, rät Weber. Wie sehr sich ein solcher Wechsel lohnt, hängt vom Einkommen ab und davon, wie viel günstiger die neue Kasse ist.
Nach Finanztip-Berechnungen kann ein Angestellter mit einem Bruttogehalt von 3000 Euro im Monat und Steuerklasse I (keine Kinder, keine Kirchensteuer) mit einem Wechsel von der Krankenkasse KKH (3,28 % Zusatzbeitrag seit 01.08.2024) zu einer der günstigsten bundesweit geöffneten Krankenkassen (0,9 % Zusatzbeitrag) im Monat 25,70 Euro netto sparen. So viel bleiben von 35,70 Euro Beitragsersparnis nach Steuern übrig. Im Jahr macht das 308,40 Euro Ersparnis bei der Krankenversicherung.
Bei einem Bruttogehalt von 4.000 Euro steigt die Netto-Ersparnis auf 32,68 Euro monatlich oder 392,16 Euro jährlich. Und ein Angestellter mit 5.000 Euro Bruttogehalt spart durch diesen Wechsel 38,75 Euro pro Monat oder 465 Euro auf ein Jahr gerechnet.
Wie groß die individuelle Ersparnis beim Zusatzbeitrag ist, können Arbeitnehmer online mit einem Rechner von Finanztip prüfen. Der kostenfreie Verbraucherservice zeigt die Ersparnis bei einem Wechsel von der aktuellen Kasse zur günstigsten bundesweit tätigen Krankenkasse.
Welche Krankenkassen sind noch gut und günstig? Und wie kann ich wechseln?
„Derzeit empfehlen wir die HKK, TK, Audi BKK, HEK, Energie-BKK und Big direkt gesund“, teilt eine Sprecherin von Finanztip auf Nachfrage der Mediengruppe Bayern mit. Diese Kassen hätten in einer Preis-Leistungs-Bewertung am besten abgeschnitten, in die 33 Merkmale aus acht Bereichen eingeflossen sind: Service, Zähne, Vorsorge, Familie, alternative Heilmethoden, Bonus, Beitrag und Transparenz. Keine von ihnen hat zudem den Zusatzbeitrag im Sommer erhöht.
Wichtig dabei: Rund 95 Prozent der medizinischen Leistungen sind zwar bei allen Krankenkassen gleich, sie sind gesetzlich geregelt. Doch bestimmte Zusatzleistungen oder Bonusprogramme können sich unterm Strich für den Versicherten mehr auszahlen, als ein niedrigerer Beitrag.
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