Welthandel
China erlebt unerwarteten Handelsboom

07.09.2021 | Stand 08.09.2021, 19:18 Uhr

Chinas Außenhandel entwickelt sich besser als von Experten erwartet.- Foto: Uncredited/CHINATOPIX/dpa

Der schlimmste Corona-Ausbruch in China seit einem Jahr hatte Experten pessimistisch gestimmt. Aber Chinas Handelszahlen schlagen alle Erwartungen. Nur deutsche Exporteure haben nicht so viel davon.

Ungeachtet des jüngsten Ausbruchs des Coronavirus in China hat sich der Außenhandel der zweitgrößten Volkswirtschaft deutlich besser entwickelt als erwartet. Die Exporte legten im August in US-Dollar berechnet um 25,6 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum zu, wie der Zoll am Dienstag berichtete.

Die Importe wuchsen sogar um 33,1 Prozent. Experten hatten eher mit einer Abschwächung des Wachstums gerechnet. Insgesamt gab es ein Plus von 28,8 Prozent. Der Handelsüberschuss betrug 58,3 Milliarden US-Dollar.

Deutsche Exporteure konnten von dem Aufschwung in Chinas Außenhandel aber nicht so viel profitieren. Die deutschen Ausfuhren nach China stiegen nur um 5,6 Prozent. Aus China wurde im Gegenzug um 29,2 Prozent mehr importiert. Insgesamt wuchs das Handelsvolumen um 16,4 Prozent. Chinas Handel mit der Europäischen Union insgesamt legte um 22,8 Prozent zu. Seine Exporte in die EU kletterten um 29,4 Prozent, während die Importe nur um 12,4 Prozent stiegen.

«Die neuen Außenhandelszahlen weisen auf eine nachhaltige Wirtschaftserholung in China hin», sagte Jens Hildebrandt von der Deutschen Handelskammer in China (AHK) der Deutschen Presse-Agentur. Selbst die Wiederbelebung der Produktion in den USA und Europa könne das Wachstum der chinesischen Exporte nicht bremsen. «Deutsche Unternehmen werden weiter von der starken Binnennachfrage in China profitieren können, aber gleichzeitig vermehrt auf chinesische Wettbewerber in anderen Märkten treffen.»

Der überraschende Anstieg der chinesischen Exporte wurde mit einer verstärkten globalen Nachfrage und auch damit erklärt, dass für Weihnachten geplante Aufträge wegen der unsicheren Pandemie-Lage vorgezogen wurden. Auch könnte China von der verschärften Corona-Krise in anderen südostasiatischen Ländern profitiert haben.

«Die Stärke spiegelt wahrscheinlich sowohl robuste externe Nachfrage als auch umgeleitete Aufträge von konkurrierenden Exporteuren wider, die durch Covid behindert werden», sagte Bloomberg-Chefökonom Eric Zhu. «Nach vorne geblickt könnte sich das Exportwachstum im vierten Quartal aber abkühlen, wenn sich schwächere neue Exportaufträge auf die Lieferungen niederschlagen und der Vergleichszeitraum des Vorjahres weniger günstig wird.»

Die starken Handelsdaten sorgten für Optimismus. Offensichtlich haben sich auch höhere Transportkosten und Verzögerungen in Häfen, die globale Lieferketten gestört hatten, nicht so stark wie erwartet ausgewirkt. Auch mit Hinweis auf höhere Rohstoffpreise und Lieferengpässe in China hatten Experten eigentlich ein niedrigeres Exportwachstum für den Rest des Jahres vorhergesagt.

Die Importe aus den USA, das sich mit China weiter einen Handelskrieg mit Strafzöllen liefert, stiegen stark um 33,3 Prozent. Chinas Ausfuhren in die USA legten nur um 15,5 Prozent zu. Der Handel zwischen den beiden größten Volkswirtschaften der Welt stieg um 18,9 Prozent.

Durch den größten Ausbruch des Coronavirus seit einem Jahr mit der gefährlichen Delta-Variante hatte China zuletzt etwas an Dampf verloren. Die Behörden haben die Ausbreitung aber innerhalb von rund vier Wochen bis August in den Griff bekommen können. Auch konnte die Schließung eines Terminals des wichtigen Containerhafens von Ningbo wegen Infektionsfällen nach zwei Wochen aufgehoben werden. Die Unterbrechung hatte auch zur Überlastung anderer Häfen geführt.

China, wo das Coronavirus im Dezember 2019 weltweit erstmals entdeckt worden war, verfolgt eine Null-Covid-Strategie. Mit Massentests, Kontaktverfolgung, Zwangsquarantäne, Ausgangssperren und auch einer Abschottung zum Ausland hat das bevölkerungsreichste Land das Virus seit Sommer vergangenen Jahres recht erfolgreich unter Kontrolle gebracht. Wer überhaupt noch einreisen darf, muss nach der Ankunft drei Wochen in eine Quarantäneeinrichtung.

Auch wenn die Erwartungen zuletzt etwas zurückgeschraubt worden waren, rechnen Experten in diesem Jahr mit einem Wirtschaftswachstum in China von mehr als acht Prozent. Im ersten Quartal wuchs die Wirtschaft kräftig um 12,7 Prozent - vor allem wegen der niedrigen Vergleichsbasis im Vorjahr kurz nach dem Ausbruch des Virus. Die Regierung hat für dieses Jahr ein Wachstumsziel von «mehr als sechs Prozent» vorgegeben. Im vergangenen Jahr erlebte China wegen der Pandemie nur ein Wachstum von 2,3 Prozent.