Segel-Klassiker
«Team der fünf Millionen»: Neuseeland holt den America’s Cup

17.03.2021 | Stand 18.03.2021, 10:11 Uhr

Andrew Cornaga/Photosport/AP/dpa

Kleine Nation unter Segeln ganz groß: Neuseeland hält den America's Cup fest. Die Gastgeber setzen sich gegen Herausforderer Italien durch und bleiben das Maß der Dinge im wichtigsten Wettbewerb des Segelsports.

Im Hafen von Auckland drängelten sich Tausende Boote mit Zuschauern. Auch an Land gab es angesichts der Hunderttausenden von Menschen kaum noch Platz, als sich Neuseelands Segel-Helden nach Vollendung ihres vierten America's Cup-Coup den Weg zur Siegerehrung bahnten.

Mit Hupkonzerten, Champagner-Fontänen und wehenden Fahnen feierte die kleine Nation mitten in der Corona-Pandemie ausgelassen die erfolgreiche Verteidigung der ältesten Trophäe der internationalen Sportwelt durch das Team New Zealand gegen Herausforderer Italien. «Das bedeutet uns als Team die Welt», sagte der 30 Jahre alte Steuermann Peter Burling  nach dem entscheidenden Sieg im zehnten Rennen.

Im 36. Match der 170-jährigen Cup-Geschichte ließen die Kiwis den Italienern mit 7:3 kaum eine Chance. Die neuseeländische Crew auf der «Te Rehutai» holte am Mittwoch gleich im ersten Versuch den entscheidenden Punkt mit 46 Sekunden Vorsprung vor der «Luna Rossa». 

Die als vorbildlich geltende Corona-Bekämpfung Neuseelands ließ es zu, dass viele Zuschauer sich zum kollektiven Jubel versammeln konnten. Vor der spektakulären Kulisse bestätigten die Cup-Verteidiger auch am siebten und letzten Renntag ein altes Gesetz des America's Cups: Das schnellste Boot im Design-Wettbewerb der Teams gewinnt.

26 Jahre nach dem ersten Cup-Sieg ist es für Neuseeland der insgesamt vierte Triumph. Außer 1995 und in diesem Jahr waren die Segler auch 2000 und 2017 erfolgreich. Dreieinhalb Jahre haben die Kiwis seit dem letzten Erfolg vor Bermuda für das gelungene Heimspiel gearbeitet.

Die Einführung der neuen futuristischen Bootsklasse AC75 mit ihren Einrumpf-Flugmaschinen auf Tragflächen hat sich als Volltreffer erwiesen. Martin Fischer (58), in Celle geborener Physiker in Design-Diensten des Luna Rossa Prada Pirelli Teams, sagte: «Die Klasse ist ein großer Erfolg. Sie war eine gute Wahl und ist noch lange nicht ausgereizt, bleibt spannend.»

Der auch im sechsten Anlauf geschlagene italienische Rennstall von Mode-Milliardär Patrizio Bertelli will dem America's Cup trotz der erneuten Niederlage treu bleiben. «Es ist hart heute, aber es ist noch nicht vorbei», sagte Co-Steuermann Francesco Bruni (47). «Patrizio Bertelli macht weiter. Das hat er mir gesagt.»

Brunis Steuermann-Kollege Jimmy Spithill will ebenfalls weitermachen. «Ich habe die letzten vier Cup-Finals bestritten, zweimal gewonnen und zweimal verloren. Das würde ich in Zukunft gerne in die richtige Richtung kippen», meinte der 41-jährige Australier in Diensten der Italiener. Teamchef Max Sirena bedankte sich bei den Fans in der Heimat: «Millionen Italiener haben uns in den vergangenen Wochen angefeuert. Das bedeutet uns in Zeiten wie diesen viel.»

Für Neuseelands Teamchef Grant Dalton (63), dessen Crew im Cup-Drama von San Francisco 2013 nach 8:1-Führung Amerika noch 8:9 unterlag, sich für die Schmach aber 2017 vor Bermuda revanchieren konnte, ist es ein süßer zweiter Sieg. «Bermuda war ein Meilenstein. Aber das hier ist so viel größer, weil es zu Hause passiert ist», sagte er.

In Neuseeland wird Team New Zealand auch das «Team der fünf Millionen» genannt, weil die Bevölkerung geschlossen hinter dem seit fast drei Jahrzehnten erfolgreichsten Cup-Team steht. Die neuseeländische Regierung um Premierministerin Jacinda Ardern gratulierte zum Sieg und signalisierte sofort finanzielle Unterstützung für die nächste Verteidigung.

Die Zukunft des America’s Cup blieb am Triumph-Tag der Neuseeländer zunächst aber offen. Aufgrund des ungewöhnlichen Regatta-Charakters, in der das siegreiche Team nach der Stiftungsurkunde von 1857 die Rahmenbedingungen für die Folgeauflage diktiert, bleibt abzuwarten, wie Neuseeland die 37. Edition gestalten will.