Bundesliga
Herthas Abstiegskampf auch am Handy

21.03.2023 | Stand 21.03.2023, 15:11 Uhr

Florian Niederlechner - Herthas Florian Niederlechner wurde von Kevin-Prince Boateng in Schutz genommen. - Foto: Soeren Stache/dpa

Hertha BSC ist in Hoffenheim nur ein Aufbaugegner. Antreiber Boateng schimpft, dass die Berliner den Abstiegskampf immer noch nicht angenommen haben. Trainer Schwarz warnt vor «Zeitverschwendung».

Der Blick auf die Bundesliga-Tabelle bringt Hertha BSC neuerdings nicht nur Frust und Sorgen, sondern auch noch Spott und Häme in den sozialen Medien ein.

Bei der 1:3-Niederlage der Berliner bei der TSG 1899 Hoffenheim fingen die TV-Kameras den ausgewechselten Stürmer Florian Niederlechner in der 58. Minute ein, wie er auf der Bank auf sein Handy blickt. Kevin-Prince Boateng verteidigte seinen Mitspieler noch am Samstagabend im ZDF-Interview: «Er war am Telefon, um zu schauen, wie die Tabelle steht. Da möchte ich bitte, dass der junge Mann in Ruhe gelassen wird. Denn wenn Du im Abstiegskampf bist, dann guckst du mal, wie die Tabelle ist.»  

Trainer fordert mehr «Wut»

Am Sonntagmorgen folgte dann die klare Ansage von Trainer Sandro Schwarz. Den Berlinern ist nämlich klar, so kann es nicht weitergehen. «Wir müssen nicht grundsätzlich werden, aber ich habe schon ein paar Takte gesagt, was wir brauchen, was Ausstrahlung angeht, was Energie angeht», berichtete Schwarz von seiner Ansprache vor dem Training. Ein Auftritt wie in Sinsheim können sich die Berliner nicht mehr leisten. «Das muss Wut erzeugen, so wollen wir nicht auftreten, das ist Zeitverschwendung», moserte Schwarz. 

Die Ausgangslage ist für den Hauptstadtclub alles andere als gut, nachdem man zum Aufbaugegner für die bis dato 14 Mal in Serie sieglosen Kraichgauer wurde. Nach der zehnten Auswärtsniederlage in dieser Saison steht man wieder auf dem Relegationsplatz und kann sich noch glücklich schätzen, dass die Mitkonkurrenten VfB Stuttgart und FC Schalke 04 nicht gewannen. Schwarz, in der vergangenen Woche von einem Magen-Darm-Infekt geplagt, blickte bei der Pressekonferenz gequält in die Runde: «Es ist keine große Überraschung, dass wir in dieser Tabellenregion sind. Die Leistung heute war frustrierend.» 

Diese Tabelle schleppen die Herthaner nun mit durch die Länderspielpause bis zur nächsten Partie am 1. April beim SC Freiburg. Angreifer Niederlechner erklärte seine viel beachtete Aktion auf der Bank später auf Instagram: «Liebe Hertha-Fans, Absolut unglückliche Szene. Aber ich habe nur mit meinen Mitspielern die Ergebnisse der anderen Konkurrenten gecheckt!!! Mehr nicht!! Ich will einfach nur den Klassenerhalt!»   

Der steht wenige Tage nach der Präsentation des neuen Investors 777 Partners, der 100 Millionen Euro mitbringt, bei den Berlinern weiter auf der Kippe. Vor 25.027 Zuschauern kassierte die Hertha zwei Elfmetertore von Andrej Kramaric und einen Treffer von Ihlas Bebou und erweckte nie den Eindruck, dass sie an diesem Tag etwas holt. Dabei hätten schon die Einlaufkinder im Sinsheimer Stadion den Gästen eine Warnung sein müssen: Passend zur brenzligen Lage beider Abstiegskandidaten kamen die von der Jugendfeuerwehr Rhein-Neckar-Kreis und trugen rote Helme. 

Hertha-Coach spürt Rückendeckung vom Club

Wer bei Hertha den Hut auf hat? Schwarz macht sich um die Rückendeckung der Club-Führung keine Sorgen. «Komplett. Kurz und bündig, komplett, spüre ich die», sagte der 44-Jährige. Routinier Boateng, auf dem Platz nur noch als Kurzzeitarbeiter verwendbar, rutscht schon wieder in die Rolle des moralischen Einpeitschers. Wie in der vergangenen Saison, als sich der Verein unter Chefcoach Felix Magath in der Relegation gegen den Hamburger SV noch rettete, und Boateng, so die Legende, dem Trainer die entscheidenden Tipps gab. 

«Die ersten zehn Minuten waren okay, danach war es zu wenig. Wir müssen in die Köpfe kriegen, dass es Abstiegskampf ist. Das kann nicht sein. Es gibt auch keine Entschuldigung», wetterte der eingewechselte 36-Jährige nun nach dem Abpfiff bei Sky. Schwarz stimmte dem Anführer komplett zu. Boateng sagte in seiner typisch martialischen Art auch: «Wir müssen auf den Platz gehen, und wissen, dass wir killen müssen.» 

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