Korruptionsvorwürfe
Südafrikas Ex-Präsident Jacob Zuma tritt Haftstrafe an

08.07.2021 | Stand 08.07.2021, 15:07 Uhr

Shiraaz Mohamed/AP/dpa

Südafrikas Ex-Präsident Jacob Zuma versinkt seit Jahren im Strudel der Korruptionsskandale. Err testet gern die Grenzen des Justizsystems. Nun schreibt er Justizgeschichte - anders, als er sich das je erhoffte.

Drama bis zuletzt: In Südafrika ging in der Nacht zum Donnerstag ein gefährliches Kräftemessen mit der Justiz zu Ende, das am Kap die Glaubwürdigkeit des Rechtsstaats infrage gestellt hatte. Tagelang testete ein der Korruption angeklagter Ex-Präsident dessen Grenzen und hielt damit eine ganze Nation in Atem.

Erst kurz vor Ablauf einer mehrtägigen Frist gab Jacob Zuma nach. «Jacob Zuma hat eine 15-monatige Haftstrafe in der Escourt-Haftanstalt angetreten», gab Polizeisprecher Vishnu Naidoo bekannt.

Zuma wurde damit zum Präzedenzfall: Als erster Ex-Präsident in der Geschichte der jungen Kap-Republik muss er ins Gefängnis, wegen Missachtung einer gerichtlichen Vorladung. Zuvor hatte der 79-Jährige noch versucht, Justitia und ihre Institutionen in die Knie zu zwingen. Denn der ebenso umstrittene wie charismatische Politiker mobilisierte seine Anhänger und wetterte noch am Wochenende gegen eine Justiz, die schlimmer sei als zu Zeiten des rassistischen Apartheidregimes. Er stellte damit auch die Grundfesten der jungen Demokratie infrage, die stolz auf eine der fortschrittlichsten Verfassungen weltweit ist.

Feixend und lachend hielt er in seinem Landsitz Nkandla eine Pressekonferenz, die seine Anhänger als eine Art «Rede an die Nation» vermarkteten. Vor laufender Kamera präsentierte er sich dabei als Justizopfer und ließ sich durch Hunderte seiner Anhänger - darunter Mitglieder von Veteranenverbänden - feiern und beschützen. Sie ignorierten dabei die derzeit geltenden Lockdown-Regeln und marschierten vor Zumas Anwesen in der Provinz KwaZulu-Natal auf, um ihre Unterstützung für den Ex-Präsidenten kundzutun. Man sei bereit, für Zuma zu sterben, riefen einige der Demonstranten kampfbereit.

Als vermeintliche Milizionäre in Uniform beschimpften sie auch Journalisten und schreckten selbst vor Gewalt nicht zurück. «Zutiefst besorgt und auch empört durch den dreisten physischen und verbalen Missbrauch von Journalisten durch Anhänger von Ex-Präsident Jacob Zuma» äußerte sich der Verlegerverband Sanef, nachdem ein TV-Reporter vor laufender Kamera attackiert wurde.

Der zur größten südafrikanischen Volksgruppe der Zulu gehörende Zuma mit dem markanten kehligen Lachen gibt sich gerne tanzend und singend volkstümlich. Als politischer Überlebenskünstler hat der einst prominente Anti-Apartheid-Kämpfer aus den Rängen der heutigen Regierungspartei Afrikanischer Nationalkongress (ANC) schon oft seine Haut gerettet. Bei den Reformbestrebungen der Partei durch seinen Nachfolger Cyril Ramaphosa wurde er nun aber zunehmend zur Belastung. Eine Zwei-Klassen-Justiz, die vor Politgrößen des Landes Halt macht, hätte die Glaubwürdigkeit der Verfassung nachhaltig untergraben. Sie wäre für die Partei wenige Monate vor einer wichtigen Regionalwahl zur Belastung geworden; der ANC ging daher vorsichtig auf Distanz.

In der Stadt Pietermaritzburg steht Zuma gerade in einem separaten Korruptionsprozess vor Gericht, bei dem ihm die Staatsanwaltschaft die Annahme von Bestechungsgeldern in 700 Fällen vorhält. Das war noch vor seiner Amtszeit als Präsident. Betrug, Steuerhinterziehung und Geldwäsche - Zuma, dem bei einer Verurteilung bis zu 25 Jahre Haft drohen, streitet das alles ab und spricht von einem politischen Prozess gegen ihn. Jahrzehntelang entging er bei allen möglichen Gerichtsverfahren bisher Haft und Verurteilung - ob ihm Vergewaltigung, Betrug oder Korruption vorgeworfen wurde. Nun wurde ihm ein vergleichsweise geringes Vergehen zum Verhängnis.

Zuma muss sich gerade vor einer Untersuchungskommission wegen diverser Korruptionsvorwürfe während seiner Amtszeit (2009-2018) verantworten und war einer gerichtlichen Vorladung nicht gefolgt. Er hatte wiederholt betont, lieber ins Gefängnis zu gehen, als der Vorladung Folge zu leisten. Das oberste Gericht des Landes verurteilte ihn daher letztinstanzlich zu einer 15-monatigen Haftstrafe, will sich am 12. Juli aber noch einmal über Zumas Antrag auf Annullierung der Haftstrafe beugen. Nach Medienberichten hatte er über seine Anwälte dem Gericht mitteilen lassen, die Haftstrafe würde angesichts seines angeschlagenen Gesundheitszustands sein Leben in Gefahr bringen. Er habe daher einen Anspruch auf erneute Überprüfung. Laut seiner Stiftung sei er zudem ohne Verfahren verurteilt worden.