Nach dem Militärputsch
Myanmar: Inhaftierter dpa-Journalist frei - Neue Proteste

26.03.2021 | Stand 26.03.2021, 10:20 Uhr

--/facebook screenshot/dpa

Das Militär in Myanmar geht immer brutaler gegen die Bevölkerung vor. Es gibt aber auch eine gute Nachricht: Ein polnischer Reporter wurde aus der Haft entlassen und ist auf dem Heimweg.

Ein in Myanmar festgenommener polnischer Journalist, der in Myanmar für die Deutsche Presse-Agentur tätig ist, ist nach knapp zwei Wochen wieder frei.

Am Donnerstag startete Robert Bociaga vom Flughafen der größten Stadt Yangon (früher: Rangun) in Richtung Polen, wo er nach mehreren Zwischenstopps am Freitag landen soll. Der 30-Jährige war am 11. März in Taunggyi, der Hauptstadt des Shan-Staats im Zentrum des früheren Birma, von Soldaten inhaftiert worden.

Bociaga hatte zu dem Zeitpunkt aus der Region über die Proteste gegen die neue Junta nach dem Militärputsch von Anfang Februar berichtet. In Taunggyi gingen derweil Einsatzkräfte nach Berichten des Nachrichtenportals Myanmar Now am Donnerstag mit brutaler Gewalt gegen die Bevölkerung vor. In einem Tweet war von «schrecklichen Bildern» die Rede. Mindestens vier Menschen sollen getötet und mehrere weitere verletzt worden sein.

Zur Freilassung Bociagas sagte dpa-Chefredakteur Sven Gösmann: «Wir sind sehr erleichtert, dass Robert Bociaga bald in Freiheit bei seiner Familie ist». Gleichzeitig mahnte er, dass die Situation für Journalisten in Myanmar weiterhin wie für die gesamte Bevölkerung sehr gefährlich bleibe. «Wir appellieren an die Übergangsregierung, die Pressefreiheit und die Menschenrechte zu achten. Die Welt und auch dpa werden weiter genau hinsehen, was in Myanmar passiert», sagte Gösmann.

Der Fall sorgte auch international für viel Aufsehen. Unter anderem hatte Reporter ohne Grenzen die sofortige Freilassung Bociagas und aller weiteren in Myanmar festgenommenen Medienschaffenden gefordert. Die Deutsche Botschaft in Yangon, die in Myanmar die konsularischen Interessen der polnischen Bürger vertritt, hatte laut Mitteilung sofortigen Zugang und Informationen über den Grund seiner Inhaftierung gefordert.

Im früheren Birma gehen Militär und Polizei seit dem Umsturz von Anfang Februar mit zunehmender Härte nicht nur gegen Demonstranten, sondern auch gegen Politiker, Aktivisten und Journalisten vor. Nach Schätzungen der Gefangenenhilfsorganisation AAPP wurden bislang mehr als 2900 Menschen festgenommen. Mehr als 280 seien getötet worden, twitterte AAPP am Donnerstag. Ausländer galten bislang aber als relativ sicher. Am Mittwoch waren überraschend 600 Inhaftierte freigelassen worden, die meisten von ihnen Studenten.

Am Donnerstag gingen wieder landesweit Zehntausende auf die Straßen, um die Freilassung der in Gewahrsam genommenen Regierungschefin Aung San Suu Kyi und die Wiedereinsetzung ihrer ziviler Regierung zu fordern. Die Einsatzkräfte versuchten erneut, den Widerstand mit Tränengas, Gummigeschossen und scharfer Munition niederzuschlagen. Lokalen Medienberichten zufolge soll es in verschiedenen Teilen Myanmars mehrere Tote und viele Verletzte gegeben haben. «Wir haben große Hoffnungen für unser Land, weil die Menschen weiter für ihre Träume kämpfen, auch wenn diese Terroristen die Leute töten», sagte Lin Lin Thaw aus der Stadt Monywa der Deutschen Presse-Agentur.

Allein in Mandalay im Norden seien zwischen dem 21. und 23. März mehr als 20 Menschen ums Leben gekommen, schrieb Myanmar Now. Unter den Opfern ist auch ein siebenjähriges Mädchen, das auf dem Schoß seines Vaters saß, als es von einer Kugel getroffen wurde. Das Kind ist das bislang jüngste Opfer der Militärgewalt. Die Erschießung des Mädchens deute auf ein besorgniserregendes neues Maß an Missachtung des menschlichen Lebens hin, teilte die Hilfsorganisation «Care» mit. «Save the Children» schätzte, dass seit dem Putsch schon mehr als 20 Kinder getötet wurden, 17 weitere sollen in Haft sein.

Die USA und Großbritannien verhängten am Donnerstag weitere Sanktionen, die auf die wirtschaftlichen Ressourcen des neuen Führungsapparats abzielen. Betroffen seien zwei Holdings, an denen derzeitige oder frühere Militärangehörige alle Anteile hielten und durch die die Streitkräfte bedeutende Wirtschaftsbereiche kontrollierten, teilten die Regierungen in Washington und London mit.

Der Berichterstatter für Menschenrechte in Myanmar, Tom Andrews, rief die Europäische Union, die USA, China und die Südostasiatische Staatengemeinschaft (Asean) derweil zu mehr Einsatz auf. Sie sollten einen Dringlichkeitsgipfel einberufen und dazu auch die Abgeordneten der gestürzten Regierungspartei Nationale Liga für Demokratie (NLD) einladen. Die Parlamentarier haben eine Exilregierung gegründet.

«Die bisher verhängten begrenzten Sanktionen schneiden den Zugang der Junta zu Einkünften nicht ab, die helfen, ihre illegalen Aktivitäten zu finanzieren», teilte der amerikanische Menschenrechtsexperte mit, der an den US-Universitäten Yale und Harvard lehrt.