Corona-Pandemie
Mediziner schlägt impfkorrigierte Inzidenz als Kennwert vor

28.08.2021 | Stand 28.08.2021, 18:29 Uhr

Spritzen liegen auf einem Tisch während einer Impfkampagne mit dem Corona-Impfstoff von Biontech/Pfizer.- Foto: Isabel Infantes/EUROPA PRESS/dpa

Seit Längerem gibt es schon eine Diskussion in Deutschland, ob die Inzidenz als Kennwert für Corona-Maßnahmen ausreichend ist. Nun schlägt ein Mediziner eine abgeänderte Formel vor.

In der Diskussion um eine neue Formel für Corona-Auflagen hat sich der Leiter des Covid-19-Registers in Rheinland-Pfalz für eine impfkorrigierte Sieben-Tage-Inzidenz ausgesprochen.

«Die Beschreibung der Infektionslage durch die Parameter der Sieben-Tage-Inzidenz ist heute anders zu bewerten als vor einem Jahr, als keinerlei Anteile der Bevölkerung einen Impfschutz hatten», sagte Anselm Gitt vom Institut für Herzinfarktforschung Ludwigshafen der Deutschen Presse-Agentur.

Das Festhalten an der Inzidenz unterschätze die aktuelle gefährliche Infektionslage, warnte Gitt. «Diese Zahlen beziehen sich seit Beginn der Pandemie auf die gesamte Bevölkerung und lassen völlig außer Acht, dass sich mittlerweile die Hälfte hat impfen lassen.»

Korrigiere man dies, erhalte man ein realistisches, allerdings auch bedrohliches Bild. «Im Mittel wäre die Sieben-Tage-Inzidenz dann für die gesamte Bundesrepublik um mehr als den Faktor Zwei höher. Die impfkorrigierte Sieben-Tage-Inzidenz liegt derzeit in 11 der 16 Bundesländer weit über 100 und in Nordrhein-Westfalen sogar bei 277.»

Der Vorstand der Stiftung Institut für Herzinfarktforschung Ludwigshafen rief mit Nachdruck zu einer Diskussion darüber auf, ob für die Bewertung der Infektionslage und die daraus resultierenden politischen Entscheidungen diese impfkorrigierte Inzidenz eingesetzt werden sollte. «Diese könnte zusammen mit der Gesamtzahl der Patienten, die wegen einer Corona-Infektion auf Intensivstationen und auf Normalstationen behandelt werden müssen, zu einer deutlich besseren Beurteilung der Pandemie-Entwicklung beitragen», sagte Gitt.

«Die derzeitige Diskussion, die bisherige Sieben-Tage-Inzidenz der Neuinfektionen ganz zu verlassen und als Ersatz eine Sieben-Tage-Inzidenz der Hospitalisierungen zu erfassen, erscheint alleine nicht sinnvoll.» Der Anstieg der stationären Aufnahmen hinke dem Anstieg der Neuinfektionen hinterher. «Bei alleiniger Betrachtung der stationären Aufnahmen würde wichtige Zeit für infektionseindämmende Maßnahmen verloren gehen», betonte Gitt. Das Modell der impfkorrigierten Sieben-Tage-Inzidenz hatte er mit dem Mathematiker Alexander Neumer berechnet.