Geberkonferenz in Brüssel
Deutschland sagt bei Syrien-Konferenz größten Hilfsbetrag zu

31.03.2021 | Stand 31.03.2021, 11:04 Uhr

Anas Alkharboutli/dpa

Der Syrien-Konflikt sorgt noch immer für unvorstellbares Leid und Elend. Deutschland und andere Staaten sagen nun weitere Milliardenhilfen zu.

Deutschland und zahlreiche andere Staaten stellen weitere 5,3 Milliarden Euro bereit, um die katastrophalen Folgen des Syrien-Konflikts abzumildern.

Allein die Bundesrepublik versprach am Dienstag bei einer Online-Geberkonferenz 1,7 Milliarden Euro. Dies sei die größte zugesagte Summe seit vier Jahren, erklärte Bundesaußenminister Heiko Maas.

Zugleich machte der SPD-Politiker deutlich, dass eine deutsche Unterstützung beim Wiederaufbau der zerstörten Infrastruktur in Syrien bis auf Weiteres ausgeschlossen bleibt. «Ohne einen substanziellen politischen Prozess wird es keinen Wiederaufbau geben», sagte Maas.

Neben Deutschland sagten bei der Konferenz unter anderem auch die USA, Großbritannien und die EU-Kommission hohe Summen zu. So sollen aus dem EU-Haushalt 2022 weitere 560 Millionen Euro zur Verfügung gestellt werden - also noch einmal genauso viel wie im laufenden Jahr. Die USA kündigten neue Hilfen in Höhe von 596 Millionen Dollar (rund 508 Mio. Euro) an, Großbritannien einen Beitrag von 205 Millionen Pfund (rund 240 Mio. Euro). Deutschland war nach Zahlen der EU-Kommission vom Dienstagabend der mit Abstand größte Geber.

Zu der von der EU und den Vereinten Nationen veranstalteten Syrien-Geberkonferenz hatten sich Vertreter von mehr als 60 Staaten und Organisationen angemeldet. Die bei der Online-Veranstaltung gesammelten Gelder sind unter anderem für Nahrungsmittel, medizinische Hilfen und Schulbildung für Kinder vorgesehen. Sie sollen über Hilfsorganisationen direkt in das Bürgerkriegsland fließen oder Ländern in der Region zugute kommen, die viele Flüchtlinge aus Syrien aufgenommen haben. Allein die Türkei beherbergt nach eigenen Angaben rund 3,7 Millionen Menschen aus dem Nachbarstaat.

Der Konflikt in Syrien dauert mittlerweile seit dem Jahr 2011 an. Zwar ist die Gewalt zuletzt zurückgegangen, doch bei den Bemühungen um eine politische Lösung gibt es derzeit keine nennenswerten Fortschritte. Die Regierung von Präsident Baschar al-Assad beherrscht mittlerweile wieder den größten Teil des Landes, darunter die wichtigsten Städte. Daneben gibt es noch Gebiete unter Kontrolle verschiedener Rebellengruppen sowie der Kurdenmiliz YPG.

Nach UN-Angaben litten zuletzt 12,4 Millionen Menschen und damit fast 60 Prozent der Bevölkerung unter Hunger. Die Zahl der Menschen, die ohne Ernährungshilfe nicht überleben können, verdoppelte sich innerhalb eines Jahres. Der Assad-Regierung fehlt Geld, um den Wiederaufbau selbst zu bezahlen.

Präsident Baschar al-Assad und seine internationalen Unterstützer müssten endlich begreifen, dass sich auf Grundlage der aktuellen Situation keine Zukunft aufbauen lasse, sagte Maas am Dienstag. In den vergangenen zehn Jahren habe die Hälfte der syrischen Bevölkerung fliehen müssen. 90 Prozent der Menschen lebten mittlerweile in Armut und 2,4 Millionen Kinder könnten keine Schule besuchen.

Hilfsorganisationen halten aber auch die internationale Gemeinschaft für mitverantwortlich. So fordert Caritas-Präsident Peter Neher, gezielte Wiederaufbaumaßnahmen auch in Gebieten unter Kontrolle der Assad-Führung zuzulassen. Die humanitäre Lage in dem Bürgerkriegsland sei eine Katastrophe, sagte er anlässlich der Geberkonferenz der Deutschen Presse-Agentur. Gezielte Wiederaufbaumaßnahmen könnten das Leben der Menschen verbessern, «ohne dass man das als Freibrief für das Regime sehen kann».

Der Präsident der katholischen Hilfsorganisation wies darauf hin, dass es ihm vor allem um ganz elementare Dinge gehe. «Wir wollen den Menschen helfen, dass sie wieder ein Dach über dem Kopf haben», sagte er. «Wir wollen Kindergärten, Schulen und Gesundheitseinrichtungen wiederaufbauen.»

Der Syrien-Koordinator der Welthungerhilfe, Konstantin Witschel, rief dazu auf, Wege zu finden, dass die Menschen selbst für ihr Einkommen sorgen können. Heute seien viele zu 100 Prozent von humanitärer Hilfe abhängig. Das habe auch katastrophale psychologische Folgen. «Es muss darum gehen, ihnen eine Perspektive jenseits eines Lebens in einem Vertriebenenlager zu geben», sagte Witschel. Eine Generation von Kindern ohne Perspektive wachse heran. «Wir können nicht über Jahrzehnte riesige Flüchtlingscamps erhalten.»

Bei der Konferenz im vergangenen Jahr waren nach Zahlen der EU für 2020 insgesamt rund 4,4 Milliarden Euro und für die Zeit danach rund 2 Milliarden Euro an Spenden zugesagt worden. Nach jüngsten Zahlen wurden für 2020 am Ende sogar 6,8 Milliarden Euro zur Verfügung gestellt - und damit etwa 54 Prozent mehr als zunächst angekündigt.

Deutschland hatte bei der Konferenz im vergangenen Jahr für 2020 und die Zeit danach rund 1,6 Milliarden Euro für Syrien und die Nachbarländer in der Region versprochen. Allein für 2020 wurden am Ende dann aber sogar 1,75 Milliarden Euro zur Verfügung gestellt.

«Die Bundesregierung hat bei der Hilfe für Syrien und die vom Konflikt betroffenen Nachbarländern in den letzten Jahren stets mehr Unterstützung geleistet als zunächst bei der Brüsseler Syrien-Konferenz zugesagt», hieß es aus dem Auswärtigen Amt.

Nach Angaben von EU-Kommissar Janez Lenarcic sollen 3,6 Milliarden Euro des Gesamtspendenbetrags von 5,3 Milliarden Euro bereits 2021 fließen. Die restlichen 1,7 Milliarden Euro wurden demnach für 2022 und die Folgejahre zugesagt. Weitere 5,9 Milliarden Euro sollen in Form von Krediten zu Vorzugsbedingungen fließen.